Tarifverhandlungen

Tarifkonflikt zwischen Bahn und EVG schwelt weiter

Vom Marathon zum Krimi: Nach fünf Verhandlungstagen in Folge lässt die EVG die Bahn-Vertreter nun wegen interner Beratungen zunächst lange warten. Auch Bahnfahrer bleiben vor den Ferien im Ungewissen.

Tarifkonflikt zwischen Bahn und EVG schwelt weiter

Der Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn dauert an. Die Gewerkschaft EVG hat heute innerhalb ihrer Tarifkommission stundenlang über das weitere Vorgehen beraten. Der Verhandlungsbeginn mit den DB-Vertretern im Gebäude der IG Metall in Berlin-Kreuzberg verzögerte sich dadurch immer weiter.

EVG-Chef Martin Burkert betonte im Interview mit «t-online», dass der Bundesvorstand der Gewerkschaft diese Woche ebenfalls ein Wort mitreden wolle. Dieses «oberste Gremium» werde morgen «über das weitere Vorgehen inklusive etwaiger Streiks» entscheiden. «Der schwierigste Punkt ist nach wie vor die Laufzeit, also in welchem zeitlichen Rahmen Gehaltserhöhungen erfolgen sollen», sagte er.

Bis zum späten Nachmittag blieb somit völlig offen, ob der Konflikt beigelegt werden kann oder weitere Arbeitsniederlegungen bei der Bahn im Sommer drohen. In Nordrhein-Westfalen beginnen morgen die Sommerferien – Zugausfälle durch womöglich unbefristete Streiks würden also nun besonders viele Urlauber treffen, Pendler sowieso.

Tarifkonflikt seit Ende Februar

Der Tarifkonflikt dauert seit Ende Februar an. Die EVG ging mit dem Ziel einer Festbetragserhöhung von mindestens 650 Euro im Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen in die Gespräche. Die Laufzeit soll nach ihren Vorstellungen ein Jahr betragen. Verhandelt wurde parallel mit Dutzenden Bahnunternehmen, die Forderungen waren dabei im Kern stets gleich.

Die Deutsche Bahn (DB) hatte Ende Mai bei einer Laufzeit von zwei Jahren zwölf Prozent mehr in mehreren Stufen bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollen die mittleren Gruppen bekommen und acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe soll demnach noch in diesem Jahr anstehen. Hinzu käme eine Inflationsausgleichsprämie in mehreren Zahlungen von insgesamt 2850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ausfällt.

Die Gewerkschaft kämpfte seit Beginn der Verhandlungen im Februar mit bisher zwei Warnstreiks für ihre Ziele. Im März legte sie so den Zugverkehr für 24 Stunden quasi komplett lahm, im April an einem Freitagvormittag für acht Stunden. Gewerkschaftschef Burkert sagte «t-online», der Tarifkonflikt und die Warnstreiks hätten die Gewerkschaft wachsen lassen: «Wir haben aktuell bereits 6500 neue Mitglieder gewonnen, das sind 2500 mehr als im vergangenen Jahr.»

Verhandlungen bis in die frühen Morgenstunden

In der vergangenen Woche verhandelten die Vertreter von DB und EVG an fünf Tagen in Folge – teils bis in die frühen Morgenstunden über eine Lösung. Am späten Freitagabend vertagten sie sich dann auf die nun laufende Woche, weil sich die EVG mit ihren Entscheidergremien beraten wollte. Gemeint war damit vor allem die große Tarifkommission mit Dutzenden Ehrenamtlichen, die am vergangenen Freitag nicht mehr bei den Verhandlungen dabei waren. Die EVG verhandelt seit Beginn der Gespräche meist mit einem Kernteam von etwas mehr als zehn Leuten, für finale Beschlüsse wird aber die große Tarifkommission benötigt.

Zu Beginn der laufenden Woche überraschte die EVG mit Abschlüssen bei den Privatbahnen, bei denen Lohnerhöhungen von 420 Euro in mehreren Stufen, eine Laufzeit von meist 21 Monaten und 1000 bis 1400 Euro Inflationsausgleichsprämie im Mittelpunkt stehen. Damit seien Maßstäbe auch für die Gespräche mit der DB gesetzt worden, hieß es. In der Branche war zuletzt davon ausgegangen worden, dass die privaten Bahnen auf den Abschluss beim Marktführer DB warten würden.

Ob 420 Euro Festbetragserhöhung und 21 Monate Laufzeit auch bei dem bundeseigenen Konzern denkbar sind, blieb offen – die Deutsche Bahn reagierte öffentlich nicht auf die Abschlüsse bei der Konkurrenz.