Atlantik

Verschollene «Titanic»-Abenteurer: Wer sucht wie?

Es ist ein hochkomplexes Unterfangen: Aus der Luft, auf dem Wasser und in der Tiefe wird intensiv nach der vermissten «Titan» und den fünf Insassen gesucht. Aus mehreren Ländern kommt Unterstützung.

Verschollene «Titanic»-Abenteurer: Wer sucht wie?

Seit Sonntagvormittag (Ortszeit) wird das Tauchboot «Titan», mit dem fünf Menschen zum berühmten Wrack der «Titanic» tauchen wollten, vermisst. Der 1912 gesunkene Luxusdampfer liegt vor der Küste Nordamerikas in rund 3800 Meter Tiefe. Etwa eine Stunde und 45 Minuten nach Beginn des Tauchgangs riss der Kontakt zwischen dem «Titan» und dem Mutterschiff «Polar Prince» ab.

Seitdem hat sich die Suche nach dem Tauchboot und seinen Insassen immer weiter intensiviert – Schiffe, Flugzeuge und Geräte aus mehreren Ländern und von privaten Anbietern kamen dazu. Das Ganze ist ein Wettlauf gegen die Zeit: Falls die «Titan» noch intakt ist, dürfte der Sauerstoff an Bord nur noch bis etwa Donnerstag reichen.

Die Kosten für das Unterfangen dürften in die Millionenhöhe gehen. Wer sie letztendlich tragen wird, muss noch geklärt werden und hängt unter anderem auch davon ab, ob die Teilnehmer spezielle Versicherungen für das Abenteuer abgeschlossen hatten.

Fachleute arbeiteten rund um die Uhr an der hochkomplexen Such- und Rettungsaktion, sagte der Koordinator der US-Küstenwache für die Operation, Jamie Frederick, gestern (Ortszeit) in Boston. «Wir sind unglaublich dankbar für das gesamte Spektrum der internationalen Unterstützung, die uns zur Verfügung gestellt wurde.» Ein einheitliches Vorgehen sei entscheidend. Ein Überblick über die Beteiligten an der Such-Aktion:

USA

Die US-Küstenwache informiert regelmäßig über den Stand der Aktion und hat ihr Kräfte angesichts des sich schließenden Zeitfensters verstärkt. Die Anzahl der Einheiten an der Wasseroberfläche sowie der ferngesteuerten Unterwasserfahrzeuge würden noch einmal erhöht, hieß es gestern. Der Einsatzort mache es «außerordentlich schwierig, große Mengen an Ausrüstung schnell zu mobilisieren».

Die US-Marine steht zur Unterstützung bereit. So helfen Experten des Militärs der Küstenwache bei der Auswertung von Unterwassergeräuschen, die auf das Tauchboot hindeuten könnten. Ein kanadisches Aufklärungsflugzeug hatte am Dienstag und Mittwoch Geräusche unter Wasser festgestellt. Die Daten seien unmittelbar an die Experten weitergeleitet worden, sagte Frederick von der Küstenwache. Man wisse noch nicht, was die Geräusche erzeugt habe.

Die US-Marine hatte auch angekündigt, das Tiefsee-Bergungssystem «Fadoss» nach Neufundland zu schicken. Die Marine beschreibt es als «tragbares Schiffshebesystem, das eine Tiefsee-Hebekapazität von bis zu 27 Tonnen für die Bergung großer und schwerer versunkener Objekte wie Flugzeuge oder kleine Schiffe bietet.

Kanada

St. John’s, die Hauptstadt der kanadischen Provinz Neufundland, ist der Heimathafen, von dem aus der Anbieter Oceangate seine «Titanic»-Touren startet. Etwa 650 Kilometer südöstlich davon, rund 950 Kilometer östlich der Küste des US-Bundesstaats Massachusetts, liegt das Wrack der «Titanic». Kanada unterstützt die von der US-Küstenwache geleiteten Suchmaßnahmen auf vielfache Art und Weise:

Ein Seeaufklärungsflugzeug der kanadischen Luftwaffe ist für Sonar-Messungen im Einsatz. Sogenannte Sonobojen werden von einem Flugzeug abgeworfen und sinken auf die erforderliche Tiefe. Ein Oberflächenschwimmer mit einem Funksender sichert die Kommunikation zwischen Sonar und Flugzeug. Die Sonargeräte senden Schallenergie aus und warten dann auf das Echo eines Unterwasserobjekts. Sobald das Gerät das Echo auffängt, überträgt es die Informationen an die Oberfläche.

Mehrere Schiffe der kanadischen Küstenwache und Marine sind im Einsatz, auf dem Weg oder stehen bereit. Darunter ist eines, das eine Dekompressionskammer und medizinisches Personal an Bord hat. Ein weiteres verfügt über ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge.

Frankreich

Ein französische Spezialschiff, das mit dem für große Tiefen geeigneten Tauchroboter «Victor 6000» ausgestattet ist, soll auch bei der Suche helfen. Das Forschungsschiff «Atalante» des Meeresforschungsinstituts Ifremer, das für den Einsatz von einer anderen Mission umgeleitet wird, wurde in der Nacht zum Donnerstag im Suchgebiet erwartet.

«Victor 6000» ist ein Roboter, der von der «Atalante» aus über eine bis zu acht Kilometer lange Schnur ferngesteuert wird und bis zu einer Tiefe von 6000 Metern arbeiten kann. Er ist mit Kameras mit starken Scheinwerfern ausgestattet, die es laut Ifremer-Direktor Olivier Lefort «ermöglichen, aus einer Entfernung von 20 bis 30 Metern zu sehen». Der Roboter ist außerdem mit einem Sonar-Gerät ausgestattet, «das eine metallische Masse aufspüren kann», sowie mit Metallarmen. Allerdings könnte der Tauchroboter das Tauchboot nicht allein hochziehen, wenn es dieses finden würde.

Private Initiativen und Unternehmen

Auch einige nicht-staatlich betriebene Schiffe beteiligen sich an der Suche, darunter das Oceangate-Mutterschiff «Polar Prince». Außerdem ist auch die «Deep Energy» im Suchgebiet, ein Schiff unter der Flagge der Bahamas vom Energiebetreiber TechnipFMC, das normalerweise Unterwasserkabel und -rohre legt, und über ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge verfügt. Ebenfalls zur Hilfe kommt das «Skandi Vinland», ein Schiff des norwegischen Energieunternehmens DOF, das ebenfalls über ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge verfügt.

Der «Explorers Club» in New York, in dem sich seit mehr als 100 Jahren Forschungsreisende zusammenschließen und in dem auch zwei Insassen der «Titan» Mitglieder sind, brachte zudem den Einsatz von «Magellan»-Unterwasserfahrzeugen einer britischen Firma ins Spiel. Dazu kam es allerdings zunächst nicht. An einer entsprechenden Erlaubnis werde gearbeitet, hieß es vom Explorers Club.