Der Soziologe und Sozialphilosoph Oskar Negt ist nach langer Krankheit im Alter von 89 Jahren in Hannover gestorben. Negt sei nie nur ein Mann der Theorie gewesen, sondern habe immer wieder zu tagespolitischen Problemen und Konflikten Stellung genommen, teilte am Freitag der Göttinger Steidl Verlag mit, der seit 30 Jahren Negts Bücher veröffentlichte.
Als junger Wissenschaftler profilierte Negt sich als Wortführer der Studentenbewegung. Er studierte in Frankfurt am Main bei Max Horkheimer und promovierte bei Theodor W. Adorno in Philosophie. Von 1962 bis 1970 arbeitete er als Assistent von Jürgen Habermas. Von 1970 bis 2002 war er Professor für Soziologie an der Universität Hannover.
Bildung war ein Schwerpunkt des Soziologen. «Politische Erwachsenenbildung war ihm ein Herzensthema», teilte der Steidl Verlag mit. Unermüdlich habe Negt daran erinnert, dass «Demokratie die einzige Staatsform ist, die gelernt werden muss». 1972 gründete Negt in Hannover eine Reformschule, die bis heute existiert.
Politiker suchten seinen Rat
Auch Politiker suchten immer wieder den Rat des Soziologen, der sich selbst einmal als SPD-Sympathisant bezeichnete. Zu Negts 85. Geburtstag gratulierte ihm auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, früher ein Nachbar des Soziologieprofessors in Hannover.
Steinmeier bezeichnete Negt im Sommer 2019 als Persönlichkeit, «die philosophisches und soziologisches Denken und Schreiben mit politischem Engagement zu verbinden weiß». Am 1. August 2024 wäre Negt 90 Jahre alt geworden. «Wir trauern um einen Weggefährten und einen warmherzigen Freund», teilte der Verlag mit. Negt hinterlässt eine Frau und vier Kinder.