Leserbrief

Im Landkreis Heidenheim viel Gutes bewirkt

Leserbrief zu Plänen Rechtsextremer zur „Remigration“ und zum Beitrag „Wer soll denn hier die Arbeit machen?“ (Ausgabe vom 2. Februar):

Ab den ersten Projekten der Aktion Freunde schaffen Freude im Jahr 1984 gehören bei uns Migranten dazu. In unseren Leitgedanken ist dies verankert. Einer der ersten war Hüseyin Perktas, der uns als beliebter Kellner im „Hennenest“ aufgefallen ist. Bei seinem „Festival zwischen Bosporus und Brenz“ (der Titel ist meine Erfindung) und an zahlreichen Heilig-Abend-Feiern bewirkten wir gemeinsam für damalige Zeiten beispielhaft viel Gutes, was man heute Inklusion nennt.

Es macht uns dankbar, dass Hüseyin längst zu Heidenheim gehört, dass er sehr viele inklusive Hilfsaktionen alleine und mit türkischen und deutschen Freunden auf den Weg bringt und auch uns oft unterstützt.

Nicht alles lief so glatt. Als in Demmingen in den 1990er-Jahren kurdische Flüchtlinge Aufnahme finden mussten, waren viele Mitbürger hilfsbereit, zumindest offen. Doch am Fronleichnamstag, als wir mit Pfarrer und Monstranz durchs Dorf zogen, war an der Hauswand der Unterkunft in großen Lettern „Türken raus!“ zu lesen. Eine alte Frau sagte leise zu mir: „Da muss man sich ja schämen!“

Kurz darauf bekam ich auf einen Leserbrief, in dem ich humanitären Umgang mit den Menschen, die bei uns Schutz suchten, erbeten hatte, Morddrohungen und Beschimpfungen auf den Anrufbeantworter. Natürlich anonym, was alles noch schlimmer machte. Einmal detonierten am späten Abend bei uns an der Haustür laute Kracher, die zwar harmlos waren, doch zu einer schlaflosen Nacht führten.

Immer habe ich als Jugendliche meine Eltern gefragt: „Und warum habt Ihr nichts gemacht?“ Ab da habe ich verstanden, dass viel Mut dazugehört hätte, im Naziregime seine Meinung zu vertreten. Einmal bekamen wir in den Anfängen der „Freunde“ von einer Gruppe gut gekleideter Menschen Besuch. Sie boten uns Unterstützung an, allerdings nur, wenn wir Ausländer aus unserem kompletten Programm streichen. Das folgende Gespräch lässt mich heute noch erschaudern.

Es gibt viele Beispiele, für deren mutige Reaktionen wir Anerkennung bekamen. Darüber haben wir selten geredet. Dafür durften wir unzählige Male erleben, wie bereichernd und wohltuend ein Miteinander von verschiedenen Kulturen ist. Übrigens hilft eine kurdische Frau aus den Anfängen noch immer bei uns in der „Arche“ mit. Auch unsere ukrainischen Mieter sind sehr hilfsbereit. So wurde aus einseitiger Hilfe und Akzeptanz Freundschaft auf Gegenseitigkeit.

Deshalb ist es wichtig, sich auf friedliche Weise für ein demokratisches Miteinander starkzumachen – sei es allein oder besser noch in großer Gemeinschaft und mit Gebeten.
Inge Grein-Feil, Dischingen