Unruhen in Frankreich: Über 1300 Autos ausgebrannt
Bei erneuten nächtlichen Ausschreitungen in Frankreich sind 1350 Autos ausgebrannt. Insgesamt habe es 2560 Brandherde auf öffentlichen Straßen gegeben, teilte das Innenministerium mit. Außerdem seien 31 Polizeiwachen angegriffen worden. In der vorigen Nacht waren den Behörden zufolge noch 1900 Autos ausgebrannt.
Nach dem Tod eines Jugendlichen bei einer Polizeikontrolle gab es in mehreren französischen Großstädten in der vierten Nacht in Folge heftige Krawalle. Fast 1000 Menschen wurden in der Nacht zum Samstag festgenommen, 79 Polizisten verletzt. Die Behörden hatten für die Nacht Einschränkungen des öffentlichen Lebens und des Nahverkehrs verhängt und auf ein massives Polizeiaufgebot gesetzt: Rund 45.000 Polizistinnen und Polizisten sollten in der Nacht für Ordnung sorgen.
Trotzdem gab es Plünderungen, Sachbeschädigungen und gewalttätige Zusammenstöße. Zu besonders heftigen Auseinandersetzungen kam es Medienberichten zufolge in Marseille und Lyon. In Marseille wurde unter anderem nach einem Brandanschlag ein Supermarkt geplündert. Darmain teilte mit, die Gewalt sei insgesamt trotzdem von «weitaus geringerer Intensität» gewesen. Er sagte: «Die Republik wird gewinnen, nicht die Randalierer.» Er sei nicht der Ansicht, dass der Ausnahmezustand verhängt werden müsse.
Die Unruhen griffen derweil nicht nur auf die belgische Hauptstadt Brüssel über, sondern auch auf französische Überseegebiete in der Karibik, wo ein Mensch durch einen Querschläger ums Leben kam. Heute soll der am Dienstag bei einer Polizeikontrolle getötete 17-Jährige in seinem Heimatort Nanterre beerdigt werden.
Gegen Polizisten wird wegen Totschlags ermittelt
Auslöser der Unruhen war der Tod eines 17-Jährigen bei einer Polizeikontrolle am Dienstag. Eine Motorradstreife in Nanterre bei Paris hatte den 17-jährigen Nahel am Morgen am Steuer eines Autos gestoppt. Als der junge Mann plötzlich anfuhr, fiel ein tödlicher Schuss aus der Dienstwaffe des Polizisten. Der Vorfall sorgte landesweit für Bestürzung, Frankreich wird seitdem von heftigen Unruhen erschüttert. Der Polizist, der für Nahels Tod verantwortlich gemacht wird, kam in Untersuchungshaft. Gegen ihn wurde ein förmliches Ermittlungsverfahren wegen Totschlags eingeleitet.
In der Nacht auf Freitag waren mehr als 900 Menschen festgenommen worden. 40.000 Polizisten waren im Einsatz. Nach Angaben des Innenministeriums wurden rund 250 Polizisten verletzt.
Die Regierung antwortete auf die Randale unter anderem mit Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Beispielsweise sollen Straßenbahnen und Busse bis auf Weiteres nicht mehr nachts fahren, Großveranstaltungen wurden abgesagt und der Verkauf und das Mitführen von Feuerwerkskörpern und brennbaren Stoffen wurden verboten. Da viele der Randalierer nach Angaben der Regierung sehr jung sind, appellierte Präsident Emmanuel Macron an das Verantwortungsbewusstsein der Eltern und machte die sozialen Medien für die Gewalteskalation verantwortlich.
Ausschreitungen auch in französischen Überseegebieten
Im Zusammenhang mit den Unruhen in Frankreich kam es auch in einigen französischen Überseegebieten zu Ausschreitungen. In Cayenne, der Hauptstadt des südamerikanischen Französisch-Guayana, wurde ein Mann in der Nacht durch einen Querschläger getötet, wie die örtlichen Behörden mitteilten. Nach Medienberichten handelte es sich bei dem Mann um einen Mitarbeiter der Lokalverwaltung. Der Präfekt Thierry Queffelec verbot nach offiziellen Angaben daraufhin am Freitag für die folgenden zwei Nächte das Tragen von Waffen und bis Montag den Transport brennbarer Stoffe.
Auch im karibischen Überseegebiet Martinique kam es nach einem Bericht des regionalen Portals France-Antilles in der Nacht zum Freitag zu Gewalt. Etwa 20 bis 30 Vermummte warfen demnach in der Hauptstadt Fort-de-France mit Steinen auf Polizisten. An mehreren Orten seien Mülltonnen angezündet worden.
Auch in der belgischen Hauptstadt Brüssel kamen am Freitagnachmittag als Reaktion auf den Tod des 17-Jährigen erneut Jugendliche zusammen. Einer Polizeisprecherin zufolge versammelten sie sich nach einem Aufruf in sozialen Netzwerken an verschiedenen Orten. Zwischenzeitlich seien rund 50 Menschen präventiv festgenommen worden, hieß es. Bereits am Donnerstagabend war es in der belgischen Hauptstadt zu Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Ordnungskräften gekommen.
Mbappé warnt vor Gewalt
Der französische Fußballstar Kylian Mbappé zeigte sich betroffen vom Tod des 17-Jährigen und warnte vor Gewalt. «Seit diesem tragischen Ereignis sind wir Zeuge des Ausdrucks der Wut der Bevölkerung, deren Inhalt wir verstehen, deren Form wir jedoch nicht gutheißen können», heißt es in dem Statement, das er wohl zusammen mit anderen Nationalspielern veröffentlichte. Viele Spieler kämen selbst aus den Arbeitervierteln und könnten den Schmerz und die Traurigkeit nachvollziehen. Aber Gewalt löse keine Probleme. «Die Zeit der Gewalt muss enden, um der Zeit der Trauer, des Dialogs und des Wiederaufbaus Platz zu machen», erklärte Mbappé.