Kahlschlag im Wald – in den siebziger Jahren ist die Forstwirtschaft von dieser Praxis abgekommen. Für manche Arten habe dies aber einen „Genickbruch“ bedeutet, schilderte Revierförsterin Beatrix Diedering am Mittwochvormittag bei einem Vor-Ort-Termin im Bereich Obere Gemeinde des Dischinger Gemeindewalds. Vertreter der Verwaltung, des Gemeinderats, der Bächinger Umweltstation Mooseum und der Heidenheimer Leader-Geschäftsstelle hatten sich zwischen Schloss Taxis und Schrezheim eingefunden, um eine Naturschutzmaßnahme zu würdigen: In einer Kooperation hatten junge Menschen im September hier einen ehrenamtlichen Pflegeeinsatz absolviert, um seltenen Schmetterlingen, die ausgelichtete Waldstellen bevorzugen, einen Lebensraum zu erhalten und sie so zu bewahren.
Das Gebiet sei ebenso wie ein paar Blauwald-Bereiche und einige bayrische Gegenden eines der letzten Verbreitungsgebiete von streng geschützten Faltern wie dem Eichen-Zipfelfalter und dem Wald-Wiesenvögelchen, so die Försterin. Aufgrund der in der Oberen Gemeinde vorhandenen, aber anfälligen Fichten hätten sich durch Stürme und feuchte Böden Kahlschlagsflächen ergeben, die die genannten Arten für ihr Dasein benötigen. Bevorzugt würden von Gehölz umgebene, windstille Wiesen als Umgebung. Das Wald-Wiesenvögelchen sei anhand seiner Eiablage nachzuweisen, für die es Gras brauche. „Der Schmetterling selbst ist klein, braun und fliegt nur etwa sechs Wochen im Jahr.“
Ein Wochenende für das „Öko-Werk“
Bereiche mit vielen umgesägten Bäumen benötigen aber auch Pflege, berichtete Beatrix Diedering. Und da kam ihr Ehemann Sebastian ins Spiel, der als pädagogische Fachkraft bei der Bildungseinrichtung Mooseum beschäftigt ist. Der Diplombiologe betreut dort unter anderem das „Öko-Werk“, ein Jugendcamp, das an einem Wochenende Freizeit mit einem Naturschutz-Einsatz verbindet. Diedering erläuterte seine Vorstellungen für die Umwelteinsätze: „Wie kriege ich junge Menschen dazu, sich mit der Natur zu beschäftigen?“ Seine Idee für 2024 war es, in Dischingen ein „Öko-Werk“ anzubieten, das die Befreiung des Schmetterlingsgebiets von Gestrüpp zum Ziel hat. Da die Gemeinde zum Erhalt geschützter Arten verpflichtet ist, stieß Diedering bei seiner Anfrage im Dischinger Rathaus auf offene Ohren – und eine Kostenzusage. Bürgermeister Dirk Schabel bemühte sich zusätzlich erfolgreich um eine Förderung durch das Leader-Programm der EU.
Statt der sonst üblichen Altersgruppe von zwölf bis 16 Jahre waren diesmal für das „Öko-Werk“ junge Menschen ab 16 angesprochen. Und etwa 30 Interessierte zwischen 16 und 23 Jahre meldeten sich an. Gezeltet wurde im September von Freitag bis Sonntag am Karlsbrunnen, der Samstag war der Waldpflegeaktion vorbehalten. Die Helfer und Helferinnen lichteten das Areal auf 0,3 Hektar Fläche entlang eines Wegs im Sinne der Falter auf. Darüber hinaus gab es unter anderem Zeit für Spiele, gemeinsames Kochen und Lagerfeuer-Gemütlichkeit. Das „Öko-Werk“ stelle auch eine Möglichkeit zum Austausch mit Anderen dar, die auch aktiv werden wollen: „Sie erfahren: Hier kann man etwas machen“, so Sebastian Diedering.
Eine Förderquote von 75 Prozent durch Leader
Namens der Heidenheimer Leader-Geschäftsstelle überreichte deren Leiter Markus Söhnlein dann die Leader-Plakette für die bezuschusste Naturschutzmaßnahme und das Camp. „Wir konnten die Jugendlichen bewegen“, würdigte er die gelungene Aktion. Die Förderquote habe 75 Prozent der förderfähigen Kosten betragen, insgesamt gab es 3660 Euro bei Gesamtbruttokosten von 5700 Euro.
Ob der Einsatz die nur noch reliktmäßig erhaltene Art retten kann, sei fraglich, meinte die Försterin. Aber mit den Pflegearbeiten solle es wenigstens versucht werden. Und daher würden einige Flächen dauerhaft freigehalten von Baumbewuchs. Insgesamt sei an eine Größenordnung von einem Hektar gedacht und deshalb sollen die Arbeiten in Zusammenarbeit mit dem Mooseum 2025 fortgesetzt werden. Sogar eine Förderung könnte erneut möglich werden. Ihr Ehemann sagte: „Ich freue mich, dass hier auch in den nächsten Jahren mit der Gemeinde Dischingen weitergemacht werden kann.“ Und dem pflichtete ebenso der Bürgermeister bei. Nächster Termin fürs „Öko-Werk“ in Dischingen ist vom 11. bis 13. Juli 2025.