Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei einem Frontbesuch in der Region Dnipro und Saporischschja eine Stärkung der Luftabwehr befohlen. Hintergrund sind verstärkte Angriffe des russischen Militärs mit Kampfdrohnen und Raketen an diesem Mittelabschnitt der Front, die sich im Südosten der Ukraine befindet.
«Die Gefahr ist konstant hoch, und Russland sieht die Region als eines der Hauptziele für seine terroristischen Angriffe», berichtete Selenskyj am Sonntagabend von seinem Besuch in der Region. Auch um wirtschaftliche Aktivitäten zu schützen, werde dort die Luftverteidigung massiv ausgeweitet. «Wir arbeiten daran, die Fähigkeiten zum Abschuss von Raketen und Drohnen auszubauen.»
Bei seinem Abstecher in die Region hatte Selenskyj auch Saporischschja sowie die vorgelagerten Fronten besucht. Auch dort sowie in Krywyj Rih müssten Luftabwehr sowie die Mittel zur elektronischen Kampfführung verstärkt werden, forderte Selenskyj. Dies sei notwendig zum Schutz der kritischen Infrastruktur, also der Strom- und Wasserversorgung.
Russland hat in den vergangenen Wochen, wie schon im Winter davor, immer wieder Ziele der zivilen Infrastruktur in der Ukraine mit Drohnen und Raketen angegriffen. Diese Angriffe sollen vor allem die Zivilbevölkerung zermürben und die Führung des Landes zusätzlich unter Druck setzen.
Kiew: Russische Leitstelle für Kampfdrohnen zerstört
Die ukrainischen Streitkräfte zerstörten am Sonntag nach eigener Darstellung eine Leitstelle der russischen Armee für Kampfdrohnen. Wie die ukrainische Armee auf Telegram mitteilte, sollen zudem mehrere gepanzerte Fahrzeuge sowie Geschütze bei Kämpfen am linken Ufer des Dnipro in der Region Cherson im Süden des Landes zerstört worden sein. Ukrainische Truppen hatten dort im Herbst mehrere Brückenköpfe gebildet. Eine Reihe russischer Angriffe gegen diese Stellungen sind zurückgeschlagen worden.
Über die Leitstelle werden die von Russland eingesetzten Kampfdrohnen auf ihrem Flug zu Zielen innerhalb der Ukraine elektronisch gesteuert. Die Angaben der ukrainischen Streitkräfte konnten nicht unabhängig geprüft werden.
London: 1000 Söldner in Belarus
Nach Schätzungen britischer Geheimdienste halten sich noch immer etwa 1000 Kämpfer der russischen Privatarmee Wagner in Belarus auf. Sie trainierten dort belarussische Soldaten und Sicherheitskräfte, teilte das britische Verteidigungsministerium mit.
Die Wagner-Soldaten waren ins Land gekommen, nachdem Söldnerchef Jewgeni Prigoschin mit einem Aufstand gegen die russische Militärführung gescheitert war. Ursprünglich sollen sich 8000 Kämpfer der Privatarmee in Belarus aufgehalten haben. Prigoschin starb kurz nach dem gescheiterten Aufstand bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz im August vergangenen Jahres.
Kiew: Russlands Armee als Wahlkampfhelfer Putins
Die zuletzt verstärkten Angriffe russischer Truppen entlang der Fronten in der Ukraine werden sich nach Meinung ukrainischer Militärs bis zu den Präsidentschaftswahlen in Russland fortziehen.
«Die Kampfhandlungen werden genau bis zur Veröffentlichung der Wahlergebnisse andauern», spekulierte am Sonntag Iwan Timotschko, Vorsitzender des Heeres-Reservistenverbandes der Ukraine, über mögliche Pläne von Kremlchef Wladimir Putin. «Denn für Putin ist es gegenwärtig außerordentlich wichtig, die Aufmerksamkeit der Menschen von den Problemen im Inneren abzulenken.»
Bis zu den Wahlen vom 15. bis 17. März werde Putin seine Truppen in der Ukraine immer wieder zu neuen Angriffen antreiben und weitere Eroberungen fordern. Die Fronten dienten daher für Putin «nicht nur einem militärischen, sondern auch einem politischen Zweck», sagte Timotschko. Damit könne er im Wahlkampf zeigen, dass er die Lage kontrolliere und die russische Armee in der Lage sei, Angriffe zu führen.
Gegenwärtig seien nach Erkenntnissen Kiews bis zu 500.000 russische Soldaten im Einsatz in der Ukraine, und sie setzten immer wieder neue Angriffsschwerpunkte. Verluste würden durch eine «stille Mobilmachung» ersetzt. Selbst Migranten würden an die Fronten geschickt. Diese Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.
Bundeswehr-General: Ukraine muss weiter rekrutieren
Nach Einschätzung des Bundeswehr-Generalmajors Christian Freuding muss die Ukraine weitere Soldaten rekrutieren, um bei der Abwehr des russischen Angriffs erfolgreich sein zu können.
«Die Ukraine wird mit Sicherheit mehr Soldaten mobilisieren müssen – allein schon wegen der Verlustzahlen, soweit wir sie einsehen können», sagte der Leiter des Ukraine-Lagezentrums im Verteidigungsministerium dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Als weiteren Grund nannte Freuding die Notwendigkeit, Truppenteile zu regenerieren, die teilweise seit 24 Monaten an der Front seien. Über Art und Umfang der Mobilisierung werde gerade in der Ukraine diskutiert.
Das wird heute wichtig
Im Osten der Ukraine sind weiter schwere Kämpfe rund um das Donbass-Gebiet zu erwarten.