Welle der Gewalt in Frankreich ebbt langsam ab
Trotz einer sechsten Nacht mit Unruhen in Frankreich nach dem Tod eines Jugendlichen bei einer Polizeikontrolle scheint die Gewalt langsam abzuebben. Landesweit gab es in der Nacht zum Montag 157 Festnahmen. Das waren deutlich weniger als in den vorangegangenen Nächten, wie das Innenministerium in Paris mitteilte. Drei Polizisten wurden verletzt. Der Zeitung «Le Parisien» zufolge brannten 297 Autos aus und an 34 Gebäuden wurde Feuer gelegt.
Gemessen an den heftigen Unruhen der vergangenen Tage mit Hunderten brennenden Autos und Gebäuden sowie teils mehr als 1000 Festnahmen während der Nachtstunden blieb es in der Nacht zum Montag relativ ruhig. Innenminister Gérald Darmanin hatte erneut auf eine massive Polizeipräsenz gesetzt. 45 000 Polizisten waren im ganzen Land im Einsatz, teilweise auch wieder mit gepanzerten Fahrzeugen. «Die Härte hat Wirkung gezeigt», sagte der Minister am Montag.
Seit dem Tod des 17-jährigen Nahel durch eine Polizeikugel bei einer Verkehrskontrolle am vergangenen Dienstag wird Frankreich vor allem nachts von massiven Krawallen erschüttert. Wiederholt kam es zu Plünderungen, Brandanschlägen und gewaltsamen Konfrontationen zwischen Polizisten und Randalierern. Seit Beginn der Ausschreitungen gab es landesweit mehr als 3000 Festnahmen.
Zeit zum Nachdenken nötig
Als Zeichen der Solidarität und des Protests gegen den Angriff von Randalierern auf das Privathaus eines Bürgermeisters gab es am Montag in etlichen französischen Städten Versammlungen vor den Rathäusern. «Man muss sich einige Zeit zum Nachdenken nehmen, um zu versuchen, mit den Stadtvierteln zu sprechen und gegenüber den Krawallmachern hart durchzugreifen», sagte Innenminister Gérald Darmanin. «Man darf keine soziale Entschuldigung sehen, wo es keine gibt.» In den von Ausschreitungen betroffenen Städten sollten beschädigte Rathäuser und Schulen sowie die Videoüberwachung schnell wieder repariert werden. Der Staat stelle dafür Millionensummen bereit.
Der Bürgermeister des Pariser Vorortes Corbeil-Essonnes, Bruno Pirot, betonte unterdessen, die jungen Leute aus den Problemviertel seien in Schule und Beruf benachteiligt. Die Ausschreitungen konzentrierten sich auf Viertel, in denen sich ohnehin Probleme häuften und die Bewohner dort seien doppelt gestraft. «Es geht nicht darum, zu entschuldigen, sondern darum, das tiefe Unbehagen dieser Jugend und das Unbehagen dieser Jugendlichen zu verstehen, wenn sie ihre Eltern anschauen», sagte der Bürgermeister dem Sender France Info. Fördergelder zur Entwicklung der Viertel flössen in den Abriss von Wohnblöcken, statt in soziale Projekte.
Der Tourismussektor in Frankreich befürchtet wegen der Ausschreitungen Einbußen. Inzwischen annullierten manche Touristen und Gäste aus dem Ausland ihre Reisen, berichtete der Hotelierverband Umih, wie die Zeitung «Le Parisien» berichtete. Die Hoffnung mitten in der Tourismussaison sei, dass sich die Unruhen schnell legten.