Tief «Lambert» zieht nach Unwetter-Nacht nach Osten ab
Blitze, Sturm, Hagel: Mit Tief «Lambert» sind Unwetter über weite Teile Deutschlands gezogen. Bäume kippten um, Straßen waren überflutet, Keller liefen voll. Der Verkehr auf Straßen, Schienen und in der Luft war teils beeinträchtigt. Insgesamt verlief die Unwetter-Nacht nach bisherigen Informationen aber eher glimpflich.
In Oberfranken verursachte eine Schlammlawine allerdings eine Vollsperrung der Autobahn 9. Wie die Polizei mitteilte, war die Fahrbahn in der Nacht zu Freitag bei Marktschorgast mehrere 100 Meter bis zu 10 Zentimeter hoch mit Schlamm und Schotter bedeckt. Die Autobahn wurde vorübergehend gesperrt. Es bildete sich ein 16 Kilometer langer Stau, in dem es zu mehreren kleinen Auffahrunfällen kam.
Am Freitagvormittag waren keine amtlichen Unwetterwarnungen mehr in Kraft. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) erwartete für Freitag im Norden und Osten Deutschlands jedoch noch gebietsweise Starkregen sowie im Osten und an den Alpen einzelne Gewitter. Das Gewittertief ziehe nach Polen ab, in der Nacht zum Samstag klinge der Regen auch im Südosten und Osten ab.
Zugverkehr noch beeinträchtigt
Der Zugverkehr bleibt heute in einzelnen Teilen Deutschlands weiter beeinträchtigt. Mehrere Streckensperrungen seien inzwischen aber wieder aufgehoben worden, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn am Freitagvormittag. Das gilt etwa zwischen Berlin und Hamburg. Die Strecke ist zurzeit zumindest eingleisig befahrbar. «Es kommt zu Verspätungen von etwa 20 Minuten.» Zuvor waren die Züge über Stendal umgeleitet worden.
Auch die am Morgen noch gesperrte Strecke Kassel-Göttingen kann nach Angaben der Deutschen Bahn eingleisig befahren werden. Einzelne ICE- und IC-Züge müssten zwischen Göttingen und Fulda allerdings umgeleitet werden. «Der Halt in Kassel-Wilhelmshöhe entfällt dann. Es kommt zu Verspätungen von etwa 30 Minuten», so die Bahnsprecherin.
Darüber hinaus gebe es vereinzelt weiterhin regionale Auswirkungen auf den Zugverkehr durch das Unwetter in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Neben der an Freitagen ohnehin höheren Zahl an Reisenden rechnet die Deutsche Bahn mit zusätzlichen Fahrgästen. Aus diesem Grund würden die Kapazitäten erhöht.
Flüge gestrichen
Auch am Flughafen München wurden noch bis Mittag Verzögerungen erwartet. Nach Auskunft eines Flughafen-Sprechers konnten zwischen Donnerstag 19.00 Uhr und Freitag 2.00 Uhr etwa 20 Flüge nicht in München landen und wurden auf umliegende Flughäfen verteilt. 60 Flüge wurden annulliert. Auch an den Flughäfen in Frankfurt und Düsseldorf hatte es am Donnerstag einige Annullierungen gegeben. In Düsseldorf traf das Unwetter die Flugreisenden ausgerechnet am ersten Tag der Sommerferien in Nordrhein-Westfalen.
Allein in Düsseldorfs Nachbarstadt Duisburg gab es nach Angaben der Feuerwehr mindestens 420 Einsätze. Mehrere Menschen mussten aus Fahrzeugen gerettet werden, die auf überschwemmten Straßen feststeckten. Einige Straßen im Stadtgebiet waren wegen Überflutung nicht mehr befahrbar. In der Ruhrgebietsstadt Oberhausen berichtete die Feuerwehr von einem wetterbedingten Unfall auf der A42: Demnach schleuderte dort ein Taxi in die Leitplanke, der Fahrer blieb unverletzt.
Landesweit gab es in Nordhrein-Westfalen mehr als 2500 Unwetter-Einsätze. Das Land kam trotzdem vergleichsweise glimpflich davon. «Bis zum jetzigen Zeitpunkt kann man glücklicherweise sagen, dass es zu keinen außergewöhnlich großen Schadensereignissen gekommen ist», bilanzierte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Freitag in Düsseldorf.
Mehrere Bundesländer im Westen, der Mitte und Nordosten waren von dem Unwetter am Donnerstag betroffen, das bis zum Freitag über Deutschland zog. In den sozialen Netzwerken wurden vielfach Videos und Bilder von überfluteten Straßen und umgestürzten Bäumen geteilt. Hunderte Einsätze zählte auch die Feuerwehr der niedersächsischen Stadt Braunschweig. Videos zeigten, wie Straßen unter Wasser standen und auch Geschäfte geflutet wurden. Straßenbahnen und Autos steckten fest. Ähnliche Aufnahmen gab es auch aus der hessischen Stadt Kassel.
Viel Arbeit für die Feuerwehr
Der Feuerwehr brachte die Wetterlage viele Einsätze. So mussten etwa vollgelaufene Keller leer gepumpt werden. Im Kreis Neuwied in Rheinland-Pfalz stürzte ein Baum auf ein fahrendes Auto. «Bei einem anderen Einsatz mussten Personen aus ihrem Pkw in einer vollgelaufenen Unterführung gerettet werden», teilte der Brand- und Katastrophenschutz des Landkreises mit.
Im Frankfurter Vorort Sindlingen wurden mehrere Autos durch umgestürzte Bäume schwer beschädigt. «Die Leute haben ein Riesenglück gehabt», sagte ein Feuerwehrsprecher angesichts der regelrecht platt gedrückten Fahrzeuge in einem Wohngebiet. Zahlreiche Bäume stürzten auch in Hattersheim am Main auf Häuser und Autos, laut Feuerwehr bestand hier Tornado-Verdacht. Die Einsatzkräfte rückten zu 94 Einsätzen aus.
Der Landkreis Harz meldete insgesamt 228 Unwetter-Einsätze. «Die Anrufe gingen nahezu minütlich ein. Vor allem Starkregen und Hagel haben die Einsatzkräfte der Feuerwehren in Atem gehalten», berichtete Christian Wenig, Leiter der Integrierten Rettungsleitstelle. Unfälle und Verletzte habe es aber nicht gegeben. In Havelberg bei Stendal schlug ein Blitz in ein Haus ein und setzte den Dachstuhl in Brand, wie die Polizei mitteilte. Der Schaden beträgt rund 50.000 Euro.
Vielerorts wurden auch Veranstaltungen im Freien abgesagt – etwa ein Konzert des britischen Sängers Sting im niedersächsischen Lingen.
Nach Einschätzung der Versicherer verursachten die Unwetter keine allzu großen Schäden. «Seriöse Schadenschätzungen sind erst Anfang nächster Woche zu erwarten. Unser erster Eindruck ist, dass die Schäden sich im Rahmen halten, auch wenn es sicherlich lokale Unterschiede gibt», sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, Jörg Asmussen, laut Mitteilung.