Tarifgespräche gescheitert - EVG berät über Streik
Im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn berät die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) heute in Berlin über das weitere Vorgehen. Die Tarifkommission hatte die Verhandlungen mit dem bundeseigenen Konzern gestern Abend für gescheitert erklärt. Nun ist der EVG-Bundesvorstand am Zug: Er könnte einen unbefristeten Streik einleiten oder ein Schlichtungsverfahren vorschlagen.
Die EVG begründete den Abbruch der Verhandlungen damit, dass die von der Bahn angebotene Lohnerhöhung zu niedrig sei und zu spät komme. Die dabei vorgesehene Vertragslaufzeit von 27 Monaten sei «deutlich zu lang», hieß es von der Tarifkommission.
«Was jetzt passiert, ist unglaublich»
Die Bahn reagierte mit Unverständnis auf die Entscheidung, die Verhandlungen abzubrechen. «Die EVG wirft einen fast fertigen Abschluss weg und setzt kurz vor dem Ziel alles auf Null», sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler laut einer Mitteilung. «Eine Einigung war zum Greifen nah, 140 Seiten Tariftext sind bereits fertig. Was jetzt passiert, ist unglaublich.»
Die Bahnmitarbeiter und die Fahrgäste seien die Leidtragenden. «Die Sommerferien stehen unmittelbar vor der Tür, die Reisenden wollen planen. Und unsere Mitarbeitenden wollen endlich mehr Geld», fügte Seiler hinzu.
Der Tarifkonflikt dauert seit Ende Februar an. Die EVG ging mit dem Ziel einer Festbetragserhöhung von mindestens 650 Euro im Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen in die Gespräche. Die Laufzeit sollte nach ihren Vorstellungen ein Jahr betragen.
Parallele Verhandlungen
Die Bahn hat nach eigenen Angaben zuletzt einen hohen Festbetrag, 2850 Euro Inflationsausgleichsprämie und weitreichende strukturelle Verbesserungen bei 27 Monaten Laufzeit des Tarifvertrags in Aussicht gestellt. Die Details nannte sie nicht.
Verhandelt wurde parallel mit Dutzenden Bahnunternehmen, für insgesamt rund 230.000 Beschäftigte, 180.000 davon sind bei der Deutschen Bahn angestellt. Die Gewerkschaft kämpfte mit zwei Warnstreiks für ihre Ziele: Im März legte sie den Zugverkehr für 24 Stunden quasi komplett lahm, im April an einem Freitagvormittag für acht Stunden.
Zu Beginn der laufenden Woche überraschte die EVG dann mit Abschlüssen bei anderen Bahnbetreibern, bei denen Lohnerhöhungen von 420 Euro in mehreren Stufen, eine Laufzeit von meist 21 Monaten und 1000 bis 1400 Euro Inflationsausgleichsprämie vereinbart wurden.