Hochstatt

Einst Sommerresidenz, heute Golfclub: 1.200 Jahre Geschichte und nur eine Handvoll Besitzer

Wo heute Golfspieler ihrem Hobby nachgehen, war einst die Sommerresidenz des Neresheimer Abts. Die Geschichte Hochstatts reicht mehr als 1000 Jahre zurück, die Aktiven blicken aber auch in die Zukunft.

Einst Sommerresidenz, heute Golfclub: 1.200 Jahre Geschichte und nur eine Handvoll Besitzer

Wahrscheinlich war am 11. August 1796 der Kanonendonner bis nach Hochstatt zu hören: Bei der Auseinandersetzung, die als „Schlacht bei Neresheim“ in die Geschichtsbücher eingehen sollte, standen sich 43.000 österreichische und fast 45.000 französische Soldaten gegenüber. Am Ende des Tages waren 2.300 Tote und Verwundete zu beklagen. Einen eindeutigen Sieger des Gemetzels gab es freilich nicht, das Kämpfen und Töten ging andernorts weiter. Dennoch, so ist zu vermuten, wird man in Hochstatt den Ausgang der Schlacht erleichtert aufgenommen haben: Das Hauptgebäude, 1684 als Sommerresidenz des Neresheimer Abtes errichtet, war unversehrt geblieben. Heute ist es das Clubhaus des Golfclubs Hochstatt – nicht nur eines der historisch wertvollsten Clubhäuser Deutschlands, sondern auch eines der ältesten Barockgebäude auf dem Härtsfeld. Lediglich der zwischen 1617 und 1627 erbaute Glockenturm der Neresheimer Abteikirche ist noch älter.

Tragen Golfplätze zur Artenvielfalt bei?

Krieg und Vernichtung sind damals also an Hochstatt vorbeigezogen. Heutzutage ist das lauteste Geräusch das „Tock!“, wenn der Schläger auf den Golfball trifft. Die Zeit ist hier freilich nicht stehengeblieben, auch heute gibt es Herausforderungen. Der Club muss sich zum Beispiel mit den Themen befassen, die ihm der Klimawandel aufgibt. So sucht man erklärtermaßen immer wieder nach Möglichkeiten, die Bewässerung der Grüns zu optimieren – sprich: das benötigte Wasser möglichst gezielt und sparsam einzusetzen. „Wir achten auf Nachhaltigkeit“, betont Benjamin Klement, der sich im Vorstand des Golfclubs unter anderem um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert.

Auch mit Fragen der Biodiversität werden sich die Clubverantwortlichen in Hochstatt in den nächsten Jahren verstärkt befassen: Der Verein nimmt mit seinem Platz teil am Forschungsprojekt „Golf biodivers“, in dem bundesweit 32 Plätze in neun Bundesländern hinsichtlich ihrer Potenziale zur Aufwertung der biologischen Vielfalt untersucht werden sollen. Am Projekt beteiligt sind unter anderem Hochschulen aus München, Freiburg, Kiel und Münster. In Hochstatt ist man zuversichtlich, dass in den vergangenen Jahrzehnten im Sinne der Artenvielfalt schon viel erreicht wurde. So haben beispielswiese zahlreiche, für Insekten und Vögel wichtige Gehölzstreifen die früher landwirtschaftlich genutzte Freifläche unterbrochen.

Außerdem ist man im Golfclub durchaus stolz auf die lange und mittlerweile gut belegte Geschichte des Anwesens. Mit dieser Historie hat sich wohl niemand so intensiv befasst wie Dr. Konrad Scheuermann. Der frühere Zahnarzt aus Bopfingen ist Gründungsmitglied des Golfclubs und hat die weit über tausend Jahre währende Geschichte auf dem Hochplateau nicht nur in seinem erstmals 2007 aufgelegten Buch „Die lange Geschichte der Hochstatter Zeit“ dargelegt. Scheuermann forscht bis heute weiter, trägt immer wieder neue Erkenntnisse zusammen und hat die Ergebnisse zuletzt in einem Vortrag in der Reihe „Golf und Kultur“ weitergegeben.

Im 17. Jahrhundert war Hochstatt ein Fixpunkt in vielen Landkarten

„Hochstatt ist ein Ort mit Geschichte“, sagt Scheuermann. In Landkarten des 17. Jahrhunderts hat er die damalige Sommerresidenz verzeichnet gefunden, obwohl es damals nur ein einziges aus Stein errichtetes Gebäude war. Und Scheuermann bedauert, dass sich im Volksmund die Bezeichnung „Hochstatter Hof“ eingebürgert hat. Denn ein Hof im eigentlichen Sinne sei das Anwesen nie gewesen, auch wenn dort über lange Phasen hinweg Landwirtschaft betrieben worden sei. Scheuermann fügt scherzhaft hinzu, dass man etwa das Nietheimer Schlössle bequem im Hochstatter Haupthaus unterbringen könne.

Mehr als 1.200 Jahre Geschichte hoch über dem Egautal – da müssen die Eigentümer sich förmlich die Klinke in die Hand gegeben haben. Mitnichten, stellt Scheuermann fest. Er konnte durch seine Arbeit in den Archiven die Geschichte Hochstatts lückenlos nachverfolgen und herausfinden, dass es vor dem Golfclub gerade einmal vier Eigentümer auf der Hochfläche gab.

Erste Übergabe im 8. oder 9. Jahrhundert

Der erste urkundlich bezeugte Eigentümer war demnach ein Adliger namens Wolfolt, der Hochstatt, damals ein Weiler, als Schenkung im 8. oder 9. Jahrhundert dem Kloster Fulda übereignete. Nach dieser Schenkung, so Scheuermann in seinem Buch, sei Hochstatt „Teil eines riesigen Streubesitzes“ gewesen, den die Fuldaer Abtei im karolingischen Reich zu verwalten hatte. Dritter Besitzer war das Neresheimer Benediktiner-Kloster, allerdings gibt es keinen schriftlichen Beleg, wann dieser Wechsel stattfand. Gesichert ist lediglich, dass Papst Bonifaz VIII. den Besitz 1298 bestätigte.

Bis zum nächsten Eigentümerwechsel sollte es danach mehr als 500 Jahre dauern. Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Neresheimer Kloster säkularisiert wurde, gelangte Hochstatt in den Besitz des Fürstenhauses Thurn und Taxis. 2004 schließlich erwarb der Golfclub das 95 Hektar Fläche umfassende Hochplateau.

Gänzlich verschont von kriegerischen Handlungen blieb Hochstatt übrigens doch nicht: Am 16. April 1945 wurden die Gebäude bombardiert und später von amerikanischen Soldaten besetzt. Es entstanden schwere Schäden an der Bausubstanz. Noch im Sommer 1953 musste auf dem Gelände ein Blindgänger entschärft werden.

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