Der Vorwurf bezieht sich auf Urheberrechtsverletzung und unerlaubte Vervielfältigung. So charakterisierte Bürgermeister Dirk Schabel einen schon länger andauernden Rechtsstreit der Gemeinde mit einer Berliner Anwaltskanzlei, den er jetzt mit einer Bekanntgabe in der jüngsten Sitzung des Dischinger Gemeinderats öffentlich machte.
In der Sache geht es um die angeblich wiederholte Abbildung von urheberrechtlich geschütztem Kartenmaterial, das im Internet von einer Firma zur lizenzierten Nutzung bereitgestellt wird, auf der Homepage der Härtsfeldgemeinde. Die Kanzlei vertritt diese Firma und die rechtliche Auseinandersetzung reicht bis in den Juli 2022 zurück. Inzwischen schlage die Angelegenheit „mit einem mittleren fünfstelligen Betrag zu Buche“, heißt es seitens der Gemeindeverwaltung. Und im kommenden Jahr wird sich das Oberlandesgericht Stuttgart in einem Berufungsverfahren damit beschäftigen.
Die Genese der juristischen Auseinandersetzung für Dischingen
Wie aber kam es zu diesem juristischen Streitfall und wie hat er sich seitdem entwickelt? Dazu musste Schabel in seiner Bekanntgabe weit ausholen.
So habe die Gemeinde vor zweieinhalb Jahren ein in Auftrag gegebenes Lärmschutzgutachten zum Bebauungsplan Eisbühl/Zwinkelweg auf ihrer Homepage veröffentlicht. Und Teil des Gutachtens war ein Kartenausschnitt aus dem Material der von der Kanzlei vertretenen Firma. In der Folge habe damals die Anwaltskanzlei die Gemeinde angeschrieben und auf eine illegale Veröffentlichung der Karte verwiesen. Für eine außergerichtliche Regelung seien von der Gemeinde ein Schadensersatz von 3000 Euro und eine Unterlassungserklärung verlangt worden. Bei Zuwiderhandlung sei eine Strafe von 5100 Euro zu bezahlen. Die Gemeinde sei den Forderungen nachgekommen und habe das angemahnte Dokument von der Internetseite entfernt, heißt es in der jetzt vorgelegten Bekanntgabe der Verwaltung.
Doch schon im September 2022 habe sich die Kanzlei erneut an die Gemeinde gewandt, weil das Dokument weiterhin auf der Homepage zu finden sei. Verbunden gewesen sei dies mit weiteren und höheren finanziellen Forderungen und einer „strafbewehrten Unterlassungserklärung“. Da die Gemeinde dies abgelehnt habe, habe es eine schriftliche Auseinandersetzung gegeben und die Kommune habe einen Anwalt eingeschaltet. Danach kam es dann im Januar 2023 zur Klage gegen die Gemeinde.
Verfahren am Landgericht Stuttgart
In dem Verfahren am Landgericht Stuttgart gehe es inzwischen um mehrere Geldbeträge, die unter anderem wegen fortgesetzten Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung von der Kanzlei verlangt würden: Der Kartenausschnitt sei unter zwei Links auf der Webseite der Gemeinde weiterhin zugänglich gewesen, besagt der Gemeindeverwaltung zufolge der damals erhobene Vorwurf.
Bei der Verhandlung im Januar 2024 sei seitens des Gerichts erkennbar geworden, dass man die Aussagen des Klägers für zutreffend halte. Der Gemeinde solle die Datei von ihrer Homepage entfernen und sich mit dem Kläger auf einen Vergleich einigen. Nach einer Beratung mit ihrem Anwalt lehnte die Kommune einen Vergleich jedoch ab. Der Grund dafür: Es handele sich um die Angabe einer falschen Internetadresse. In der jetzt erfolgten Dischinger Bekanntgabe heißt es: „Das Gericht hat keineswegs hinterfragt, ob die im Schreiben vom 28.01.2024 genannte Internetadresse (URL) überhaupt den Server der Gemeinde ansteuert. Dies ist nicht der Fall, leider auf den ersten Blick aber aus der Kopie des Schreibens nicht gut erkennbar.“
Bürgermeister Schabel sagte im Gemeinderat: „Wenn ein Gericht nicht erkennt, dass es nicht die Internetadresse der Gemeinde ist, ist es schwierig mit einem Vergleich.“
Internet-Adresse gehört zu einem Web-Archiv
Wie die Verwaltung weiter ausführt, könne man auf der betreffenden Internetseite feststellen, dass die URL oben mit „web.archive.org“ beginne. Dabei handele es sich um ein Web-Archiv eines wohl amerikanischen Unternehmens, das die Möglichkeit biete, nicht mehr vorhandene oder veränderte Webseiten sehen zu können. Wenn man diese Seite in Bezug auf Dischingen öffne, dränge sich eine „Wayback Machine“ in den Vordergrund und erwecke den Anschein, dass der Nutzer sich auf www.dischingen.de befindet. Und hier sei die fragliche, von der Gemeinde entfernte Datei abruf- und einsehbar gewesen.
Beim erfolgten Urteil des Landgerichts zugunsten des Klägers sei dieser jedoch mit der Höhe der zugesprochenen Geldsumme nicht einverstanden gewesen und habe daher Berufung beim Oberlandesgericht Stuttgart eingelegt, schilderte Bürgermeister Schabel auf Nachfrage. Die Gemeinde habe somit selbst keine Berufung mehr einlegen müssen.
Berufung führt vors Oberlandesgericht Stuttgart
Was den aktuellen Stand der Dinge in dem Rechtsstreit angeht, so berichtete Schabel, dass ein Gemeinderatsmitglied den Kontakt der Kommune zum Syndikusanwalt eines großen Unternehmens aus der Region hergestellt habe. Und von diesem sei bestätigt worden, dass die Gemeinde Dischingen den richtigen Weg eingeschlagen habe „und es auch nicht zielführend gewesen wäre, sich auf einen Vergleich einzulassen“, so die Bekanntgabe. Von „archive.org“ gebe es mittlerweile auch eine Bestätigung, dass die Internetadresse www.dischingen.de aus dem Archiv gelöscht worden sei. Die Gemeindeverwaltung geht davon aus, dass dies ihre Rechtsposition stärkt.
Ein Verhandlungstermin am Oberlandesgericht sei auf Ende März 2025 terminiert, sagte Schabel. Der Bürgermeister ergänzte abschließend: „Wir sehen dem mit Optimismus entgegen.“