Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei seiner jüngsten Brüssel-Reise weitere Rückendeckung für den Abwehrkrieg seines Landes gegen Russland erhalten. Beim EU-Gipfel unterzeichnete er am Donnerstag mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel eine Vereinbarung zur Sicherheitskooperation und langfristigen Unterstützung. Bei einem Besuch im Nato-Hauptquartier wurde ihm weitere Hilfe zugesagt.
Neben der EU haben auch Estland und Litauen Vereinbarungen mit der Ukraine zur Sicherheitskooperation und langfristigen Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes geschlossen. Am Rande des EU-Gipfels in Brüssel unterzeichneten die estnische Regierungschefin Kaja Kallas und der litauische Staatschef Gitanas Nauseda am Donnerstag die jeweils bilateralen Abkommen mit Selenskyj.
Darin verpflichten sich die beiden EU- und Nato-Länder, die Ukraine zehn Jahre lang politisch militärisch und wirtschaftlich zu unterstützen. Damit haben nun alle baltischen Staaten der Ukraine langfristige Sicherheitszusagen gemacht. Lettland hatte zuvor bereits im April ein entsprechendes Abkommen getroffen.
Nato will langfristige Zusagen für Militärhilfen geben
Selenskyj traf sich in Brüssel auch mit dem slowenischen Regierungschef Robert Golob. «Wir haben die Fertigstellung des bilateralen Sicherheitsabkommens und zur Sicherung eines gerechten Friedens für die Ukraine besprochen», schrieb Selenskyj später auf der Plattform X.
Selenskyj besuchte in Brüssel auch das Nato-Hauptquartier. Bei einem Gespräch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ging es unter anderem um den Nato-Gipfel in der zweiten Juli-Woche in Washington. Der ukrainische Präsident ist zu dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der 32 Alliierten als Gast eingeladen.
«Wir erwarten, dass die Rolle des Bündnisses bei der Koordinierung der Sicherheitshilfe und der Ausbildung der ukrainischen Truppen gestärkt wird und dass langfristige finanzielle Verpflichtungen eingegangen werden, um eine stabile Unterstützung der Ukraine zu gewährleisten», schrieb Selenskyj nach dem Treffen auf X. Er dankte zudem Stoltenberg für dessen Bemühungen um Konsolidierung der alliierten Unterstützung für die Ukraine, vor allem bei der Stärkung der Flugabwehr.
Geplant ist seitens der Nato, der Ukraine beim Gipfel langfristige Zusagen für Militärhilfen zu geben und in Wiesbaden ein Hauptquartier für den geplanten Nato-Einsatz zur Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte aufzubauen.
Flugabwehr für die Ukraine
Eines der Hauptanliegen des ukrainischen Staatschefs, weitere Flugabwehrsysteme zur Abwehr der ständigen russischen Angriffe zu erhalten, wurde unterdessen an anderer Stelle erörtert. Wie die «Financial Times» berichtete, verhandelten die USA darüber gerade mit Israel. Demnach sollte Israel bis zu acht Patriot-Flugabwehrsysteme an die Ukraine abgeben. Vor der Überstellung in die Ukraine sollten die etwa 30 Jahre alten Systeme jedoch zunächst zum Überholen in die USA gebracht werden, berichtete die «FT» unter Berufung auf Beteiligte an den Verhandlungen.
Aktuell sind in der Ukraine vier Patriot-Flugabwehrsysteme im Einsatz, zwei von ihnen wurden aus Deutschland zur Verfügung gestellt. Selenskyj hatte zuletzt den weiteren Bedarf seines Landes auf mindestens sechs weitere Patriot-Systeme geschätzt.
Heftige Kämpfe in der Ukraine dauern an
An den diversen Frontabschnitten im Osten der Ukraine lieferten sich russische und ukrainische Einheiten auch am Donnerstag schwere Kämpfe. «Der Feind sucht nach Wegen, unsere Verteidigungslinien zu durchbrechen», teilte der ukrainische Generalstab in Kiew am Abend in seinem täglichen Lagebericht mit.
Von den über 100 gemeldeten bewaffneten Zusammenstößen des Tages entfiel nach diesen Angaben mehr als die Hälfte auf die Umgebung von Pokrowsk in der Region Donezk. Der Frontverlauf sei allerorts unverändert geblieben.
Ukrainische Militärs berichteten zudem von schweren Gefechten rund um die Siedlung Mirnoje westlich der Großstadt Saporischschja. Eine russische Brigade habe dort bei massierten Sturmangriffen rund 95 Prozent ihrer Soldaten verloren, hieß es in der von der ukrainischen Agentur Unian verbreiteten Mitteilung. Diese Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.