Jahreswechsel

Streit über großes Abfeuern: Mehrheit sieht Böller negativ

Deutschland - Land der Fans von Silvesterböllern und Raketen? Eine neue Umfrage kommt zu einem ganz anderen Bild.

Streit über großes Abfeuern: Mehrheit sieht Böller negativ

Das große Böllern und Raketenzünden zum Jahreswechsel sieht die Mehrheit der Menschen in Deutschland einer Umfrage zufolge negativ.

Entschiedene Gegner des Feuerwerks sind ein Drittel der Bundesbürger (34 Prozent), wie das Meinungsforschungsinstitut Yougov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur ermittelte. Weitere 19 Prozent sagten, dass sie Böller und Raketen «eher nicht» mögen. «Voll und ganz» für das traditionelle Silvesterfeuerwerk sind demnach 14 Prozent.

Am stärksten ist die Ablehnung von Silvesterfeuerwerk in der Gruppe der Menschen über 55 Jahren: 46 Prozent der Älteren mögen Böller und Raketen überhaupt nicht. Am beliebtesten ist die Knallerei in der Altersgruppe 35 bis 44. Männer mögen Böller und Feuerwerk in allen Altersgruppen mehr als Frauen, wie die repräsentative Befragung ergab.

«Bestimmt» haben lediglich 8 Prozent der Befragten vor, in diesem Jahr selbst Böller oder Feuerwerk zu zünden. Weitere 9 Prozent wollen das «wahrscheinlich» machen, 11 Prozent «vielleicht». Dass sie an Silvester bestimmt keine Feuerwerkskörper zünden wollen, sagen 55 Prozent der Befragten. Weitere 13 Prozent wollen dies «wahrscheinlich nicht» tun.

Hälfte gegen Böller in Händen von Laien

Genau die Hälfte der Befragten (50 Prozent) ist gegen Böller und Feuerwerk in privaten Händen. Für ein ausnahmsloses Verbot von Silvesterfeuerwerk in Deutschland plädiert ein Viertel (24 Prozent).

Dass es nur organisiertes Feuerwerk geben sollte, wie etwa auf der Feiermeile am Brandenburger Tor in Berlin, finden weitere 26 Prozent. Für privates Feuerwerk bei gleichzeitigen Böllerverbotszonen etwa in Altstädten - so wird es derzeit in etlichen Städten geregelt - sind 31 Prozent. Dass Böller und Feuerwerk an Silvester überall im Land ohne Ausnahmen erlaubt sein sollten, finden 14 Prozent.

Sorge vor Krawall mit Böllern

Polizisten ist das private Feuerwerk zunehmend ein Dorn im Auge. Nötig sei «eigentlich schon lange» ein bundesweites Verbot von privatem Feuerwerk verbunden mit einem Verkaufsverbot, sagt etwa der Berliner Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Stephan Weh. Zentrale Profi-Feuerwerke sollten die «Privatböllerei» in der Hauptstadt ersetzen.

Der Hintergrund: In der letzten Silvesternacht randalierten in mehreren Berliner Stadtteilen mit sozialen Brennpunkten junge Männer mit Böllern und Raketen. Dabei warfen und schossen sie auch Knallkörper auf Polizisten und Feuerwehrleute. Ähnliche Szenen spielten sich auch in anderen Großstädten ab.

Viele Feuerwehrleute berichteten, solche Angriffe in den Silvesternächten seien in vielen Städten «normal» geworden. Auch bei Demonstrationen im Zusammenhang mit dem Krieg in Nahost sowie bei Halloween-Ausschreitungen wurden zuletzt Böller auf Einsatzkräfte geworfen.

Die meisten feiern drinnen

Silvester feiern um Mitternacht auf der Straße inmitten von Böllern und Raketen - so macht das der Umfrage zufolge nur eine Minderheit in Deutschland (22 Prozent). 66 Prozent verbringen die Stunden des Jahreswechsels lieber innerhalb der eigenen vier Wände oder im Haus von Verwandten und Freunden. Weitere vier Prozent stoßen in einem Restaurant oder einer Bar aufs neue Jahr an.

Erschreckte Tiere, Müll, Verletzungsgefahr

Die Sorge, Haus- und Wildtiere zu erschrecken, spricht für 44 Prozent der Befragten mit am stärksten gegen Böller und Raketen. Den Müll auf den Straßen nennen 39 Prozent als eines ihrer drei stärksten Gegenargumente, die Verletzungsgefahr 30 Prozent.

Weitere häufig genannte Nachteile: die Belastung von Notfallmedizinern und die Feinstaubbelastung der Luft (je 27 Prozent) sowie die Belastung von Feuerwehr und Polizei (23 Prozent). «Für mich spricht nichts gegen Böllern und Feuerwerk an Silvester» sagen 7 Prozent.

«Angstbesetzter Abend» vs. «Lichtblick»

Insbesondere das Thema Feinstaubbelastung ist für das Umweltbundesamt Grund zur Sorge: Jährlich würden rund 2050 Tonnen Feinstaub durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern freigesetzt werden, hieß es auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. «Der größte Teil davon in der Silvesternacht. Diese Menge entspricht in etwa einem Prozent der gesamt freigesetzten Feinstaubmenge in Deutschland.» Das Einatmen von Feinstaub gefährde die menschliche Gesundheit – und zwar bei kurzfristig hoher wie auch bei langfristig erhöhter Belastung.

Das Umweltbundesamt spricht sich allerdings gegen ein generelles Verbot von Silvesterfeuerwerk aus, «da Traditionen und Bräuche Teil unseres Lebens sind und dies auch bleiben sollen.» Man rufe jedoch dazu auf, einen Beitrag zur Verminderung der Feinstaubbelastung und des Lärms in der Silvesternacht zu leisten.

Für ein Verbot hingegen ist die Deutsche Umwelthilfe. Es bedürfe eines umfassenden Verkaufs- und Verwendungsverbotes für Pyrotechnik, forderte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. «Die Bundesregierung muss hier eine klare Linie ziehen und nicht die Verantwortung auf die 11.000 Kommunen abwälzen.» Attacken gegenüber Einsatzkräften, Tiere in Todesangst, Müll und Gesundheitsgefährdung machten Silvester für viele zu keiner Feier, sondern einem «angstbesetzten Abend».

Der Bundesverband Pyrotechnik hält dagegen: «Insbesondere in Zeiten hoher Belastungen ist das Feuerwerk zum Jahreswechsel für viele Menschen von besonderem Wert. Feuerwerk bedeutet einen Lichtblick und markiert einen kurzen und besonderen Moment der Ausnahme vom Alltag» - so sehen es die Hersteller.