Ein weinender Cristiano Ronaldo und Portugal dürfen trotz eines verschossenen Elfmeters des Superstars weiter vom zweiten EM-Titel nach 2016 träumen. Der Favorit setzte sich im Achtelfinale gegen Außenseiter Slowenien mit 3:0 im Elfmeterschießen durch. In 120 Minuten waren keine Tore gefallen.
Der 39 Jahre alte portugiesische Kapitän, der in der 105. Minute mit einem Foulelfmeter an Sloweniens Torwart Jan Oblak scheiterte und danach auf dem Feld Tränen vergoss, fordert nun mit seiner Mannschaft im Viertelfinale am Freitag (21.00 Uhr) in Hamburg Frankreich mit Kylian Mbappé.
Ronaldo wartet zwar weiter auf sein erstes Turniertor - dafür bewies er am Montagabend vor 46.576 Zuschauern in der Arena Frankfurt im Elfmeterschießen die nötige Nervenstärke. Nachdem er verwandelt hatte, entschuldigte er sich mit einer Geste bei den Fans. Zum Matchwinner avancierte Torwart Diogo Costa, der drei Schüsse der Slowenen abwehrte. Es war eine Erlösung - vor allem für Ronaldo, der nach seinem Fehlversuch aus elf Metern in der Halbzeit der Verlängerung von seinen Teamkollegen getröstet werden musste.
Seine Bilanz bei seiner sechsten Europameisterschaft steht weiter bei 14 Toren. Dabei hätte Ronaldo die Partie im Alleingang entscheiden können. Kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit war er bereits frei stehend mit einem Schuss an Oblak (89.) gescheitert. Ein Aus in der ersten K.o.-Runde wie es Italien und Belgien erlebten, blieb der Auswahl von Trainer Roberto Martinez dennoch erspart.
Ronaldo als Fixpunkt im Angriff
Alle Augen auf Ronaldo: Bei jedem Ballkontakt des ehemaligen Weltfußballers stieg der Lärmpegel auf den Rängen. So auch, als der Mittelstürmer in der 13. Minute knapp unter einer Flanke durchsprang. Ist es der letzte große Turnierauftritt des Saudi-Profis von Al-Nassr FC? Während seine Kollegen um ihn herum wirbelten und die Lücken suchten, hielt Ronaldo als Fixpunkt meist seine Position.
EM-Oldie Pepe (41) hielt derweil hinten den Laden zusammen, ging immer wieder energisch dazwischen und wagte so manchen Ausflug bis vor das gegnerische Tor. Die Slowenen taten sich zunächst schwer, in Strafraumnähe zu kommen. Das galt auch für Benjamin Sesko von RB Leipzig, mit 21 Jahren der Jüngste im Kader des Außenseiters. Dabei hatte Trainer Matjaz Kek mehr Unterstützung für das Stürmertalent gefordert: «Wir müssen ihm helfen.»
Zum ersten Mal seit der Unabhängigkeit war die Auswahl des Landes mit nur zwei Millionen Einwohnern in die K.o.-Phase einer EM-Endrunde eingezogen. Der 2:0-Sieg gegen Portugal beim Testspiel im März hatte der Mannschaft vor dem Anpfiff zusätzlich Mut gemacht. Die Portugiesen aber ließen mit ihrer klugen Raumaufteilung ihren Gegner viel laufen.
Ronaldo in vielversprechender Freistoß-Pose
Immer wieder suchte der Favorit mit Flanken Ronaldo, der nach einer guten halben Stunde auch mal die Stirn an den Ball brachte. Oblak hatte jedoch keine Mühe. Dann aber zelebrierte der Weltstar in breitbeiniger Pose seinen ersten Freistoß - und jagte einen satten Schuss nur Zentimeter über die Latte.
Auf der Gegenseite trat kurz vor der Pause erstmals Sesko richtig in Erscheinung, sein Ball aus 20 Metern landete aber genau in den Armen von Schlussmann Diogo Costa. Mit einem Außenpfostenschuss von Portugals Joao Palhinha gingen beide Teams in die Halbzeit.
Überlegene Portugiesen nicht zwingend genug
Fünf Tage nach der 0:2-Niederlage gegen Georgien im letzten Gruppenspiel zeigte sich Ronaldos Mannschaft weiter dominant und hellwach, fand aber einfach keine Lücke. Bei einem weiteren Freistoß des Rekord-EM-Torschützen wehrte Oblak den Ball mit beiden Fäusten ab. Vielbeinig verteidigten der Keeper von Atlético Madrid und seine Vorderleute ihren Strafraum.
Nach einer Stunde entwischte Sesko bei einem Konter Routinier Pepe, traf aber das Tor nicht. So ging es ins Elfmeterschießen, wo es für die Portugiesen trotz des Ronaldo-Dramas ein spätes Happy End gab.