Das Thema sorgte für vollbesetzte Reihen im Zuhörerbereich des Anbaus der Egauhalle: Der Dischinger Gemeinderat beriet am Montagabend ausführlich über das weitere Vorgehen im Hinblick auf den Neubau eines Rathauses auf dem Grundstück des Hauses Bairle, gegenüber des alten Rathauses. Und vor dem Hintergrund der in den vergangenen zweieinhalb Jahren weiter gestiegenen Kostenberechnung verlief die kontroverse Debatte zwar weitgehend sachlich, dennoch teils aber heftig. Immerhin ging es um Ja oder Nein zu einer zeitnahen Realisierung des eigentlich von allen Seiten angestrebten Neubaus.
Eingangs der Beratung fasste Bürgermeister Dirk Schabel für Gemeinderäte und Zuhörer die Entwicklung des Projekts während der vergangenen vier Jahre zusammen. So hätten Ende 2021 die geplanten Gesamtkosten rund 5,6 Millionen Euro betragen. Aus dem Ausgleichsstock des Landes sei dazu ein Zuschuss von 845.000 Euro bewilligt worden. Im Mai und Ende 2022 lag eine Kostenberechnung des mit der Planung beauftragten Aalener Büros Kayser Architekten bei einer Summe von 6,63 Millionen Euro. Eine Vergabe erfolgte nicht, vielmehr wurden Untersuchungen zur Kosteneinsparung auch unter Einbindung des denkmalgeschützten historischen Rathauses in Auftrag gegeben. Gezeigt habe sich, dass eine reduzierte Kubatur des Neubaus mit der Förderung durch den Ausgleichsstock nur schwer zu verbinden sei. „Der Gemeinde wurde letztmalig eine Fristverlängerung bis 30. April 2025 gewährt“, so Schabel. Bis dahin müsse der Abbruch des Hauses Bairle vergeben sein.
Ein Eigenanteil der Gemeinde Dischingen von 4,62 Millionen Euro
Allerdings sind die Kosten für das neue Rathaus inzwischen auf rund 7,5 Millionen Euro gestiegen. Da sich der Bauplatz im Sanierungsgebiet befindet, könne aber neben den 845.000 Euro aus dem Ausgleichsstock mit einem variablen Zuschuss von etwa 1,8 Millionen Euro aus der Städtebauförderung sowie einer KfW-Finanzhilfe von 290.000 Euro gerechnet werden, sagte Schabel. Damit liege der Eigenanteil der Gemeinde an den Gesamtkosten noch bei etwa 4,62 Millionen Euro – jedoch eben circa 500.000 Euro höher als zuvor. Die Förderquote belaufe sich auf 38,5, der Gemeindeanteil auf 61,5 Prozent. Der Bürgermeister ergänzte, dass von der Kostensumme bislang aber auch schon rund 536.000 Euro für das Vorhaben ausgegeben wurden. Es stelle sich die Frage, ob unter diesen Bedingungen gebaut oder nochmals von vorne mit Planungen begonnen werden soll.
„Bei einem Neubeginn wird es erneut Ausgaben wie die bereits getätigten geben“, so Schabel. Ferner müssten die Zuschüsse neu beantragt werden, und es sei zweifelhaft, dass diese gleich genehmigt werden. „Wir glauben, dass es dann erst im Jahr 2027 zur Bewilligung kommt.“ Ein Bau sei in diesem Fall erst in den Jahren 2028 bis 2030 möglich. Gleichzeitig bedeute ein Neustart, dass andere Vorhaben wie der Bau eines Feuerwehrmagazins in Dischingen mit dem Rathaus um eine Förderung des Ausgleichsstocks konkurrieren würden. Dies bedeute zeitliche Verschiebungen. Außerdem könne es zu weiteren Kostensteigerungen von rund einer Million Euro bei einem späteren Rathausbau kommen.
„Unzumutbare Verhältnisse“ im alten Rathaus
Des Weiteren warf der Bürgermeister die Arbeitssituation im alten Rathaus in die Waagschale. Aufgrund der vorhandenen Schäden in dem historischen Gebäude und auch extremer Geruchsbelästigungen für die Beschäftigten sollten „wir es so schnell wie möglich auf die Reihe bekommen“. Die räumlichen Verhältnisse seien unzumutbar: „Es geht mir in erster Linie um meine Mitarbeiter“, warb Schabel um Zustimmung für eine jetzige Realisierung des Neubaus.
Gemeinderat Holger Mack (Bürgervereinigung Gemeinde Dischingen BGD) erkundigte sich eingangs der Debatte, ob die errechneten Kosten von 7,5 Millionen Euro Stand jetzt seien oder ob schon eine Entwicklung für 2025 einbezogen sei. Der in der Sitzung anwesende Architekt Bennet Kayser antwortete, dass die Summe aktueller Stand sei. Eine Steigerung bis etwa fünf Prozent im nächsten Jahr halte er für möglich. Wenn die Sanierung des alten Rathauses mit 1,3 Millionen Euro hinzukomme, liege die Gemeinde bei Gesamtkosten von neun bis zehn Millionen Euro, meinte Ralf Eberhardt (BGD). „Wir werden uns das nicht leisten können.“
Die Wirtschaftlichkeit des Neubaus angemahnt
Ähnlich sah das Silvio Mundinger (ÖDP) in Bezug auf die Gesamtsumme, denn die Einrichtung für das neue Rathaus sei noch gar nicht berücksichtigt. Es herrsche Einigkeit, dass ein modernes und effizientes Gebäude gewünscht sei, aber es müsse auch wirtschaftlich sein, denn die kleine Gemeinde Dischingen habe einen großen Investitionsstau, so etwa bei der Sanierung der Hallen. Aus dem Publikum gab es hier Beifall.
Namens des Freien Wählerblocks bezog Michael Raunecker Stellung zum Thema: „Die Gemeinde steht vor einer der größten Einzelinvestitionen der vergangenen Jahre. Wir als FWB stehen geschlossen hinter dem Rathausneubau.“ Eine erneute Reduzierung der Kubatur werde keine Kostenverbesserung bringen. Weiter wies er auf die derzeit zugesagten Zuschüsse hin, die verloren gehen würden, auf Unkalkulierbarkeiten und schon erfolgte Ausgaben. „Im Moment könnten gute Ausschreibungsergebnisse erzielt werden. Dass sich der Eigenanteil der Gemeinde erhöht, ist uns klar.“ Im anderen Fall gäbe es aber sowieso höhere Kosten. Auch Raunecker erhielt Beifall.
Ein „Prachtbau“ für Dischingen?
„Da macht man einen Prachtbau“, sagte Joachim Stütz (CDU). 7,5 Millionen Euro „ist für uns nicht zu stemmen“, meinte er mit Blick auf andere anstehende Aufgaben. Der Bezeichnung als „Prachtbau“ widersprach Architekt Kayser: „Es ist eigentlich ein sehr einfaches Gebäude.“
Mundinger befand 845.000 Euro aus dem Ausgleichsstock als „kleinen Zuschuss“. Dieser könne bei einer Neuplanung auch höher ausfallen. Eine kleinere Kubatur des Neubaus bedeute niedrigere Betriebskosten. Der Bürgermeister hielt angesichts einer gegebenen Zuschussdeckelung entgegen, dass es ein hoher Zuschuss sei. Auch er wandte sich entschieden gegen den Begriff „Prachtbau“. Lautstark mahnte Stefan Kragler (FWB) den drohenden Zeit- und Zuschussverlust an: „Dann passiert nichts und wir sind wieder nicht weitergekommen.“ Karl-Heinz Pappe (CDU) sagte: „Wenn die Zuschüsse an die Kubatur gebunden sind, dann lassen wir sie so.“
Befürchtungen, dass kein neues Rathaus gebaut werden könnte
Die Fördertöpfe des Landes würden gekürzt, schilderte Wolfgang Gayer (FWB). Es sei fraglich, ob man nochmals 40 Prozent bekommen werde. „Finger weg davon“, meinte dagegen Heiko Röllig (AfD). „Die Aussage, dass bald kein Geld mehr da ist, muss uns vorsichtiger machen.“ Michael Raunecker befand: „Wenn wir heute mit Nein stimmen, habe ich die ganz große Angst, dass kein Rathaus gebaut wird.“ Man könne die Verwaltungsmitarbeiter aber nicht in den sanierungsbedürftigen Räumen lassen.
Schließlich kam es zur Entscheidung, die man durchaus auch als Kampfabstimmung bezeichnen könnte. Mit 13 zu sieben Stimmen votierte das Gremium für die jetzt notwendigen Schritte für den Rathausneubau, so auch für die Beauftragung des Abbruchs von Haus Bairle.
Der geplante Rathausneubau
Architekt Bennet Kayser stellte im Dischinger Gemeinderat den geplanten Rathausneubau vor. Es handelt sich demzufolge um ein sechseckiges Gebäude mit drei Stockwerken und einem zentralen Treppenhaus mit Fahrstuhl, aber ohne Unterkellerung. Der Haupteingang soll auf der Westseite, Richtung Kirche, liegen. Im Erdgeschoss sind Standesamt und Bürgerbüro vorgesehen, im ersten Stock Ämter und Büros, im zweiten Stock unter anderem der Sitzungssaal in Richtung Westen, das Bauamt und weitere Büros.