Industriepolitik

Krise um Northvolt: Scholz und Habeck wehren sich

Der schwedische Batteriehersteller Northvolt steckt in einer Krise. Es droht der Verlust von Millionen an Steuergeldern. Der Kanzler und der Vizekanzler verteidigen ihre Politik.

Die rot-grüne Bundesregierung wehrt sich angesichts der Krise des schwedischen Batterieherstellers Northvolt gegen Kritik an ihrer Förderpolitik. Kanzler Olaf Scholz (SPD) sagte bei einer Regierungsbefragung im Bundestag mit Blick auf die Entwicklung der Elektromobilität, strategische Komponenten müssten in Europa hergestellt werden. Deshalb sei es richtig, dass der Bund den Bau von Batteriefabriken fördere. «Das werden wir auch weitermachen.» Es gebe keinen Grund, dies sein zu lassen. 

Auch Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck verteidigte staatliche Subventionen für Unternehmen «Der Grund dafür ist im Kern Widerstandsfähigkeit der europäischen und deutschen Wirtschaft», sagte der Grünen-Politiker vor einer Befragung im Haushaltsausschuss des Bundestags. Deutschland sei bei der Batterieproduktion zu 80 Prozent abhängig von China. Die Förderprogramme stammten zudem ganz wesentlich aus der Vorgängerregierung - also unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Diese habe richtig entschieden.

Northvolt in Krise 

Der finanziell angeschlagene schwedische Batteriehersteller Northvolt hat in den USA Gläubigerschutz beantragt. Das Unternehmen meldete ein Restrukturierungsverfahren gemäß Chapter 11 des US-Insolvenzrechts an. Nicht betroffen ist nach Angaben des Unternehmens sein Batteriewerk, das im schleswig-holsteinischen Heide gebaut wird. Die Krise könnte für den Bund und das Land Schleswig-Holstein teuer werden. Das angeschlagene Unternehmen hat rund 600 Millionen Euro von der staatlichen Förderbank KfW erhalten, für die Bund und Land je zur Hälfte bürgen.

Scholz sagte, es sei sehr bedauerlich, dass sich die Unternehmenspläne von Northvolt weder in Europa noch in Deutschland gegenwärtig so weiterentwickelten wie erhofft. Habeck sagte, schon viele andere Unternehmen hätten eine Restrukturierung gemacht und seien danach erfolgreich an den Markt zurückgekehrt. Die Chance bestehe durchaus, dass Northvolt sich neu aufstelle, sich saniere und die Gelder erhalten blieben.

Haushaltsausschuss befasst sich mit Thema

Das Wirtschaftsministerium beantragte beim Haushaltsausschuss eine sogenannte überplanmäßige Ausgabe von rund 620 Millionen Euro. Diese diene dazu, Rechtsverpflichtungen des Bundes aus einem Zuweisungsgeschäft der staatlichen Förderbank KfW im Zusammenhang mit der Zeichnung einer von Northvolt begebenen Wandelanleihe vom Dezember 2023 zu erfüllen. Auch wenn die deutsche Projektgesellschaft in Heide nicht unmittelbar betroffen sei, so sei mit der Eröffnung des Chapter 11-Verfahrens der Rückzahlungsanspruch der KfW aus der Wandelanleihe sofort fällig geworden, heißt es in einem Schreiben an den Haushaltsausschuss. 

Aus Ministeriumskreisen hieß es, es handle sich bei der Wandelanleihe um ein marktübliches, beihilfefreies Instrument. Das zeige sich auch daran, dass zahlreiche namhafte institutionelle und industrielle Investoren sowie Pensionsfonds die Wandelanleihe der Northvolt AB gezeichnet und das Risiko genauso eingeschätzt hätten. Insgesamt seien 3,3 Milliarden US-Dollar (rund 3,1 Mrd Euro) gezeichnet worden. Northvolt hatte laut Kreisen Kundenaufträge im hohen zweistelligen Milliarden-Wert von Top-Adressen der Automobilindustrie.

Kritik an Förderpolitik

Christian Dürr, Fraktionschef des früheren Ampel-Partners FDP, sagte, die Northvolt-Insolvenz sei ein Beispiel für eine «gescheiterte planwirtschaftliche Subventionspolitik», die am Ende von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ausgebadet werden müsse.

CSU-Generalsekretär Martin Huber sprach von einer «desaströsen Steuerverschwendung». Die CDU-Wirtschaftspolitikerin Julia Klöckner warf Habeck vor, bei Northvolt «geschlampt» zu haben. «Ihnen waren schöne Bilder wichtiger beim Spatenstich als die Prüfung von Steuergeld.» 620 Millionen Euro, viel Geld angesichts der angespannten Haushaltslage, schienen nun verloren. 

Umstritten ist auch die eigentlich geplante milliardenschwere staatliche Förderung eines Chipwerks des US-Konzerns Intel in Magdeburg. Intel hat den Bau des Werks inzwischen aufgrund von Sparmaßnahmen verschoben.

Habeck spricht von Wirtschaftssicherheit

Habeck verteidigte den Kurs der Regierung: «Unser Halbleiter, also Mikrochips, werden in ganz großen Anteilen in Taiwan und Südkorea produziert.» Taiwan habe Konflikte mit China, Südkorea sei der Nachbar von Nordkorea. «Davon hängt unsere gesamte Wirtschaft im Hochtechnologiebereich ab. Das ist schon eine gewagte Wette, zu sagen, das sind sichere Zuliefererbedingungen, die werden die nächsten 20 Jahre auf jeden Fall so sein.» Deswegen sei es wichtig, in die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft zu investieren. «Das ist eine Wirtschaftssicherheits-Programmatik, aber Sicherheit hat natürlich einen Preis. Sonst produzieren die Unternehmen eben nicht in Europa.»