Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
Die USA haben neue Sanktionen gegen Dutzende Unterstützer des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verhängt.
Die Sanktionen zielen unter anderem auf eine Schwächung des russischen Energie- und Rohstoffsektors ab, wie aus Mitteilungen des Finanz- und Außenministeriums in Washington hervorgeht. Zudem richteten sie sich gegen diejenigen, die sich an der Umgehung von Sanktionen beteiligen. Betroffen von den Strafmaßnahmen sind sowohl Personen als auch Unternehmen und Einrichtungen.
Neu auf die Sanktionsliste kommen etwa der Betreiber eines Flüssigerdgas-Projekts des großen russischen Erdgasunternehmens Novatek in der russischen Arktis und das Bergbauunternehmen Rustitan, das ein Projekt zur Erschließung des größten Titanerzvorkommens der Welt in Russland verantwortet. Auf der Liste steht auch der Name Alexander Sacharow: Er ist für den Bau der russischen Lancet-Drohnen verantwortlich, die zuletzt vermehrt in der Ukraine zum Einsatz gekommen sind.
Als Folge der Sanktionen werden mögliche Vermögenswerte der Betroffenen in den USA gesperrt. US-Bürgern und auch allen anderen, die sich in den Vereinigten Staaten aufhalten, sind Geschäfte mit den sanktionierten Firmen, Einrichtungen und Personen untersagt. Auch internationale Geschäfte werden durch die Sanktionen für Betroffene meist deutlich schwieriger.
Selenskyj begrüßt US-Sanktionen gegen Russland
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte das neue US-Sanktionspaket gegen Russland als «sehr kraftvoll». Weitere wichtige Bereiche der Wirtschaft des Aggressors seien nun mit Strafmaßnahmen belegt. Es müsse aber auch verhindert werden, dass Moskau die Sanktionen umgehen könne, sagte Selenskyj in seiner am Donnerstagabend in Kiew verbreiteten Videobotschaft. Russland bezeichnete die Sanktionen wiederholt als wirkungslos.
Selenskyj zeigte sich einmal mehr siegessicher. «Ich bin überzeugt, dass die Ukraine definitiv gewinnen wird», sagte er über den Krieg, den Russland vor mehr als 20 Monaten begonnen hat. Ukrainische Medien, die in aller Regel keine Kritik üben an Selenskyj, hoben hervor, dass der Präsident in seiner Videobotschaft nicht auf die viel beachteten Aussagen des ukrainischen Oberkommandierenden Walerij Saluschnyj reagiert habe, nach denen der Abnutzungskrieg in die Sackgasse geraten sei. Stillstand auf dem Schlachtfeld helfe nur Russland, die Verluste seiner Armee auszugleichen, hatte Saluschnyj gesagt.
Selenskyj meinte vielmehr, dass Russland im Schwarzen Meer allmählich die Kontrolle verliere und sich dort in die östlichen Regionen zurückziehe. «Wir werden sie auch dort erreichen», sagte er. Russland hingegen betont immer wieder, die Kontrolle in den Gewässern zu haben und fliegt dort auch mit Kampfflugzeugen Patrouillen.
In seiner Videobotschaft informierte Selenskyj zudem über ein Gespräch mit EU-Ratspräsident Charles Michel; demnach mache die Ukraine Fortschritte auf dem Weg in die EU. Das Land hat den Kandidatenstatus und rechnet fest mit dem Beginn von Beitrittsverhandlungen noch in diesem Jahr. Einen Beschluss dazu gibt es noch nicht. «Die Entscheidung wird bedeutend sein, ein sehr symbolischer Schritt, der reflektiert, wie viel die Ukraine erreicht hat», sagte Selenskyj.
Außenminister: Nahost-Konflikt schmälert Ukraine-Hilfe nicht
Nach den Worten von Außenminister Dmytro Kuleba spürt die Ukraine trotz des neuen Kriegsschauplatzes in Nahost momentan nicht, «dass die Unterstützung unserer Partner in irgendeiner Form abnimmt». Vielmehr habe sein Land «Zusagen auf allen Ebenen erhalten, dass die Unterstützung für die Ukraine fortgeführt werden wird», sagte Kuleba in der ZDF-Sendung «maybrit illner». Die Partner hätten dafür auch die Kapazitäten. Allerdings gelte auch für den Konflikt zwischen Israel und Palästinensern: «Je länger dieser Krieg andauert, desto mehr Ressourcen wird er in Anspruch nehmen.»
Über 70 Schiffe seit September in ukrainische Seehäfen eingelaufen
Trotz russischer Luftangriffe auf Hafenanlagen sollen seit September bereits wieder über 70 Handelsschiffe ukrainische Seehäfen am Schwarzen Meer angelaufen haben. Marinesprecher Dmytro Pletentschuk bezifferte dabei das Exportvolumen am Donnerstag im ukrainischen Auslandsfernsehen auf fast 1,5 Millionen Tonnen pro Monat. Während des bis zum Sommer von Russland mitgetragenen Abkommens über die Ausfuhr ukrainischen Getreides waren es durchschnittlich 2,8 Millionen Tonnen an Agrargütern pro Monat gewesen.
Der Schlüssel für den Aufwärtstrend seien geringere Versicherungskosten, sagte der Marinesprecher. Diese seien gesunken, nachdem im September erste Frachter trotz der Gefahr durch russischen Beschuss unbeschadet ukrainische Schwarzmeerhäfen angelaufen und wieder verlassen hatten. «Und außerdem hat sich dieser Kanal bereits in einen Export-Import-Kanal verwandelt», betonte Pletentschuk. Russland hatte seine Versuche einer Seeblockade mit der Verhinderung von Waffenlieferungen auf dem Seeweg in die Ukraine begründet.
Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 war der ukrainische Seehandel zum Erliegen gekommen. Trotz des laufenden Krieges konnte - durch Vereinte Nationen und die Türkei vermittelt - für fast zwölf Monate ein sogenannter Getreidekorridor eingerichtet werden. Ziel war es, zur Stabilisierung der internationalen Lebensmittelpreise den Export von ukrainischem Getreide zu erleichtern. Schiffe konnten in dieser Zeit nur nach vorheriger russischer Kontrolle ukrainische Seehäfen anlaufen. Moskau ließ das Abkommen im Juli auslaufen. Im September erklärte Kiew dann, selbst für die sichere Passage zu sorgen.
Was heute wichtig wird
Die Ukraine setzt ihre Gegenoffensive zur Befreiung von Russland besetzter Gebiete in den Regionen Saporischschja, Cherson, Luhansk und Donezk fort. Darüber hinaus hat das Land auch eine Rückeroberung der von Russland bereits 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim angekündigt.