Mehrheit begeistern: DOSB startet Projekt Olympia-Bewerbung
Nach einer Serie vergeblicher Anläufe für Olympia in Deutschland startet der DOSB den nächsten Versuch für eine Bewerbung. Mithilfe der Kampagne «Deine Idee. Deine Spiele» will der Deutsche Olympische Sportbund die Bundesbürger für die Idee begeistern, das Land nach München 1972 wieder zum Schauplatz des Sportgroßereignisses zu machen.
Der Dachverband geht auch auf mögliche Ausrichter zu. Berlin, Hamburg, Leipzig, München und Nordrhein-Westfalen sind eingeladen, zunächst gemeinsam über das beste Konzept mit den höchsten Erfolgschancen zu beraten. Eine deutsche Olympia-Bewerbung wäre frühestens für Sommer 2036 und 2040 oder für Winter 2038 und 2042 denkbar.
Was ist das Ziel der DOSB-Initiative?
Der Dachverband will im Dialog mit der Bevölkerung ein Bewerbungskonzept entwickeln, das mehrheitsfähig ist. Der große Fehler bei vergangenen Olympia-Projekten war, die Bürger nicht ins Boot geholt zu haben und ihre Ängste vor Gigantismus, hohen Kosten und Umweltschäden nicht ernst genommen zu haben. «Wir wollen möglichst viele Vorbehalte abbauen, die auf Prozessen und Verfehlungen der Vergangenheit basieren», erklärte Stephan Brause, Leiter der Stabsstelle Olympia-Bewerbung im DOSB.
Wie will man nun besser ins Gespräch kommen?
Der DOSB will analoge und digitale Beteiligungsformate anbieten. Dazu zählen zehn Fachgespräche mit Experten aus dem Sport, der Wirtschaft oder für Nachhaltigkeit, die ab August per Livestream zu verfolgen sind. Außerdem werden in den an einer Olympia-Bewerbung interessierten Städten öffentliche Dialogforen veranstaltet. Zudem soll die Bevölkerung über die Website «deine-spiele.de» und auf Social-Media-Kanälen eingebunden werden. «Eine Bewerbung Made by Germany», wirbt DOSB-Präsident Thomas Weikert.
Wie sind die weiteren Schritte?
Die Ergebnisse des Dialogprozesses werden in die sogenannte «Frankfurter Erklärung» einfließen, die am 2. Dezember auf der Mitgliederversammlung des DOSB präsentiert werden soll. Im Mai 2024 könnten ein deutscher Bewerber und das angepeilte Olympia-Jahr benannt werden. Ende 2024 oder 2025 würde es dann Bürgerentscheide in der ausgewählten Stadt oder Region mit einem finalen Votum zu einer Kandidatur geben. Ein bundesweites Referendum gibt es nicht.
Was ist noch anders?
Bei diesem Projekt bewerben sich nicht Städte, sondern der DOSB hat Berlin, Hamburg, Leipzig, München und Nordrhein-Westfalen in den Prozess eingeladen. Zusammen und nicht im Wettstreit gegeneinander soll beraten werden, welches Konzept das Beste für Deutschland und das international konkurrenzfähigste sein könnte. Dazu gehört auch, dass ausschließlich vorhandene Sportstätten genutzt werden sollen. Nach den Sommerspielen 1972 München scheiterten Berchtesgaden (für 1992), Berlin (2000), Leipzig (2012), München (2018 und 2022), Hamburg (2024) und die Initiative Rhein-Ruhr mit ihren Olympia-Vorhaben.
Gibt es Lehren aus den fehlgeschlagenen Olympia-Projekten?
Alle Fehlversuche wurden nach DOSB-Angaben evaluiert. «Aber wir leben auch nicht zu sehr in der Vergangenheit, denn seit 2015 hat sich einiges verändert. Beim DOSB, beim IOC und in der Gesellschaft», sagte Brause. «Man muss mit der Zeit gehen und die Bedürfnisse der nächsten Generationen berücksichtigen. Die Spiele der Zukunft sehen bestimmt anders aus.» Die Bundesregierung unterstützt den neuen Olympia-Anlauf.
Welche Städtekombinationen wären denkbar?
Berlin dürfte als Metropole bei einer Sommerbewerbung praktisch gesetzt sein. Eine mögliche Bewerbung für die Sommerspiele 2036 hätte 100 Jahre nach den Nazi-Spielen große historische Bedeutung. Attraktiv wäre die Kombination mit München, wo im August 2022 die European Championships im Olympia-Park von 1972 schon als Mini-Olympia gefeiert wurden. Kürzer wäre die Entfernung Berlin-Hamburg. Hoffnung hegt auch die Initiative Rhein-Ruhr. Sie wollte die Sommerspiele 2032 ins Land holen. Möglich wäre nach den IOC-Statuten sogar, mit vier Städten oder Clustern anzutreten.
Für welche Spiele wäre frühestens eine Bewerbung möglich?
Die Sommerspiele werden 2024 in Paris, 2028 in Los Angeles und 2032 in Brisbane ausgetragen. Im Winter 2026 sind Mailand und Cortina d’Ampezzo die Gastgeber. Für 2030 und 2034 gibt es in Stockholm und Salt Lake City starke Anwärter. Deshalb wird sich der DOSB mit einer Kandidatur auf 2036 und 2040 im Sommer oder 2038 und 2042 im Winter konzentrieren. Die Vergabe für 2036 dürfte frühestens bei der IOC-Session 2026 in Mailand anstehen.
Der DOSB will nicht nach dem ersten Versuch aufgeben, da mit internationaler Konkurrenz auch aus Asien und Afrika zu rechnen ist. «Es gibt immer auch geopolitische Faktoren, die bei der Vergabe eine Rolle spielen. Deshalb würden wir uns, so es zu einer Bewerbung kommt, immer um zwei Editionen bewerben», sagte Brause. «Also für Sommer 2036 und 2040 oder für Winter 2038 und 2042.»