Rechtspopulismus

Ringen mit dem AfD-Erfolg: Merz für klare Kante gegen Grüne

Nach dem AfD-Wahlsieg im thüringischen Sonneberg diskutieren andere Parteien über die richtigen Konsequenzen. Der CDU-Chef sucht weiter die Auseinandersetzung mit den Grünen - doch es gibt harte Kritik.

Ringen mit dem AfD-Erfolg: Merz für klare Kante gegen Grüne

Nach der Wahl des bundesweit ersten AfD-Landrats in Thüringen streiten die anderen Parteien über die Verantwortung für den aktuellen Höhenflug der Partei - und die nötigen Antworten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser forderte eine klare Abgrenzung und warnte davor, Sprache und Positionen der AfD zu übernehmen.

CDU-Chef Friedrich Merz kündigte eine noch stärkere Auseinandersetzung mit den Grünen an - diese seien auf absehbare Zeit «die Hauptgegner» in der Bundesregierung. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz entgegnete auf Twitter, wer sich die Feindbilder der AfD aneigne, um sie zu stoppen, «hat nichts verstanden und wird nur verlieren».

Thüringer AfD «gesichert rechtsextrem»

Im südthüringischen Kreis Sonneberg war am Sonntag erstmals in Deutschland ein AfD-Kandidat zum Landrat gewählt worden. Dies hatte die Debatte über den aktuellen Höhenflug der AfD auch in bundesweiten Umfragen weiter angefacht. Der Landes-Verfassungsschutz bewertet die Thüringer AfD als «gesichert rechtsextrem», bundesweit stuft der Verfassungsschutz die Partei als Verdachtsfall ein.

Reaktionen auf den AfD-Erfolg

Die CDU sieht die Schuld für den AfD-Wahlerfolg bei der Ampel-Regierung. «Die Grünen sind dafür verantwortlich, dass diese Polarisierung um die Energiepolitik, um die Umweltpolitik in Deutschland in dieser Weise entstanden ist», betonte Merz, der auch Unionsfraktionschef im Bundestag ist, in Rostock. «Für uns steht im Vordergrund in der Bundespolitik eine jetzt noch deutlichere und klarere Auseinandersetzung insbesondere - nicht nur, aber insbesondere - mit den Grünen in der Bundesregierung.» Merz kündigte an, deutlicher Alternativen zur Ampel-Regierung herauszuarbeiten.

Grünen-Chef Omid Nouripour hat angesichts der Wahl zu Einigkeit innerhalb der Koalition aufgerufen. Auf Bundesebene wirke die Ampel nach außen zu zerstritten, sagte Nouripour im ZDF-«Morgenmagazin». «Ich glaube, dass die Koalition sich die Frage stellen muss, was sie denn falsch gemacht hat, auch wir Grüne müssen das», sagte Nouripour.

An die CDU gewandt sagte der Grünen-Chef, dass sich auch die demokratische Opposition fragen müsse, was sie falsch gemacht habe. Diese Frage sollte sich der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz auch stellen. Die Wahl des AfD-Kandidaten zeige, dass nicht nur das Angebot der fünf Parteien besser werden müsse, sondern auch der Umgang miteinander.

Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht forderte ihre Partei auf, sich einer Mitverantwortung für das Umfragehoch der AfD zu stellen. Die Stärke einer Partei mit einem rechtsextremen Flügel sei ein Problem, sagte Wagenknecht der «Welt». «Aber anstatt sich darüber zu empören, sollten sich alle Parteien fragen, welche Verantwortung sie dafür tragen. Auch die Linke, die als einzige Oppositionspartei von der miesen Performance der Ampel überhaupt nicht profitiert.»

Linke: Merz stärkt rechten Rand

Der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan warf Merz vor, den rechten Rand zu stärken. Die AfD betreibe einen «Kulturkampf» von Rechtsaußen her, sagte er der «Bild». «Es ist fatal, wenn CDU und FDP auf diesen Zug aufspringen. Wer wie CDU-Chef Merz in braunen Gewässern fischt, stärkt den rechten Rand.» CDU-Generalsekretär Mario Czaja hielt in der Zeitung dagegen: «Wer in Ermangelung von Sachargumenten die CDU permanent in die rechte Ecke stellt, betreibt das schmutzige Spiel der AfD.»

Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner pochte auf Sacharbeit, um der AfD den Nährboden zu entziehen. «Real bestehende Probleme, die die Bürgerinnen und Bürger umtreiben, müssen sachlich angegangen und pragmatisch gelöst werden», sagte er der «Bild». Mit «dem lange überfälligen Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik», der «vernunftbasierten Einigung» beim Heizungsgesetz und einem «marktwirtschaftlichen Klimaschutzgesetz, das ohne drastische Freiheitseingriffe auskommt», beweise die Bundesregierung, dass sie Probleme löse. «Diese zielgerichtete Arbeit werden wir fortsetzen und so dafür sorgen, dass der AfD der Nährboden entzogen wird.»

Faeser: «Brandmauer nach rechts» muss stehen

Innenministerin Faeser mahnte in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, es dürfe «keinerlei Anbiederung und keinerlei Übernahme der politischen Positionen und der menschen- und demokratieverachtenden Sprache der AfD geben». Die AfD werde immer dann stark, «wenn in der Mitte der Gesellschaft rechte Themen hochgepeitscht und Begriffe und Positionen übernommen werden». Kein Demokrat dürfe Zweifel daran aufkommen lassen, dass «die Brandmauer nach rechts» stehe. «In Thüringen hat diese Brandmauer schon spätestens seit der kurzzeitigen Wahl eines Ministerpräsidenten mit Stimmen der AfD gewackelt. So verschieben sich Grenzen im politischen Spektrum, die nicht verschoben werden dürfen.»

2020 war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen von CDU, AfD und FDP zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt worden, nach großer öffentlicher Empörung aber kurz darauf wieder zurückgetreten.

Auch CDU-Generalsekretär Mario Czaja betonte die Abgrenzung zur AfD. «Natürlich steht die Brandmauer», sagte er im Deutschlandfunk. «Es gibt keine politische Zusammenarbeit unsererseits mit der AfD.» Alle Parteien im Kreistag von Sonneberg hätten nun aber die Herausforderung, mit dem neu gewählten Landrat im Gespräch sein zu müssen.

«Unser politischer Feind sind diejenigen, die Demokratie bekämpfen wollen, dazu gehört die AfD», sagte Czaja weiter. Er antwortete damit auf eine Frage nach der Aussage von Parteichef Friedrich Merz, dass die Grünen der «Hauptgegner» seien, und sagte weiter: «Unsere politischen Gegner sind im Parlament vor allem die Grünen.» Ihre Politik nehme die Bürger nicht mit. Namentlich nannte Czaja Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, dessen Ressort das viel diskutierte Heizungsgesetz federführend verantwortet.