Konjunktur

Weltwirtschaft stabilisiert sich auf niedrigem Niveau

Im Januar zeichnete die Weltbank ein düsteres Bild von der Weltwirtschaft. Nun hält eine neue Prognose positivere Nachrichten bereit. Doch für einige Länder gibt es keinen Grund zur Freude.

Die Weltwirtschaft stabilisiert sich einer Prognose der Weltbank zufolge trotz geopolitischer Spannungen und hoher Zinsen erstmals seit drei Jahren wieder - allerdings auf niedrigem Niveau. Wie im vergangenen Jahr werde die Weltwirtschaft in diesem Jahr um 2,6 Prozent wachsen, teilte die Weltbank in Washington mit. Damit hob sie Prognose für 2024 im Vergleich zum Januar leicht an (plus 0,2 Prozentpunkte).

Dass sich die Weltwirtschaft schneller als erwartet stabilisiere und die Inflation zurückgehe, sei ein gutes Zeichen, sagte Chefökonom Indermit Gill. Weniger positiv sei allerdings, dass das durchschnittliche Wachstum im Prognosezeitraum rund einen halben Prozentpunkt niedriger als im Jahrzehnt vor der Coronapandemie sei. Eine schlechte Nachricht sei auch, dass die ärmsten Länder der Welt weiter wirtschaftlich besonders schlecht dastünden.

Vorsichtig optimistische Prognose

Für die Jahre 2025 und 2026 sagt die Weltbank ein Wirtschaftswachstum um 2,7 Prozent voraus. Die Weltwirtschaft scheine sich endgültig auf eine sogenannte sanfte Landung einzustellen, heißt es in dem Bericht. Das bedeutet weniger Inflation, ohne dass es zu einer Rezession und hoher Arbeitslosigkeit kommt. Doch mehr als vier Jahre nach dem Beginn der Pandemie und den nachfolgenden globalen Schocks sei klar, dass die Welt - und insbesondere die Entwicklungsländer - noch keinen verlässlichen Weg zum Wohlstand gefunden hätten, warnt die Weltbank.

Trübe Aussichten für ärmere Länder

«Für die kleinsten und ärmsten Volkswirtschaften sieht es weder in Bezug auf Stabilität noch in Bezug auf Wachstum gut aus», sagt Chefökonom Gill. Sie litten unter einer hohen Verschuldung und Klimakatastrophen. Die Weltbank mahnt, dass am Ende dieses Jahres jedes vierte Entwicklungsland ärmer sein werde als am Vorabend der Pandemie. Bis 2026 werden die Länder, in denen mehr als 80 Prozent der Weltbevölkerung leben, der Prognose zufolge im Durchschnitt immer noch langsamer wachsen als in den zehn Jahren vor der Coronapandemie. Die Weltbank geht davon aus, dass viele Entwicklungsländer ihren Rückstand gegenüber den Industrienationen in naher Zukunft nicht aufholen werden.

USA sind stark, Europa gewinnt wieder an Stärke

Anders sieht es in den USA aus. Der Weltbank zufolge handelt es sich bei der Konjunkturentwicklung in der größten Volkswirtschaft der Welt um einen «bemerkenswerten Lichtblick». Die US-Wirtschaft habe eine beeindruckende Widerstandsfähigkeit bewiesen. «Das Wachstum ist trotz der härtesten geldpolitischen Straffung seit vier Jahrzehnten kräftig geblieben», so die Weltbank. Die Dynamik in den USA sei ein Grund dafür, dass die Weltwirtschaft in den kommenden zwei Jahren ein gewisses Aufwärtspotenzial habe.

Für Europa zieht die Weltbank eine gemischte Bilanz. Nachdem sich das Wachstum im Jahr 2023 im Euroraum deutlich verlangsamt hatte, prognostiziert die Weltbank für 2024 ein Wachstum von 0,7 Prozent (Januar: 0,7 Prozent) und für das kommende Jahr 1,4 Prozent (Januar: 1,6 Prozent). Das Wachstum scheine die Talsohle durchschritten zu haben, wenn auch mit deutlichen Unterschieden zwischen einzelnen Sektoren und Mitgliedsländern, heißt es in dem Bericht. Die Dienstleistungskonjunktur deute auf eine beginnende Verbesserung hin. Diese werde jedoch durch eine schwächer als erwartet ausgefallene Industriekonjunktur ausgeglichen - besonders im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland.

Wachstum in Russland verlangsamt sich

Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine belegte der Westen Russland mit weitreichenden Sanktionen - die dortige Konjunktur erwies sich dennoch als widerstandsfähig. Das lag der Weltbank zufolge an der hochgefahrenen Kriegswirtschaft, Subventionen und der privaten Nachfrage, die stärker ausgefallen sei als erwartet. Für 2024 prognostiziert die Weltbank ein Wirtschaftswachstum von 2,9 Prozent (Januar: 1,3 Prozent), für das kommende Jahr werden 1,4 Prozent (Januar: 0,9 Prozent) geschätzt. Die Militärproduktion habe weiter positive Effekte, die private Nachfrage dürfte allerdings zurückgehen. Die Weltbank betont, dass vor allem Russlands Handelsbeziehungen mit China gewachsen seien.

Weltbank sieht Risiken

Die Weltbank blickt mit Sorge in den Nahen Osten und die Ukraine. Konfliktbedingte Unterbrechungen der Öllieferungen aus dem Nahen Osten könnten zu beträchtlichen Ölpreiserhöhungen führen, warnt der Bericht. Im schlimmsten Fall könnte das die Fortschritte im Kampf gegen die hohe Inflation blockieren. Auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine berge Unsicherheiten für die Rohstoffmärkte - besonders mit Blick Öl und Getreide.

Die weltweite Inflation wird der Prognose zufolge in diesem Jahr voraussichtlich im Schnitt bei 3,5 Prozent liegen, im kommenden Jahr bei 2,9 Prozent. Das sei eine langsamere Abschwächung als erwartet. Die Weltbank geht davon aus, dass die Zentralbanken angesichts des anhaltenden Inflationsdrucks bei der Lockerung der Geldpolitik zurückhaltend bleiben. Die Expertinnen und Experten schätzen, dass die durchschnittlichen Leitzinsen in den kommenden Jahren etwa doppelt so hoch sein werden wie im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2019.

Zuletzt hatte die Europäische Zentralbank EZB die Zinsen um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Am Mittwoch wird die US-Notenbank Fed über ihre weitere Geldpolitik entscheiden. Beobachter gehen davon aus, dass die Fed den Leitzins auf hohem Niveau belassen wird.