Angebot vom Land

Auf welche Unterstützung Dischingen beim Bürgerentscheid verzichten wird

Die Servicestelle Bürgerbeteiligung des Landes Baden-Württemberg hat der Gemeinde Dischingen Hilfe bei der Vorbereitung des Bürgerentscheids am 18. Mai über den geplanten Rathausneubau angeboten. Der Gemeinderat diskutierte kontrovers über dieses vierstufige Verfahren.

Die Zeit für den vom Gemeinderat beschlossenen Bürgerentscheid über den geplanten Rathausneubau in Dischingen läuft: Am 18. Mai können die Bürger und Bürgerinnen über die Zukunft des Bauvorhabens mit einem Kostenrahmen von 7,5 Millionen Euro inklusive der Zuschüsse entscheiden. Vieles ist bis dahin vorzubereiten und zu organisieren, sowohl von der Gemeinde als auch von den Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen den Bau in seiner bisher vorgesehenen Form. Kostenfreie Unterstützung dabei hat der Gemeinde jetzt die Servicestelle Bürgerbeteiligung (SB), eine Einrichtung des Landes Baden-Württemberg und Anstalt des öffentlichen Rechts, angeboten. Am Montagabend diskutierte der Gemeinderat darüber in seiner Sitzung im Frickinger Bürgerhaus, doch wie beim mehrheitlichen Baubeschluss vom Dezember vertrat das Gremium auch in dieser Frage keine einheitliche Auffassung.

Bürgermeister Dirk Schabel bezeichnete die Servicestelle als eine Ausgliederung des Innenministeriums des Landes. Die Hintergründe und den Ablauf des Unterstützungsangebots erläuterte ausführlich Hauptamtsleiterin Theresa Schneidermeier.

Servicestelle übernimmt den gesamten Prozess der Bürgerbeteiligung

Die SB sei unter anderem aufgrund der Berichterstattung in der Heidenheimer Zeitung auf die Situation in Dischingen aufmerksam geworden. Im Falle der Einbindung übernehme sie die Verantwortung für den gesamten Prozess der Bürgerbeteiligung bis zum Bürgerentscheid, so die Hauptamtsleiterin. Dadurch werde die Verwaltung entlastet, unter anderem auch im Hinblick auf Kritik, und könne ihre Position klarer vertreten. Das Standardverfahren der SB sichere Vergleichbarkeit, Transparenz und Vorhersehbarkeit. „Andernfalls kommt immer der Vorwurf, vor Ort habe man ein individuelles Verfahren so ‚hingebogen‘, dass sich am Ende die Gemeinde ganz sicher durchsetze“, erläuterte Schneidermeier.

Bei der „dialogischen Bürgerbeteiligung“ sei das Verfahren der SB immer vierstufig. Diese Stufen sind ein „Beteiligungsscoping“ mit Interessenvertretern von Gemeinde und Bürgerinitiative, aber auch von Vereinen und Gewerbetreibenden zur Themensammlung, eine für alle offene Online-Beteiligung, ein die Themen diskutierendes Bürgerforum mit 20 bis 30 zufällig ausgewählten und Vielfalt verkörpernden Bürgern, die aus 800 bis 1000 zufällig angeschriebenen Dischingern ausgelost werden, sowie die Übergabe der Empfehlungen des Bürgerforums an den Gemeinderat.

15.000 Euro an Kosten für Moderatoren

Während der Bürgerentscheid ein Ergebnis zur gestellten Frage liefere, könnte die Einbindung der SB dazu führen, dass auch „versteckte Probleme“, die Streit oder Spaltung in Gesellschaft und Gemeinderat verursachen, aufgedeckt und nach dem Bürgerentscheid angegangen werden könnten, so die Hauptamtsleiterin weiter. Die Arbeit der SB sei kostenlos, für notwendige Moderatoren-Teams würden jedoch Kosten von etwa 15.000 Euro anfallen.

Eine Beschlussempfehlung für oder gegen Einbindung der SB gebe es diesmal nicht, so der Bürgermeister: „Wir von der Verwaltung können mit jedem Ergebnis leben.“ Die Servicestelle unterstütze keine Gruppe, ihr Ziel sei es, die möglichen Konflikte im Vorfeld aufzuarbeiten. „Wenn ich mir die Situation im Hauptort Dischingen anschaue, müsste ich sagen: Wir müssen das auf jeden Fall machen.“ In Bezug auf die Teilorte tue er sich dagegen schwer. Eine Frage sei auch, inwieweit die Bürger bereit wären, mitzumachen. Dazu sei „eine hohe Betroffenheit“ seitens der Bürger nötig. „Und da sind wir uns unsicher.“

Kontroverse Meinungen bei den Gemeinderäten

„Ich sehe keinen Nachteil für uns“, sagte Gemeinderat David Jakl (FWB). Nach dem, was war, habe fast niemand das Recht, sich nicht einzubringen. Silvio Mundinger (ÖDP) merkte an, dass ihm nicht ganz klar sei, wie das Angebot der SB der Gemeinde weiterhilft. Als „grundsätzlich gut“ und „einen Versuch wert“ befand es Holger Mack (BGD), änderte seine Meinung jedoch im Lauf der Debatte.

Karl-Heinz Pappe (CDU) sagte: „Ich bin der Meinung, das brauchen wir überhaupt nicht.“ Er halte auch den Bürgerentscheid für „total überbewertet“. Dem hielt der Bürgermeister entgegen: „Ich finde die Situation derzeit maximal anstrengend.“ Es gebe immer wieder unsachliche und unfreundliche Äußerungen von außen ihm gegenüber. „Wir müssen hier nach Möglichkeit ohne Streit und Stress herauskommen.“ Die Zeit, die die Verwaltung in den Bürgerentscheid steckt, sei nicht unerheblich. Alle Stunden würden dokumentiert, um den Bürgern später einmal die Kosten darlegen zu können. „Die 15.000 Euro wären schon gut investiertes Geld.“ Und der Gemeinderat müsse noch mehrere Jahre zusammenarbeiten.

Günter Burger (FWB) sprach sich für die Einbindung der SB aus: „Wir brauchen uns später nichts nachsagen zu lassen.“ Und auch Anton Scherer (FWB) sah darin die „sauberste Möglichkeit, das Bürgerbegehren fortzuführen“. Kritisch äußerte sich nochmals Silvio Mundinger: Für das Verfahren müsse man die Menschen erst zusammenbringen und es fielen dann 15.000 Euro an Kosten an. Außerdem reiche die Kürze der Zeit nicht dafür aus.

Einbindung der Servicestelle mehrheitlich abgelehnt

Bürgermeister Schabel betonte nochmals den Wunsch, dass „alles in geordneten Bahnen“ verläuft. Er habe Befürchtungen, dass die Diskussionen mit zunehmender Nähe des Bürgerentscheidtermins immer unsachlicher werden könnten. In der abschließenden Abstimmung wurde die Einbindung der Servicestelle Bürgerbeteiligung dennoch mit 13 zu acht Stimmen abgelehnt.

Die Kosten des Bürgerentscheids

Ohne weitere Diskussion stimmten die Dischinger Gemeinderäte einstimmig der außerplanmäßigen Ausgabe für den Bürgerentscheid zu. Die Kosten werden hier auf etwa 12.000 Euro kalkuliert. Ebenfalls einhellig erfolgte der Beschluss für die Besetzung des Gemeindewahlausschusses beim Bürgerentscheid: Vorsitzender Dirk Schabel (Stellvertreterin Theresa Schneidermeier), Beisitzer (Schriftführerin) Stefanie Voitl (Karin Fröhlich) sowie die Beisitzer Julia Maiershofer (Markus Voitl) und Jürgen Bolsinger (Sebastian Voitl).

Ein Bürger erkundigte sich am Ende der Sitzung noch, ob die Gemeinde eine Infoveranstaltung zum Bürgerentscheid plant. Bürgermeister Schabel antwortete, dass dies momentan noch nicht zu sagen sei. In jedem Fall werde aber eine Infobroschüre für alle Bürger erstellt und verteilt.

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