Stromplan der Netzagentur - Verbraucher können Geld sparen
Die lokalen Stromnetze sind für Massen von Elektroautos und Wärmepumpen noch nicht ausgelegt – deswegen sollen Netzbetreiber den Strombezug vorübergehend drosseln dürfen, um Stromausfälle zu verhindern. Das bedeutet für Verbraucher zum Beispiel: Das Laden eines E-Autos dauert länger. Ein am Freitag vorgestelltes neues Konzept der Bundesnetzagentur sieht aber auch vor: Verbraucher sollen über «variable Netzentgelte» die Möglichkeit bekommen, Geld zu sparen.
Netze noch nicht genügend ausgebaut
Der Stromverbrauch in Deutschland wird in den kommenden Jahren deutlich ansteigen. Denn im Verkehrsbereich sollen Millionen von E-Autos dazu beitragen, dass Klimaziele erreicht werden. In Häusern sollen Millionen Wärmepumpen eingebaut werden – im Zuge der Wärmewende, die durch das Heizungsgesetz seit Monaten in den Schlagzeilen steht.
Sogenannte steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie private Ladeeinrichtungen für E-Autos und Wärmepumpen aber haben eine höhere Leistung als die meisten der normalen Haushaltsgeräte, wie Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, sagte. Sie bräuchten zudem oftmals stärker gleichzeitig Strom. Darauf aber sei der größere Teil der Niederspannungsnetze aktuell noch nicht ausgelegt.
Die Bundesnetzagentur kann nach einer Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes Regelungen zur sogenannten «netzorientierten Steuerung» treffen. Die Behörde hatte dazu im vergangenen Herbst ein Eckpunkte-Papier veröffentlicht, das von Verbänden teils massiv kritisiert worden war – Verbände befürchteten «Komforteinbußen» etwa beim Laden von E-Autos.
Müller stellte nun einen überarbeiteten Entwurf vor, zu dem sich Verbände äußern können. Bis Herbst will die Behörde definitiv entscheiden, welche Vorgaben es von 2024 an gibt. «Wenn wir nicht handeln, dann droht ein Szenario, dass Wärmepumpen und Ladeeinrichtungen für E-Autos womöglich nur verzögert angeschlossen werden können oder sogar häufiger pauschal abgeschaltet werden müssen, um Netzstabilität zu gewährleisten», sagte Müller. Denkbar wäre das zum Beispiel, wenn viele Menschen mit E-Autos werktags zu einer bestimmten Zeit nach Hause kommen und das Auto laden wollen.
Wie eine Netzüberlastung verhindert werden soll
Die Bundesnetzagentur bleibt bei ihrer Grundlinie. Netzbetreiber dürfen den Anschluss neuer Anlagen künftig nicht mehr mit Verweis auf eine mögliche lokale Überlastung ihres Netzes ablehnen oder verzögern. Im Gegenzug aber soll der Netzbetreiber, wenn eine akute Bedrohung oder Überlastung des Netzes droht, den Strombezug von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen temporär dimmen, sagte Müller: «Nur Dimmen.» Es gehe nicht um vollständige Abschaltungen. «Wir gehen davon aus, dass Eingriffe des Netzbetreibers die zwingende Ausnahme bleiben», sagte Müller. «Sie sind nur als Ultima Ratio zulässig und sollen nur so weit möglich sein, wie es technisch notwendig ist.»
Was das Dimmen bedeutet
Einem ersten Entwurf der Bundesnetzagentur zufolge hätten zum Beispiel Wallboxen auf eine Leistung von 3,7 Kilowatt heruntergedrosselt werden können. Das hatte für Kritik gesorgt. Nach den neuen Vorschlägen solle nun sichergestellt sein, dass mindestens 4,2 Kilowatt zur Verfügung stehen, so die Bundesnetzagentur. «Damit können Wärmepumpen weiter betrieben und E-Autos in aller Regel in zwei Stunden für 50 Kilometer Strecke nachgeladen werden.»
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) verwies darauf, es gehe um eine kurzfristige Dimmung des Strombezugs an einem definierten Punkt, etwa der Wallbox. «Das E-Auto kann für eine gewisse Zeit weniger schnell laden, es lädt aber weiterhin. Der Haushalt selbst bleibt davon unberührt: Kühlschrank, Waschmaschine und Internet laufen weiter wie bisher.» Der Stadtwerkeverband VKU nannte die Steuerbarkeit im Bedarfsfall dringend notwendig. Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing sagte: «Damit gewinnen wir Zeit, um parallel zum Hochlauf von Wärmepumpen und Elektromobilität auch die Stromnetze effizient um- und auszubauen.»
Neue Anreize für Verbraucher
Die Bundesnetzagentur schlägt den Einstieg in ein Anreizsystem für Verbraucher vor, die ihren Strombezug verlagern können – Verbraucher sollen also belohnt werden, wenn sie ihr E-Auto dann aufladen, wenn viel Strom im Netz ist. Das könnte die Stromnetze entlasten. Nach dem Plan der Bundesnetzagentur soll der Netzbetreiber dem Verbraucher ein «zeitvariables Netzentgelt» als Option anbieten – in Verbindung mit einem pauschalen Rabatt. Dieser kann laut Behörde je nach Netzgebiet
zwischen 110 und 190 Euro im Jahr betragen.
Mit den variablen Entgelten geht die Bundesnetzagentur auf Vorschläge etwa des Verbands der Automobilindustrie (VDA) und der Verbraucherzentrale Bundesverband ein. Geplant seien mehrere Zeitfenster mit drei Preisstufen der örtlich geltenden Netzentgelte. Die Zeitfenster und Preisstufen sollen kalenderjährlich festgelegt werden. Gesetzliche Änderungen seien nicht nötig, so Müller
VDA-Präsidentin Hildegard Müller begrüßte das Konzept: Ohne die ergänzende Einführung zeitvariabler Netzentgelte hätten zu häufige direkte Steuerungseingriffe des Netzbetreibers gedroht. «Diese Gefahr für die Kundenakzeptanz und somit für die Elektromobilität in Deutschland ist damit abgewendet.»
BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae sagte, anhand bestehender Daten könnten Zeitfenster benannt werden, in denen in den vergangenen Jahren der Stromverbrauch besonders hoch oder besonders niedrig gewesen sei. «Auf dieser Basis kann der Stromnetzbetreiber die Netzentgelte für bestimmte Zeitfenster günstiger machen.» Damit entstehe ein wirtschaftlicher Anreiz, einen Teil des Verbrauchs freiwillig aus Hochlastzeiten in Niedriglastzeiten zu verlagern. «Also beispielsweise das E-Auto nicht um 18 Uhr, sondern um 21 Uhr zu laden.»