The Polka of the Beast

Blasmusik trifft Heavy Metal: das Miteinander der Kulturen beim „Rock am Härtsfeldsee“

Blasmusik und Heavy Metal vereint: Beim „Rock am Härtsfeldsee“ sorgte der Dischinger Musikverein für Stimmung. Tradition trifft auf Metal - ein Zeichen für die Vielfalt der Musikszene.

Die Lider nach kurzer Nacht noch auf Halbmast, der Bierdurst jedoch vital. Gegen zehn Uhr wurden am Samstagmorgen die Menschen auf den Campingplätzen beim Dischinger „Rock am Härtsfeldsee“ wieder munter. Schon da 26 Grad im Schatten und regelrecht tropische Luftfeuchtigkeit versprachen einen schweißtreibenden zweiten Festivaltag.

Die achtköpfige Delegation des Dischinger Musikvereins hatte da am Rande eines kleinen Biergartens ihre Instrumente aufgebaut und legte bald los. Zünftige Blasmusik, um die letzten Reste der brettharten Gitarrenriffs des Vorabends aus den Gehörgängen zu vertreiben. Der Applaus der teils nur spärlich in schwarz gekleideten Zuhörerinnen und Zuhörer war von Beginn an freundlich, und spätestens beim ersten „Prosit der Gemütlichkeit“ reckten sie die Bierbecher in die Höhe.

Über die Schulter geblickt: Der Musikverein Dischingen war zum zweiten Mal auf dem Metal-Festival aktiv. Jens Eber

Blasmusik und Heavy Metal – das ist längst kein unvereinbarer Gegensatz mehr. Beim Festival im schleswig-holsteinischen Wacken tritt Jahr für Jahr die Feuerwehrkapelle zum Auftakt auf, andere Festivals holen auch mal das Flötenensemble der örtlichen Grundschule auf die Bühne. Und auch wenn die Akteure anfangs noch scheu auf die vermeintlich Wilden blicken, merken sie doch bald: Die tun nix, die wollen nur trinken. Und ihre Haare im Takt schütteln.

Blasmusik und Metal sind keine Gegensätze mehr

Man könnte aus dieser lebendigen Verbindung von traditioneller Volksmusik und der einst dem Außenseitertum entsprungenen Metal-Szene schließen, dass Heavy Metal längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Der bunte Querschnitt, den das Dischinger Publikum am Wochenende abbildete, würde diese These stützen.

Man könnte umgekehrt aber auch herauslesen, dass die gute, alte Blasmusik nach und nach ihren Platz in der Metal-Szene findet, die rein zahlenmäßig zu den größten musikalischen Fangruppen überhaupt zählt. Man schätzt dort leidenschaftlich gespielte, handgemachte Musik, da schließen sich „The Number of the Beast“ und die „Schnupftabak-Polka“ nicht mehr gegenseitig aus.

Morgendliche Abkühlung im Dischinger Härtsfeldsee

Den Musikerinnen und Musikern des MV Dischingen war der Spaß am Samstag jedenfalls anzusehen, und die Menschen auf den Bierbänken schienen dankbar für ein bisschen Ohrenschmeichelei vor dem kommenden Metal-Gewitter am Abend. So dankbar übrigens, dass die selbstredend angebotenen Weißwürste binnen kurzer Zeit alle waren, was einzelne hungrig Gebliebene in gebotener Heiterkeit als vorübergehenden Mangel geradezu mystischen Ausmaßes werteten.

Am anderen Ende des Festivalgeländes suchten zu früher Stunde bereits Dutzende Fans die Abkühlung im Härtsfeldsee – und stellten damit gewissermaßen das Bild des offiziellen „Rock am Härtsfeldsee“-Festivalshirts 2024 nach. Dieses zeigt in düsteren Farben eine Ansicht der Burg Katzenstein und im Vordergrund die Seeoberfläche, aus der sich mit Nietenarmbändern, Tattoos und Ketten bewehrte Arme erheben. Bleibt nur die Frage, warum die trutzige Burg zum ersten Mal auf diese Art in den Metal-Kontext gelangte.

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