Justiz

Stunde der Wahrheit: Kevin Spacey in London vor Gericht

Mehrere Männer werfen Schauspieler Kevin Spacey sexuelle Übergriffe vor. Der frühere Hollywood-Star gibt sich aber überzeugt, dass er bei dem Prozess in London seine Unschuld beweisen kann.

Stunde der Wahrheit: Kevin Spacey in London vor Gericht

Hollywood-Star Kevin Spacey ist zu einem Prozess um Missbrauchsvorwürfe gegen ihn in London eingetroffen. Der US-Schauspieler erschien am Mittwochmorgen vor dem Southwark Crown Court. Fotos zeigten Spacey lächelnd, als er aus einem Auto stieg.

Dem 63 Jahre alten zweifachen Oscar-Gewinner («American Beauty», «Die üblichen Verdächtigen») werden sexuelle Straftaten gegen vier Männer vorgeworfen. Der frühere Star der Netflix-Serie «House of Cards» plädierte in allen Fällen auf unschuldig und machte deutlich, dass er den Prozess als Gelegenheit betrachtet, seinen Namen reinzuwaschen. Wird er schuldig gesprochen, könnte ihm eine Haftstrafe drohen.

Die ihm zur Last gelegten Sexualdelikte reichen von Belästigung bis hin zu Nötigung zum Geschlechtsverkehr und sollen sich zwischen 2001 und 2013 in London sowie in der Grafschaft Gloucestershire ereignet haben. Spacey, der von 2004 bis 2015 künstlerischer Direktor am renommierten Londoner Theater Old Vic war, wird zum Prozessauftakt am Vormittag im Southwark Crown Court erwartet. Für die Verhandlung ist eine Dauer von vier Wochen angesetzt.

Spacey gewann Zivilprozess in den USA

Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Schauspieler wegen angeblichen sexuellen Fehlverhaltens vor Gericht verantworten muss. Im vergangenen Jahr musste er sich einem Zivilprozess in den USA stellen. Der Schauspieler Anthony Rapp hatte Spacey vorgeworfen, im Jahr 1986 bei einer Party sexuell übergriffig geworden zu sein und ihn verletzt zu haben. Er forderte 40 Millionen Dollar Schadenersatz. Doch Spacey gewann den Prozess. Zwei weitere Zivilklagen in den USA wurden zurückgezogen.

Schuldig oder nicht, Spaceys Schauspielkarriere war mit Aufkommen der Vorwürfe vorläufig beendet. Die 2017 im Zuge der MeToo-Debatte erstmals mit Nachdruck öffentlich gemachten Vorwürfe Rapps zogen viele weitere Anschuldigungen nach sich und brachten Spaceys damals erfolgreiche Karriere ins Wanken. Netflix beendete die Zusammenarbeit zur Erfolgsserie «House of Cards» und verklagte ihn auf Schadenersatz, nachdem Beschwerden von Mitarbeitern am Set über ihn aufgekommen waren. Das Old Vic distanzierte sich ebenfalls von Spacey - auch dort waren Vorwürfe laut geworden. Szenen mit ihm in dem Thriller «All The Money in the World» (Alles Geld der Welt) wurden sogar nachträglich entfernt.

«In einem gewissen Maße war ich ein Arschloch»

Lange Zeit sehr medienscheu, öffnete sich Spacey dem «Zeit»-Magazin, das Mitte Juni einen ausführlichen Bericht über mehrere Gespräche mit dem früher so populären Hollywood-Star veröffentlichte. Die «Zeit»-Autorin besuchte Spacey zuhause in Baltimore, bei einer Preisverleihung in Turin und an einem Filmset in London, wo er an einem Low-Budget-Film mitwirkte - eine von wenigen Rollen, die er nach Aufkommen der Vorwürfe bekommen hatte.

Spacey zeigte sich darin nachdenklich wegen seines Auftretens gegenüber anderen in der Vergangenheit. «Ich glaube, ich habe wirklich sehr versucht, kein Arschloch zu sein. Aber ich denke, in einem gewissen Maße war ich ein Arschloch», sagte er dem Magazin im Hinblick auf seinen Umgang als Star mit anderen Menschen. Zu den Vorwürfen, die in London gegen ihn vorgebracht wurden, äußerte er sich nicht.

Im Bezug auf den Prozess in London zeigte er sich zuversichtlich, dass die Vorwürfe in sich zusammen fallen werden. Das sei bei der Rapp-Klage so gewesen und werde auch jetzt wieder so sein, gab sich Spacey überzeugt. Sein Image in den Medien werde er aber wohl nicht mehr reparieren können. Trotzdem hoffe er darauf, dass nach einem Freispruch in London auch wieder Aufträge aus Hollywood kommen werden. In zehn Jahren, so Spacey, werde das alles vergessen sein. Sein Werk werde ihn überdauern, daran werde man sich erinnern.