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Salman Rushdie sieht die Welt «in keinem guten Zustand»

Die Sicherheitsvorkehrungen auf der Buchmesse waren enorm, aber Salman Rushdie wirkte entspannt und locker. Seine Friedenspreisrede am Sonntag wird mit Spannung erwartet.

Salman Rushdie sieht die Welt «in keinem guten Zustand»

Der britisch-indische Schriftsteller Salman Rushdie ist besorgt über die aktuelle politische Lage, will aber die Hoffnung nicht aufgeben. «Die Welt ist in keinem guten Zustand», sagte der 76-Jährige am Freitag auf der Frankfurter Buchmesse. «Aber unvernünftigerweise bleibe ich optimistisch.»

Rushdie wird am Sonntag zum Abschluss der Messe in der Paulskirche mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels geehrt. Er wird seit Jahrzehnten von radikalen Islamisten verfolgt und überlebte 2022 einen Anschlag nur knapp.

Die Ereignisse in Israel «erfüllen mich mit Horror», sagte Rushdie. «Ich bin entsetzt über die Anschläge der Hamas und ahne, was (Israels Regierungschef Benjamin) Netanjahu im Gegenzug machen wird.» Er hoffe, dass die Kämpfe möglichst bald eingestellt werden können. Es sei darüber hinaus weltweit «eine riskante Zeit für die Demokratie». Nicht nur in den USA verließen manche Parteien die demokratischen Pfade und entwickelten einen Personenkult. «Es sind düstere Zeiten.»

Rushdie: «Schreiben ist ein optimistischer Akt.»

Was dem Autor Hoffnung gibt, ist die Literatur. «Schreiben ist ein optimistischer Akt. Man geht davon aus, dass es später jemand liest», sagte Rushdie. «Literatur zeigt die Welt als einen reichen und komplexen Ort, was das Gegenteil einer engen, rigiden Weltsicht ist.» Sein neues Buch «Messer» soll im April 2024 erscheinen. Er habe es vor zehn Tagen beendet. Thema ist der Messerangriff in den USA, bei dem Rushdie ein Auge verlor. «Es war unmöglich, über etwas anderes zu schreiben, bevor ich mit diesem Thema durch bin.»

Die Pressekonferenz auf der Buchmesse war einer seiner ersten öffentlichen Auftritte nach dem Anschlag. «Ich bin froh hier zu sein, in einigermaßen vernünftiger Verfassung», sagte Rushdie, der sich unter strengen Sicherheitsvorkehrungen den Fragen der Journalisten stellte, dabei aber sehr entspannt wirkte und oft humorvoll antwortete. Der Angriff sei «eine ziemlich harte und scharfe Erinnerung» an die Fatwa gewesen. «Es war eine knappe Sache, ich bin froh, immer noch hier zu sein.» Er verdanke sein Überleben den Ärzten, die ihn achteinhalb Stunden lang operierten.

Der frühere Revolutionsführer Ayatollah Chomeini hatte 1989 wegen des Romans «Die satanischen Verse» zur Ermordung Rushdies aufgerufen und eine Kopfprämie auf ihn ausgesetzt. Seither lebe er in dem Bewusstsein, «dass diese Möglichkeit besteht», sagte Rushdie. Den Friedenspreis empfindet er nach eigenen Worten «als große Ehre», er fühle sich geehrt, auf der Liste der Preisträger mit so vielen Menschen zu stehen, die er bewundere. Sein einziger öffentlicher Termin auf der Frankfurter Buchmesse ist eine Literaturgala am Samstagabend.