Nach der US-Wahl

Trump, der Allmächtige?

In seinen ersten Regierungsjahren richtete Donald Trump riesiges Chaos an. In seine zweite Runde im Weißen Haus geht er mit deutlich mehr Macht - und kaum Gegengewichten. Eine explosive Mischung.

Es läuft für Donald Trump. Nach seinem Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl haben sich seine Republikaner neben der Kontrolle über den Senat auch die Mehrheit im Repräsentantenhaus gesichert. Das heißt, der designierte Präsident hat künftig leichtes Spiel im Kongress. Aber längst nicht nur da geht er gestärkt in seine zweite Amtszeit. Trump zieht auf allen Ebenen weit mächtiger ins Weiße Haus ein als 2017. Und: Er hat schon damals bewiesen, dass er einen Hang dazu hat, die Grenzen seiner Befugnisse bis zum Maximum auszureizen - oder darüber hinauszugehen. Das lässt Böses erahnen. 

Kein Gegengewicht im Parlament

Die Kontrolle der Republikaner über beide Kongresskammern verschafft Trump politisch viel Handlungsspielraum. Damit kann er Gesetzesvorhaben einfacher durch das Parlament bringen - ohne größere Gegenwehr der Demokraten, die bislang noch eine hauchdünne Mehrheit im Senat hatten. Es bleiben zwar die üblichen parlamentarischen Hürden, etwa die Tatsache, dass im Senat eine größere Mehrheit nötig ist, um viele Gesetzesvorhaben überhaupt zur Abstimmung zu stellen. Doch Trump bleibt eine generelle Blockadefront im Parlament erspart. Auch die Bestätigung von Regierungsbeamten und Richtern kann er im Senat schneller vorantreiben, was die Umsetzung seiner Agenda erheblich erleichtert. 

In diesen Genuss kamen schon viele Präsidenten vor Trump - auch er selbst zum Amtsantritt 2017. Doch der Republikaner ist seitdem extremer geworden, und ungenierter. Trotz seiner republikanischen Mehrheit im Senat macht er unverhohlen Druck auf seine Partei, das aufwendige Bestätigungsverfahren von Kabinettsmitgliedern in der Kammer durch eine Ausnahmeregelung zu umgehen. Das zeigt, was Trump von Gewaltenteilung hält. 

Immun gegen Strafverfolgung im Präsidentenamt?

Der oberste US-Gerichtshof entschied Anfang Juli mit seiner rechtskonservativen Mehrheit, dass der Präsident für gewisse Amtshandlungen Immunität genießt. Die historische Entscheidung kam als Folge einer Anklage gegen ihn wegen Wahlbetrugs zustande. Der künftige Präsident hat damit zwar keinen kompletten Blankoscheck für jegliches Fehlverhalten bekommen, aber es gibt ihm gefährlichen Spielraum. 

Und Trump hat in seiner ersten Amtszeit klargemacht, dass er einer ist, der jeden vorhandenen Spielraum ausnutzt. Damals wurden gleich zwei Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eingeleitet. Das hatte es noch nie zuvor in der US-Geschichte gegeben. Das eine Mal wurde ihm Machtmissbrauch vorgeworfen, das andere Mal «Anstiftung zum Aufstand». Mit der Entscheidung des Supreme Courts im Rücken kann er seine zweite Amtszeit nun mit deutlich weniger Sorge vor Strafverfolgung angehen. 

Konservative Richter auf Schlüsselposten 

Während seiner ersten Amtszeit hat Trump mit der Besetzung mehrerer Richterposten am Supreme Court dafür gesorgt, dass das oberste US-Gericht weit nach rechts gerückt ist. Die letzte Personalie setzte er kurz vor seinem Abschied aus dem Amt durch. Seitdem kippte das Gericht - lange nach Trumps Abschied aus dem Weißen Haus - zwar unter anderem das allgemeine Recht auf Abtreibung, was ihm politisch sehr nützte. Während seiner neuen Amtszeit kann Trump aber erst so richtig ernten, was er am Supreme Court gesät hat. 

Trump installierte damals auch auf unteren Instanzen viele neue Richter, was ihm bei seinen persönlichen juristischen Problemen bereits half. Eine von ihm eingesetzte Bundesrichterin in Florida etwa stellte das Strafverfahren gegen ihn wegen seines Umgangs mit streng geheimen Regierungsunterlagen ein. Der Einfluss wohlgesonnener Richter könnte sich in Zukunft auch und gerade in Fällen auszahlen, in denen politische Gegner Trumps Vorhaben auf juristischem Wege anfechten. Dieses Schicksal ereilt jeden Präsidenten.

Ein politisch extrem starkes Mandat

Umfragen hatten ein extrem knappes Rennen zwischen Trump und seiner demokratischen Kontrahentin Kamala Harris vorhergesagt - und eine lange Zitterpartie bei der Auszählung. Stattdessen stand Trump noch in der Wahlnacht als klarer Sieger fest. Er gewann in allen sieben «Swing States», die politisch besonders umkämpft waren. Und er ist voraussichtlich der erste republikanische Wahlsieger seit 2004, der sich neben der Mehrheit der Wahlleute auch die Mehrheit der landesweit abgegeben Stimmen sicherte - im US-Wahlsystem ist das keine Selbstverständlichkeit. Bei seinem ersten Wahlsieg 2016 war Trump das nicht gelungen.

Daraus folgt ein starker politischer Auftrag. «Amerika hat uns ein beispielloses und mächtiges Mandat erteilt», triumphierte Trump noch in der Wahlnacht. Die Mehrheit der Bevölkerung hat unmissverständlich klargemacht, dass sie den Republikaner - einen verurteilten Straftäter, einen skandalumwobenen Mann und den wohl umstrittensten lebenden Politiker weltweit - im höchsten Staatsamt haben wollen. Ein solcher Ausdruck von Rückhalt - trotz aller Eklats, trotz der Attacke seiner Anhänger auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 und trotz mehrerer Anklagen in Strafverfahren - verleiht ihm auch politisch mehr Macht als vor acht Jahren. 

Eine Partei auf Linie

Trump dominiert die Republikaner wie nie zuvor. Er hat Widersacher systematisch aus dem Weg geräumt - sowohl im Kongress als auch im Parteiapparat. Interne Kritiker sitzen nicht mehr im Repräsentantenhaus. Die republikanische Fraktion in der Kammer ist seit Trumps erster Amtszeit noch weiter nach rechts gerückt und die ganze Führungsriege ihm als republikanischem Frontmann treu ergeben. Im Senat steht nun ein Gefolgsmann Trumps an der Spitze der Fraktion, auch wenn er seinen Wunschkandidaten nicht durchsetzen konnte. Der republikanische Parteiapparat ist ebenfalls ganz auf Trump ausgelegt. Der Ex-Präsident installierte dort seine Schwiegertochter Lara Trump als eine von zwei Parteivorsitzenden. In seiner zweiten Amtszeit wird er in den eigenen Reihen wohl kaum noch auf nennenswerten Widerstand stoßen.

Mehr Erfahrung und umgeben von strammen Loyalisten

Nicht zuletzt hat Trump dazugelernt. Als er Anfang 2017 zum ersten Mal Präsident wurde, war er ein politischer Newcomer. «Ich kannte niemanden. Ich war kein Washington-Typ», sagte er in einem Interview des Senders Fox News. Er habe nicht gewusst, wie das politische Geschäft in der US-Hauptstadt funktioniere. Heute aber kenne er alle. Und vor allem kennt Trump inzwischen den Regierungsapparat, wie der funktioniert und wie er ihn besser für seine Zwecke nutzen kann. Seine erste Amtszeit war geprägt von Personalwechseln und Rausschmissen. Trump hatte damals noch einige moderatere Politiker um sich, die ihn zu Mäßigung drängten - er trennte sich schnell von vielen. Diesmal schart er nur Parteikollegen um sich, die ihm treu ergeben sind und Ansagen befolgen dürften.