Russische Invasion

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Russland startet in der Nacht zur orthodoxen Weihnacht weitere Angriffe auf die benachbarte Ukraine. Deren Präsident Selenskyj will die eigene Waffenindustrie stärken, um zu antworten. Der Überblick.

In der Nacht zum Sonntag hat Russland die benachbarte Ukraine erneut mit Drohnen angegriffen. Einschläge gab es in der Millionenstadt Dnipro und der unweit der Front liegenden Großstadt Saporischschja im Südosten der Ukraine. In Dnipro sei ein Wohnblock durch den Einschlag beschädigt worden, teilte Gouverneur Serhij Lyssak in der Nacht mit. Seinen Angaben nach konnten die Bewohner des Hauses jedoch weitgehend unverletzt aus den Trümmern geborgen werden.

Unterdessen reiste die japanische Außenministerin Yoko Kamikawa am Sonntag überraschend in die Ukraine. Bei einem Treffen mit ihrem Amtskollegen Dmytro Kuleba in Kiew wollte sie die Unterstützung ihres Landes für die Ukraine betonen. Diese verteidigt sich seit bald zwei Jahren gegen den brutalen russischen Angriffskrieg.

Japans Außenministerin reist überraschend in die Ukraine

Kamikawa wollte in einem Treffen mit Kuleba die Position ihrer Regierung betonen, das Land in der «derzeit schwierigen internationalen Situation» zu unterstützen, teilte das japanische Außenministerium mit. Auch wolle sie sich mit der ukrainischen Seite offen über die Bemühungen um einen dauerhaften Frieden austauschen. Japan hatte im Einklang mit dem Westen zwar Sanktionen gegen Russland verhängt. Die pazifistische Verfassung des Landes erlaubt es Japan allerdings nicht, Waffen an die Ukraine zu liefern.

Selenskyj will Rüstungsproduktion in Ukraine massiv ausbauen

Trotz der anhaltenden russischen Luftangriffe will die Ukraine nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj ihre Rüstungsproduktion massiv hochfahren. «Wir arbeiten so hart wie möglich daran, dass unsere Verteidigungs- und Sicherheitskräfte sich in diesem Jahr bei einem erheblichen Teil ihrer Aktionen auf unsere eigene ukrainische Produktion stützen können», sagte Selenskyj am Samstagabend in seiner täglichen Videoansprache. Der Feind werde die Stärke ukrainischer Waffen immer stärker zu spüren bekommen. Die Ukraine müsse auf jede Art russischen Terrors, auf jede Verstärkung russischen Drucks eine entsprechende Antwort geben, forderte er.

Die Ukraine wehrt seit mehr als 22 Monaten eine russische Invasion ab. Dabei hat sie sich in der Vergangenheit auch stark auf westliche Militärhilfe gestützt. Doch wegen des politischen Machtkampfs in den USA, die als wichtigster militärischer Unterstützer Kiews gelten, sind künftige Waffenlieferungen von dort völlig offen. Der Kongress blockiert derzeit die Freigabe weiterer Mittel. Die Europäer wiederum konnten ihre Versprechen an Munitionslieferungen ebenfalls nicht halten. Nun deutet sich zudem an, dass die von Kiew dringend erwarteten F-16-Kampfflugzeuge später als erhofft kommen werden.

Lieferung dänischer F-16-Jets an Ukraine verzögert sich

So verzögert sich die Lieferung der ersten dänischen F-16-Kampfjets an die Ukraine um bis zu sechs Monate. Es werde nun erwartet, dass die sechs Maschinen erst im zweiten Quartal in das von Russland angegriffene Land geschickt werden können, teilte das Verteidigungsministerium in Kopenhagen der Zeitung «Berlingske» mit. Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hatte bei der Bekanntgabe der Pläne im Sommer die Hoffnung geäußert, die Kampfjets könnten um den Jahreswechsel herum geliefert werden.

Allerdings sind einige Bedingungen für den Einsatz der F-16 noch nicht erfüllt, wie es nun vom Verteidigungsministerium hieß. Dabei gehe es etwa um die Ausbildung der ukrainischen Piloten. Der Zeitplan hängt von Faktoren wie dem Material und den Wetterbedingungen ab.

Gauck kritisiert «Zögern» bei Waffenlieferungen an Ukraine

Alt-Bundespräsident Joachim Gauck hat der Bundesregierung unterdessen eine zögerliche Haltung bei Waffenlieferungen an die Ukraine vorgeworfen. «Angesichts des zermürbenden Stellungskriegs und der abscheulichen Luftangriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung schaue ich sorgenvoll auf unser Tun und frage mich, ob unsere Unterstützung ausreicht», sagte er der «Bild am Sonntag». Auf eine Frage nach der von der Ukraine erbetenen Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper antwortete Gauck, er kenne sich zwar selbst nicht «im Militärischen» aus, habe aber mit Experten gesprochen. «Und nach diesen Gesprächen kann ich nicht mehr nachvollziehen, dass wir zögern, diese Waffe und weitere Munition zu liefern.»

Die modernen Taurus-Marschflugkörper finden auch aus großen Höhen und Entfernungen ihr Ziel und können etwa Bunkeranlagen zerstören. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich im Oktober gegen eine Lieferung entschieden, da von den Präzisionswaffen mit einer Reichweite von 500 Kilometern auch russisches Territorium getroffen werden könnte.

Gauck sagte, es gebe kein völkerrechtliches Verbot, ein überfallenes Opfer mit Waffen zu unterstützen. «Deshalb dürfen wir das tun. Und wir müssen es tun - mit allem, was uns zur Verfügung steht.»

Mindestens elf Tote durch russischen Beschuss in Donezk

Mindestens elf Menschen, darunter fünf Kinder, sind nach ukrainischen Angaben durch russischen Raketenbeschuss im Landkreis Pokrowsk im von Kiew kontrollierten Teil der Region Donezk ums Leben gekommen. Darüber hinaus seien acht Personen verletzt worden, teilte der Militärgouverneur der Region, Wadym Filaschkin, am Samstag auf seinem Telegramkanal mit. Demnach erfolgte der Beschuss durch umfunktionierte Flugabwehrraketen vom Typ S-300.

Getroffen wurden zwei Ortschaften, neben der Kreisstadt Pokrowsk auch der Ort Riwne. Dort sei eine Rakete in das Haus einer sechsköpfigen Familie eingeschlagen, führte Filaschkin aus.

Selenskyj sprach den Angehörigen sein Beileid aus. Die Such- und Bergungsarbeiten würden fortgeführt, die Verletzten versorgt, versicherte er. Russland habe auf rein zivile Ziele geschossen. «Und Russland muss fühlen - jedes Mal spüren -, dass keiner dieser Angriffe ohne Folgen für den Terrorstaat enden wird», forderte er.

Putin begeht orthodoxe Weihnachtsmesse

Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich nach offiziellen Angaben am orthodoxen Heiligabend mit ausgewählten Familien von in der Ukraine gefallenen Soldaten getroffen. Für die Angehörigen sei zunächst ein Programm mit dem Besuch von Aus- und Vorstellungen organisiert worden, ehe Putin sie in seiner Residenz Nowo-Ogarjowo bei Moskau empfangen habe, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Die Einladung an Familien gefallener Soldaten dient Putin wohl auch dazu, sich vor der im März anstehenden Präsidentenwahl als Kümmerer um deren Nöte darzustellen. Zuletzt waren Proteste mit der Forderung laut geworden, die von ihm für seinen Angriffskrieg in der Ukraine eingezogenen Männer nach Hause zu schicken.

Das wird am Sonntag wichtig

Das ukrainische wie das russische Militär richten sich auf weitere Kämpfe ein. In Russland wird am Sonntag laut dem russisch-orthodoxen Kirchenkalender das Weihnachtsfest begangen. Die ebenfalls vorwiegend orthodoxe Ukraine hat ihr Weihnachtsfest nach westlichem Kalender schon am 24./25. Dezember gefeiert. Japans Außenministerin Kamikawa trifft in Kiew ihren Amtskollegen Kuleba.