Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
Nach einem Treffen mit einer Delegation aus Vertretern verschiedener afrikanischer Länder hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Verhandlungen mit Moskau vor einem russischen Truppenabzug erneut eine Absage erteilt. «Irgendwelche Gespräche mit Russland zuzulassen, solange der Besatzer auf unserem Boden ist, bedeutet den Krieg, den Schmerz und das Leiden einzufrieren», sagte Selenskyj auf einer Pressekonferenz in Kiew. Sein Land benötige einen realen Frieden und dabei «einen realen Abzug der russischen Truppen von unserem ganzen unabhängigen Boden».
In der russischen Ostsee-Metropole St. Petersburg trat derweil Kremlchef Wladimir Putin beim Internationalen Wirtschaftsforum auf – und sorgte dort gleich mit mehreren Aussagen für Aufsehen, die sein Sprecher später teils wieder zurechtrücken musste.
«Jeder Meter befreiten Gebiets ist das Wichtigste»
Später am Abend veröffentlichte Selenskyj seine tägliche Videobotschaft und berichtete, er habe angesichts der laufenden Gegenoffensive mit dem Militärkabinett getagt. Einzelheiten nannte er nicht, sondern sagte lediglich: «Jeder unserer Soldaten, jeder unserer Schritte und jeder Meter befreiten ukrainischen Gebiets ist das Wichtigste.»
Russland führt seit knapp 16 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine und hält derzeit rund 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt. Derzeit läuft eine ukrainische Gegenoffensive, im Rahmen derer das angegriffene Land – auch mithilfe westlicher Waffen – okkupierte Gebiete befreien will.
Putin irritiert mit Aussagen
Kremlchef Putin irritierte derweil bei seinem mehrstündigen Auftritt beim 26. Internationalen Wirtschaftsforum gleich mehrfach. So sagte er etwa mit Blick auf nukleare Rüstungskontrolle: «Wir haben mehr solcher Waffen als die Nato-Länder. Sie wissen das und drängen uns die ganze Zeit dazu, dass wir Gespräche über Reduzierungen anfangen.» Dann fügte er hinzu: «Scheiß drauf, verstehen Sie, wie man bei uns im Volk sagt.» Wenig später musste Kremlsprecher Dmitri Peskow die Aussagen Putins vor Journalisten erklären – und relativierte sie. «Russland ist bereit, Verhandlungen zu führen», versicherte er.
Weiterhin sagte Putin über mögliche Lieferungen von F-16-Kampfjets an die Ukraine: Sollten die Maschinen außerhalb der Ukraine stationiert sein, dann werde die russische Seite «schauen, wie und wo wir diese Mittel zerstören». Auch hier ruderte Sprecher Peskow im Anschluss zurück und erklärte, Russland werde die Jets im Falle ihrer Lieferung nur auf ukrainischem Staatsgebiet angreifen.
Und schließlich sorgte in kritischen russischen Medien für Aufsehen, dass Putin behauptete, seine Armee habe im Gebiet um Kiew fünf Patriot-Flugabwehrsysteme. Denn: Die Ukraine hat gerade mal zwei solcher Systeme von ausländischen Partnern erhalten.
Putin beschimpft Selenskyj: «Schande für das jüdische Volk»
Darüber hinaus beschimpfte Putin den ukrainischen Staatschef Selenskyj. «Ich habe viele jüdische Freunde, seit meiner Kindheit. Sie sagen: «Selenskyj ist kein Jude. Das ist eine Schande für das jüdische Volk»», sagte er.
Moskau rechtfertigt seinen Angriffskrieg gegen das Nachbarland immer wieder mit der Propaganda-Behauptung, man müsse die Ukraine von angeblichen «Neonazis» befreien. Solche Aussagen sorgen international auch deshalb für großes Entsetzen, weil Selenskyj jüdischer Abstammung ist. Außerdem sind unter den vielen Tausend Opfern russischer Angriffe in der Ukraine nachgewiesenermaßen auch mehrfach Holocaust-Überlebende gewesen.
Putin: Erste atomare Sprengköpfe nach Belarus verlegt
Schließlich erklärte Putin noch, es sei mit der angekündigten und vielfach kritisierten Stationierung taktischer Atomwaffen in der verbündeten Ex-Sowjetrepublik Belarus begonnen worden. Die ersten Atomsprengköpfe seien verlegt worden, sagte er. «Das ist nur der erste Teil. Bis Ende des Jahres werden wir die Aufgabe vollständig abschließen.»
Was heute wichtig wird
Im Zuge ihrer Friedensinitiative reist die afrikanische Delegation, zu der etwa die Staats- und Regierungschefs von Südafrika, Ägypten, Senegal und Sambia zählen, von Kiew weiter nach St. Petersburg. Dort wird auch ein Treffen mit Putin erwartet.