Namensgebung auf Mond, Mars und Co.
Einstein, Bremerhaven und Poltergeist – das alles lässt sich im Weltall finden. Nicht nur Himmelskörper, sondern auch geologische und geografische Besonderheiten auf deren Oberflächen wie Krater, Gebirge oder Felsbrocken erhalten eigene Namen. Festgelegt werden diese von der Internationalen Astronomischen Union (IAU), einem Zusammenschluss von mehr als 10.000 professionellen Astronomen aus aller Welt.
«Die Benennung erfolgt, um die Orientierung zu verbessern und die Kommunikation zu erleichtern», sagt Michael Khan, Missionsanalytiker beim Europäischen Raumflugkontrollzentrum (Esoc), der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Dabei gibt es genaue Regeln. Kleine Strukturen auf Himmelskörpern von weniger als 100 Metern Ausdehnung müssen in den meisten Fällen von außergewöhnlichem wissenschaftlichem Interesse sein. Begriffe mit politischer, militärischer oder religiöser Bedeutung sind nicht erlaubt. Ausnahmen gelten aber etwa für Politiker nach ihrem Tod oder römische Götter. «Damit soll verhindert werden, dass sich im All irgendwelche Politiker selbst verewigen», erklärt Khan.
«Die Namen müssen allgemein aussprechbar sein»
Zudem müssen die Bezeichnungen eindeutig sein und auch in verschiedenen Sprachen problemlos verwendet werden können, um Irritationen zwischen den weltweiten Astronomen zu vermeiden. «Die Namen müssen allgemein aussprechbar sein», sagt Khan.
Vorschläge könne grundsätzlich jeder machen. «Zusammen mit einer Begründung kann man Namen bei der IAU einreichen, die diese dann in einer Kommission bewerten», erklärt Khan. Werden diese von der IAU akzeptiert, gelangen sie zusammen mit Lage, Entdeckungsdatum und einer kurzen Erklärung in ihre Datenbank.
Einige Himmelskörper werden nach Themenbereichen aufgeteilt. Auf dem Mars etwa sind die großen Krater nach berühmten Wissenschaftlern benannt (etwa Helmholtz, Kepler oder Wirtz), kleinere Krater nach bestehenden Städten. Für die Täler auf dem Merkur wiederum stehen verlassene Städte aus der Antike Pate.
Vorschlagsrecht für Objekte im All haben die Entdecker
Auf der Venus sind großteils weibliche Persönlichkeiten und Göttinnen verzeichnet. Krater auf dem Mond heißen wie Wissenschaftler oder Entdecker aus Astronomie, Planeten- oder Raumfahrtforschung. Regeln gelten auch für die dunklen Tiefebenen auf dem Mond, die aus erstarrter Lava entstanden sind – die sogenannten Maria (Plural von Mare): «Die Maria werden nach Gefühlsstimmungen oder nach meteorologischen Gegebenheiten benannt», erklärt Khan. Eines der bekanntesten ist das Mare Tranquillitatis, das Meer der Ruhe.
Genauso erhalten Asteroiden und Kometen sowie Strukturen auf deren Oberflächen eigene Bezeichnungen. Das Vorschlagsrecht für die Objekte im All haben dabei die Entdecker, oft verewigen sie sich selbst. Auf dem Kometen Tschurjumow-Gerassimenko (kurz: Tschuri) etwa, der die Namen seiner beiden Entdecker trägt, folgen weitere Termini den Göttern der ägyptischen Geschichte, etwa Anubis und Chepre.
Nicht alles im Weltall ist mit einem eigenen Begriff definiert
Im Internet bieten einige Anbieter den Kauf und die Benennung von Sternen an. «Das hat keinerlei bindende Wirkung und ist einfach ein bedrucktes Papier, das nichts aussagt», ordnet Khan ein. Die IAU sei die einzige Institution mit dem Recht, Himmelskörper zu benennen. Seit 2016 katalogisiert die Organisation Eigennamen von Sternen und führt derzeit mehr als 400 Sternnamen.
Um dem gestiegenen Interesse der Menschen an astronomischen Entdeckungen Rechnung zu tragen und eine breite Öffentlichkeit zu beteiligten, rief die IAU 2015 erstmals zu einem weltweiten Namenswettbewerb für einige Exoplaneten und deren Heimatsterne auf. Diese entfernten Himmelskörper außerhalb unseres Sonnensystems tragen üblicherweise nur Katalognummern. Im Wettbewerb setzten sich etwa Poltergeist, Galileo und Orbitar durch.
Aber nicht alles im Weltall ist mit einem eigenen Begriff definiert. «Es werden nur große und bleibende Strukturen benannt. Das ist bei den Gas-Eis-Riesen Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun schwierig», betont Khan im Kontrast zu den Gesteinsplaneten Merkur, Venus, Erde und Mars.
Auch auf dem Kometen Tschuri habe es während der Rosetta-Mission sich verändernde Bestandteile gegeben, die keine extra Bezeichnung erhielten, berichtet Holger Sierks, der für das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung an der Mission der Raumsonde beteiligt war.
Trotzdem ist ein Ende der Namenssuche im Universum nicht in Sicht. «Das Weltall wird immer weiter erforscht. Dabei wird immer mehr entdeckt, was benannt werden muss», sagt Khan. Erst kürzlich taufte die IAU in einem dritten öffentlichen Wettbewerb weitere Exoplaneten und Sterne, darunter Wouri, Puli und Su.