Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hat kurz vor einem EU-Sondergipfel zu milliardenschweren Finanzhilfen für die Ukraine seine Ablehnung der aktuellen Pläne bekräftigt und Bedingungen für eine Einigung genannt. Ungarn sei bereit, Teil einer Lösung zu sein, sagte er in einem Interview des französischen Magazins «Le Point». Voraussetzung sei allerdings, dass man jedes Jahr neu darüber entscheide, ob man weiter Geld schicken wolle oder nicht.
Vorwürfe, dass er die anderen EU-Staaten mit einem Veto erpressen wolle, wies Orban zurück und verwies dabei auch auf die im Juni anstehenden Europawahlen. Jetzt für die Ukraine 50 Milliarden Euro für den Zeitraum bis Ende 2027 fest zuzusagen, könnte den Bürgern seiner Meinung nach den Eindruck vermitteln, dass ihre Stimme keine Rolle spiele.
Möglicher Stopp von EU-Zahlungen an Ungarn
Orban kritisierte zudem eine Analyse von EU-Beamten zur Wirtschaftslage in Ungarn, die vor dem EU-Sondergipfel offensichtlich Druck auf Ungarn ausüben soll. In dem von der «Financial Times» enthüllten Dokument wird darauf hingewiesen, dass im Fall eines Scheiterns des Gipfels wegen Orban andere Staats- und Regierungschefs einen Stopp sämtlicher EU-Zahlungen an Ungarn ins Gespräch bringen könnten. Dies könne dann wiederum zu sinkenden ausländischen Investitionen und zu einem weiteren Anstieg der Finanzierungskosten des Staatsdefizits und einem Währungsverfall führen.
Orban bezeichnete das Dokument als einen Erpressungsversuch und warnte, dass Ungarn nicht erpresst werden könne. «Wir werden unsere Interessen verteidigen», schrieb er auf der Plattform X.
Über neue EU-Finanzhilfen für die Ukraine hätte eigentlich bereits beim EU-Gipfel im vergangenen Dezember entschieden werden sollen. Dort brauchte es allerdings einen Konsens und Orban verhinderte den Beschluss mit einem Veto. Er hatte zuvor mehrfach die Sinnhaftigkeit der Pläne infrage gestellt und in diesem Zusammenhang auch darauf verwiesen, dass die EU aus seiner Sicht zu Unrecht für sein Land vorgesehene Gelder aus dem Gemeinschaftshaushalt eingefroren hat.
Ob bei dem Gipfel am Donnerstag ein Kompromiss gefunden werden kann, ist unklar. EU-Staaten wie Deutschland und Polen haben nach Angaben von EU-Diplomaten zuletzt klar ausgeschlossen, dass Orban ein jährliches Überprüfungsrecht für die Ukraine-Hilfen eingeräumt wird.
EU-Ratspräsident Charles Michel ließ ankündigen, dass es bereits am Vorabend des Gipfels bei einem Essen informelle Gespräche geben solle. Zu diesen wurde auch Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet. Sollte dabei keine Lösung mit Ungarn gefunden werden, wollen die anderen EU-Staaten im 26er-Kreis - also ohne Ungarn - handeln.