Mit dem Kochroboter gegen den Fachkräftemangel
Pasta- und Reisgerichte beherrscht der neue Koch im Lieblingsplatz-Hotel in Grömitz bei Lübeck bereits. «Er könnte aber genauso gut eine Currywurst oder eine Sushi Bowl machen», sagt Hotelier Niels Battenfeld. Dabei kocht hier kein Mensch, sondern ein Roboter. 250.000 Euro hat sich Battenfeld die vier mal zwei Meter große Maschine kosten lassen, mit der er dem Fachkräftemangel in der Branche trotzt.
Beim ersten Kontakt seien die Gäste noch skeptisch, räumt Battenfeld ein. «Am zweiten Tag ist das aber schon ganz selbstverständlich.» Bestellt wird per App oder auf dem Display am Automaten, die Maschine wirft dann die vorgegarten Zutaten in den Topf und bereite das Essen frisch zu. «Genauso wie ein richtiger Koch», sagt Battenfeld. Natürlich sei der Roboter kein Sternekoch, schaffe aber bis zu 100 Portionen pro Stunde. Auch die knappe Karte von bisher nur sechs Gerichten soll schnell auf 15 bis 20 wachsen. Bis zu 120 wären möglich.
Mit dem kochenden Roboter ist Battenfeld noch ein Exot. Doch mit dem Problem, dass Hotels und Gaststätten kaum noch Mitarbeiter finden, ist er nicht allein. Bundesweit fehlen im Gastgewerbe 65.000 Mitarbeiter, schätzt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Für die Branche sei dies derzeit das größte Problem, sagt Enno Schmoll, der an der Jade Hochschule in Wilhelmshaven Tourismuswirtschaft lehrt. «Und es ist bisher nicht abzusehen, dass sich dies grundsätzlich ändern wird.» Laut einer Dehoga-Umfrage von Dezember 2022 mussten bereits fast drei Viertel der Befragten ihre Öffnungszeiten einschränken, fast die Hälfte hatte das Angebot auf der Karte reduziert.
Bis zu 11.000 Euro Prämie
Um überhaupt noch Mitarbeiter zu finden, greifen manche Hoteliers zu drastischen Maßnahmen. Das Landhotel Gut Thansen in Soderstorf in der Lüneburger Heide lobt für neue Köche und Servicekräfte im Spätdienst bis zu 11.000 Euro Prämie aus, die verteilt auf drei Jahre ausgezahlt wird. Bisher habe er so immerhin zwei Köche und eine Servicekraft gewinnen können, berichtet Geschäftsführer Philipp von Stumm.
Die Münchener Hotelkette Ruby wirbt seit Mitte 2022 mit Gratis-Tattoos um neue Mitarbeiter. «In den ersten Monaten der Kampagne hatten wir sofort 25 Prozent mehr Bewerbungen», berichtet Sprecherin Kristin Lingner. Darunter viele Quereinsteiger, die man mit der Aktion gezielt anlocken wollte. «Die Gastronomie gilt ja immer noch als etwas verstaubt, viele wollen gar nicht, dass man Tattoos sieht.» Bei Ruby sei das anders. «Das wollten wir mit der Kampagne auch zeigen.»
Von reinen Willkommensprämien hält Tourismusexperte Schmoll allerdings wenig. «Wenn einer wegen Geld kommt, geht er auch wieder wegen Geld.» Wichtiger seien weiche Faktoren wie Arbeitsbedingungen und Teamgeist. Und wie neue Mitarbeiter an ihrem Arbeitsort aufgenommen werden. «Man muss ihnen die Möglichkeit geben, nicht nur dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen, sondern auch dort zu leben», sagt Schmoll.
Vier-Tage-Woche eingeführt
Bewährt habe sich hier zuletzt auch die Vier-Tage-Woche bei gleicher Wochenarbeitszeit. Betriebe, die sie eingeführt haben, hätten seither keinen Arbeitskräftemangel mehr, berichtet Schmoll. «Das zieht noch, lässt sich aber nicht bei allen umsetzen.» Dass Service-Roboter einmal die Lücken schließen, kann er sich dagegen nur schwer vorstellen. «Wenn ich in Urlaub bin, brauche ich das Menschliche. Das wird man nicht durch Roboter ersetzen können.»
Hotelier Battenfeld ist dagegen überzeugt von seinem Konzept, das er nun auf alle zwölf Standorte seiner kleinen Hotelkette Lieblingsplatz ausrollen will. «Der Roboter soll den Menschen aber nicht ersetzen, sondern entlasten.» Auch das Haus in Grömitz sei trotz Robo-Koch und automatisiertem Check-in alles anderes als menschenleer. Zwar komme man bis zu einem Drittel weniger Personal aus. «Das war aber gar nicht das Hauptziel. Wir brauchen immer Leute, damit die Seele des Hauses nicht auf der Strecke bleibt.»
Zwölf Mitarbeiter gebe es in dem im Juli neu eröffneten Haus in Grömitz trotzdem, darunter auch ein Koch und zwei weitere Küchenkräfte. Nur, dass diese sich nun um Logistik und Qualitätskontrolle kümmern und nicht mehr den ganzen Tag selbst am Herd stehen. «Damit ändern wir das Jobprofil», hofft Battenfeld. «Und das macht den Job dann wieder interessant.»
Ein Traum wird für ihn aber bisweilen unerfüllt bleiben: «Mein Wunsch wäre ein Housekeeping-Roboter», sagt Battenfeld, der selbst Hotelfachmann gelernt hat. «Das ist ja wirklich ein harter Job.» Bisher sei es aber noch keinem Hersteller gelungen, einen Roboter zu entwickeln, der nicht nur saugt und wischt, sondern auch die Betten bezieht, das Bad putzt und den Müll herunterträgt. «Das wäre die eierlegende Wollmilchsau.»