Polizeigewalt

Tödliche Verkehrskontrolle: Wieder Protest in Frankreich

Frankreich kommt nach dem Tod eines Jugendlichen bei einer Polizeikontrolle nicht zur Ruhe. In der zweiten Nacht in Folge kommt es zu schweren Krawallen. Die Polizei meldet 150 Festnahmen.

Tödliche Verkehrskontrolle: Wieder Protest in Frankreich

Nach einem tödlichen Schuss eines Polizisten auf einen 17-Jährigen bei einer Verkehrskontrolle bei Paris ist es in der Nacht in der Hauptstadt und weiteren französischen Städten erneut zu heftigen Krawallen gekommen.

Es hat 150 Festnahmen gegeben. «Eine Nacht unerträglicher Gewalt gegen Symbole der Republik: Rathäuser, Schulen und Polizeistationen wurden angezündet oder angegriffen», teilte Innenminister Gérald Darmanin mit. «150 Festnahmen. Unterstützung für die Polizisten, Gendarmen und Feuerwehrleute, die mutig im Einsatz waren.»

Im Großraum Paris und zahlreichen weiteren französischen Städten hatten Randalierer in der Nacht Fahrzeuge und Mülltonnen in Brand gesetzt. Polizisten und Gebäude wurden mit Feuerwerkskörpern angegriffen.

Unter anderem in Lille, Nantes, Toulouse und Lyon versammelten sich Menschen, um zu protestieren, berichteten die Zeitung «Le Figaro» und der Sender BFMTV. Mülltonnen, Autos, ein Bus und ein Lastwagen, Baumaschinen und selbst eine Pariser Straßenbahn wurden in Brand gesetzt. Die Polizei sprach von einer angespannten, aber kontrollierten Lage.

Polizei mobilisiert Beamte und Drohnen

Alleine in Nanterre, wo der jugendliche Autofahrer am Dienstagmorgen gestorben war, wurden 2000 Beamte mobilisiert, um erneute heftige Ausschreitungen wie am Vorabend zu verhindern. Die Polizei setzte auch Drohnen ein. Eine Grundschule ging in Flammen auf. Auch die Haftanstalt in Fresnes bei Paris wurde mit Feuerwerkskörpern angegriffen. Die Pariser Feuerwehr rief die Bevölkerung auf, den Notruf angesichts der Lage nur in dringenden Fällen zu nutzen.

Im südfranzösischen Nizza wurden zwei Polizeiwachen und Streifenwagen mit explodierenden Feuerwerkskörpern angegriffen. Randalierer errichteten Barrikaden und legten Feuer. In Mons-en-Baroeul bei Lille in Nordfrankreich verwüsteten Vermummte ein Bürgermeisteramt, im nahen Roubaix wurde eine Polizeiwache angegriffen.

Ermittlungen wegen Totschlagsverdacht

Eine Motorradstreife hatte den Jugendlichen am Dienstagmorgen am Steuer eines Autos in Nanterre bei Paris gestoppt. Als der junge Mann plötzlich anfuhr, fiel der tödliche Schuss aus der Dienstwaffe des Polizisten. Dieser befindet sich weiterhin im Polizeigewahrsam. Gegen ihn wird wegen Totschlagsverdacht ermittelt. Dem 38-Jährigen droht die Suspendierung. Heute ist in Nanterre ein Trauermarsch im Gedenken an den getöteten Jugendlichen geplant.

Zunächst hatten die beiden an der Kontrolle beteiligten Polizisten laut dem Sender France Info ausgesagt, der Jugendliche habe sie überfahren wollen. Erst als sich von dem Sender verifizierte Videobilder des Vorfalls in den Sozialen Netzwerken verbreiteten, rückten sie von dieser Darstellung und der angeblichen Tötungsabsicht des Jugendlichen ab.

Tödlicher Schuss in die Brust

Das Video zeigt, wie der Beamte seine Waffe bei der Kontrolle auf Höhe der Fahrertür in das stehende Auto richtete. Die Situation scheint unter Kontrolle, hektische Bewegungen sind nicht zu erkennen. Als der 17-Jährige plötzlich losfährt, feuert der Beamte aus nächster Nähe auf den Jugendlichen und trifft ihn tödlich in die Brust. Das Auto fuhr dann noch einige Meter weiter und rammte eine Straßenabsperrung.

Präsident Emmanuel Macron reagierte mit Mitgefühl und klaren Worten auf den Tod des 17-Jährigen. «Wir haben einen Jugendlichen, der getötet wurde, das ist nicht zu erklären und nicht zu entschuldigen.»