Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich zuversichtlich zur europäischen Zukunft seines Landes geäußert. Es sei schon immer unmöglich gewesen, sich ein «gemeinsames Haus Europa» ohne die Ukraine vorzustellen, doch nun habe Kiew erreicht, dass auch auf politischer Ebene Europa-Angelegenheiten nicht mehr ohne die Ukraine gedacht würden, sagte er in seiner täglichen Videoansprache. Der Besuch von Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez am ersten Tag der spanischen EU-Ratspräsidentschaft sei diesbezüglich eine wichtige Geste gewesen, fügte er hinzu.
Er bedankte sich bei Madrid für die politische, wirtschaftliche und militärische Hilfe sowie die Aufnahme von Flüchtlingen. Er sei aber zuversichtlich, dass diese bald in die Heimat zurückkehren könnten, wenn es dort wieder sicher sei. Teil dieser Sicherheit sei der von Kiew angestrebte Nato-Beitritt der Ukraine. Er danke Spanien für seine Unterstützung der ukrainischen Nato-Ambitionen.
Der ukrainische Staatschef hielt seine Ansprache im Nordwesten des Landes am Atomkraftwerk Riwne. Dort habe er eine Lagebesprechung mit militärischen und politischen Entscheidungsträgern unter anderem zur Sicherheit von Atomkraftwerken gehabt, sagte Selenskyj. Kiew hat Moskau in den vergangenen Wochen mehrfach vorgeworfen, einen atomaren Zwischenfall im von Russen besetzten Kernkraftwerk Saporischschja zu provozieren. Russland weist diese Anschuldigungen zurück.
Selenskyj beklagt Verzögerungen bei Pilotentraining
Während des Besuchs von Sánchez beklagte Selenskyj Verzögerungen bei der Ausbildung ukrainischer Piloten an Kampfflugzeugen aus US-Produktion. «Ich denke, dass einige unserer Partner hier verschleppen», sagte er in Kiew. Immer noch gebe es keine festen Termine für den Beginn und keine Zeitpläne für das Pilotentraining. Im Mai hatten mehrere europäische Staaten die Bildung einer Kampfjet-Koalition für die Ukraine bekanntgegeben. Washington machte den Weg dafür frei, indem es grünes Licht für die Ausbildung ukrainischer Piloten an F-16-Kampfjets gab.
Kuleba: Minenfelder und Lufthoheit der Russen größte Probleme
Die russische Lufthoheit und Minenfelder stellen nach Ansicht des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba die größten Probleme für die ukrainischen Truppen bei ihrer Gegenoffensive dar. Unter Einsatz ihres Lebens müssten die ukrainischen Soldaten am Tag manchmal 200 oder 300 Meter durch ein Minenfeld robben, um das Gelände für die vorrückenden Truppen zu räumen, sagte Kuleba in Kiew in einem Interview von «Bild», «Welt» und «Politico». Die mit Beton, Stahl und anderen Materialien verstärkten Befestigungen der Russen seien schwer zu zerstören.
Darüber hinaus würden die Streitkräfte sehr darunter leiden, «dass uns Anti-Luft-, Anti-Hubschrauber- und Anti-Flugzeug-Waffen am Boden fehlen», sagte Kuleba weiter. Mit dem Einsatz von Kampfhubschraubern und Kampfflugzeugen sei es den Russen gelungen, «unsere Gegenoffensivkräfte zu treffen».
Spaniens Regierungschef Sánchez verspricht 55 Millionen Euro
Spaniens Regierungschef Sánchez sagte derweil bei seinem Besuch in Kiew der Ukraine 55 Millionen Euro an neuen Hilfsgeldern zu. «Spanien wird weitere 55 Millionen Euro bereitstellen, um die Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen in der Ukraine zu unterstützen», sagte er bei seiner Rede vor dem Parlament in Kiew. Zugleich versicherte der sozialistische Politiker, dass die Unterstützung der Europäer für die Ukraine bei ihrer Abwehr des russischen Angriffskriegs ungebrochen sei. Spanien hat am Samstag turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft übernommen.
Was am Sonntag wichtig wird
In der Ukraine gehen die Kämpfe an der Front weiter. Auf Kritik am langsamen Vorankommen der eigenen Offensive reagierte Kiew zuletzt verärgert. Allerdings ist auch der ukrainischen Führung klar, dass sie vor dem Hintergrund der westlichen Waffenhilfe Resultate vorzeigen muss. Es ist also in der nächsten Zeit mit einer weiteren Verschärfung der Gefechte zu rechnen.