Vor EU-Gipfel

Kritik an Europas Rolle im Nahost-Krieg: «Völlig irrelevant»

Die EU-Mitgliedstaaten sind sich über den Umgang mit Forderungen nach einem sofortigen humanitären Waffenstillstand für den Gazastreifen uneinig. Das löst Ärger in den eigenen Reihen aus.

Kritik an Europas Rolle im Nahost-Krieg: «Völlig irrelevant»

Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth hat den EU-Streit über die Positionierung zum Gaza-Krieg scharf kritisiert. «Europa ist gespalten. Und wenn Europa gespalten ist, ist es völlig irrelevant», sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags im ARD-«Morgenmagazin». «Wir tragen derzeit nichts zu einer dauerhaften Lösung im Nahen Osten bei, weil wir auch Zweifel lassen an der Solidarität und an der Freundschaft mit Israel.»

Roth kritisierte: «Wenn man sich jetzt für einen Waffenstillstand ausspricht, während vielleicht sogar in diesem Moment Hamas-Raketen Menschenleben in Israel zerstören oder zu zerstören versuchen», dann nehme man Israel «das Recht, die Infrastruktur des Terrorismus im Gazastreifen zu zerstören».

Wenn man aber über humanitäre Pausen spreche, sei das etwas ganz anderes. «Wir wollen ja auch, dass Hilfsgüter so schnell wie irgendwie möglich auch die Zivilisten und Zivilisten im Gazastreifen erreichen.»

Asselborn: Europa muss gemeinsame Linie finden

Auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn rief die EU-Staaten zu einer gemeinsamen Linie auf. Wenn die EU politischen Einfluss auf Lösungen im Nahost-Konflikt haben wolle, «muss sie zumindest eine gemeinsame Linie haben. Wissen, was sie will», sagte Asselborn in einem Interview des Deutschlandfunks.

Noch vor einigen Jahren habe die EU eine gemeinsame Linie gehabt, erinnerte Asselborn. Diese habe besagt, dass Jerusalem die Hauptstadt Israels und im Ostteil auch die Hauptstadt der Palästinenser sei, und die Grenzen von Palästina die von 1967 seien. «Dazu sind wir heute nicht mehr im Stande», sagte Asselborn.

Mit Blick auf die heute unterschiedlichen Positionen innerhalb der EU vertrat er den Standpunkt, dass es letztlich «um die fundamentalsten Menschenrechte» gehe, «dass jedes Volk ein Recht hat auf einen eigenen Staat».

Die Raketen aus Gaza auf Israel seien «unter keinen Umständen» zu verteidigen, sagte Asselborn. Wenn aber Israelis im Westjordanland andauernd Land «annektieren, das eigentlich den Palästinensern gehört», müsse in Israel klar gesagt werden, dass das aufhören müsse. Sonst werde es «keine Chance auf einen dauerhaften Frieden» geben.

Gipfeltreffen in Brüssel

Im Vorfeld des EU-Gipfels heute in Brüssel gab es Streit unter den Mitgliedstaaten über den Umgang mit Forderungen nach einem sofortigen humanitären Waffenstillstand für den Gazastreifen. Länder wie Deutschland und Österreich sind dagegen, dass sich die EU solchen Aufrufen anschließt, Länder wie Spanien oder Irland hingegen dafür. Als möglicher Kompromiss gilt, dass sich die Staats- und Regierungschefs für Feuerpausen für sichere Hilfslieferungen aussprechen.

Roth sagte mit Blick auf den Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober: «Das ist nicht irgendein Krieg, sondern Terroristen haben mit unmenschlich vielen Opfern deutlich gemacht: Wir wollen Israel vernichten und wir wollen, dass Israel von dieser Landkarte ausgelöscht wird.» Man müsse deutlich machen, dass Israel das Recht habe, «seine eigene Bevölkerung vor diesem Hamas-Terrorismus zu schützen».