Berufsentscheidung

Vom Elektrotechniker zum Priester: Warum Pfarrer Horst diese Entscheidung immer wieder treffen würde

Heidenheims katholischer Dekan und Dischingens Pfarrer Dr. Dietmar Horst kann auf einen ungewöhnlichen beruflichen Lebensweg zurückblicken: Der promovierte Elektrotechniker hat seinen Wechsel zur Theologie und ins Priesteramt nie bereut.

Acht Kirchengemeinden, elf Gottesdienstorte und über 5000 Katholiken aus den Kommunen Dischingen, Nattheim und Oggenhausen: Zusammen mit seinem Kollegen Bernd Hensinger betreut Pfarrer Dr. Dietmar Horst die Seelsorgeeinheit Härtsfeld, deren Leitung er auch innehat. Doch für Horst endet die Verantwortung längst nicht an den Grenzen der genannten Gemeinden, denn seit 2022 ist er der Chef im katholischen Dekanat Heidenheim, das im Prinzip dem Landkreis entspricht. Heute gefragt, ob es etwas gibt, das der Dekan und Pfarrer gerne ändern würde, überlegt Horst kurz. Dann sagt er eindeutig: „Der Gottesdienstbesuch ist rückläufig. Er hat sich in den vergangenen 30 Jahren deutlich mehr als halbiert. Ich würde mir mehr Besucher wünschen.“

In die Faschingszeit eingebunden

Mit einem Pfarrbüro in der Heidenheimer Narrenhochburg Dischingen ist es für einen katholischen Geistlichen natürlich klar, dass man um die fünfte Jahreszeit keinen Bogen machen kann. So ist Horst durch den von ihm zelebrierten und bei den Menschen beliebten Fasnachtsgottesdienst – in diesem Jahr am Sonntag, 23. Februar – seit Jahren indirekt in die Veranstaltungen eingebunden. Und schon am 14. Februar lädt er öffentlich in die närrisch dekorierte Egauhalle ein, denn just am Valentinstag hat er Geburtstag, in diesem Jahr feiert er seinen 60.

Sehr zu schätzen weiß der Theologe an seiner Seelsorgeeinheit Härtsfeld besonders die „insgesamt stabile Bereitschaft, ehrenamtlich mitzumachen“. Ebenso sei er mit allen Mitarbeitern sehr zufrieden. Der Pfarrer: „Die Seelsorgeeinheit ist für mich Heimat.“ Wertschätzung der Mitarbeitenden und der Beschäftigten, Nähe zu den Menschen und die Ökumene sind ihm wichtig.

Abitur mit der Bestnote 1,0

Ein geradliniger Weg war es allerdings nicht, der Dietmar Horst in die Position führte, die er heute einnimmt. Aufgewachsen sind Dietmar Horst und sein jüngerer Bruder in Ditzingen bei Stuttgart. Schon immer sei die Familie in der dortigen Kirchengemeinde sehr verwurzelt gewesen. Er absolvierte die Realschule und wechselte dann aufs Technische Gymnasium in Leonberg. Sein Abitur legte er 1984 mit der Traumnote 1,0 ab: „Ich war Jahrgangsbester in der Realschule und beim Abi“, erinnert er sich.

Der sich von Jugend an für Elektrotechnik interessierende junge Mann studierte dieses Fach dann von 1985 bis 1991 an der Stuttgarter Universität, im Anschluss an seine Zeit bei der Luftwaffe der Bundeswehr. Als Diplomingenieur war er bis 1996 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Uni-Institut für Netzwerk- und Systemtheorie sowie Gutachter für das Forschungsministerium. Auch seinen Doktor machte Horst in Elektrotechnik. Doch damals beschäftigte er sich schon einige Zeit mit einem recht extremen Wechsel in Bezug auf seine weitere berufliche Laufbahn.

Vom Diplomingenieur der Elektrotechnik zum Theologen

„Ich stellte mir die Frage: Wo will Gott mich haben?“, schildert der in der katholischen Kirchengemeinde Ditzingen stets ehrenamtlich aktiv Gewesene. Längere Zeit habe er sich in der ersten Hälfte der neunziger Jahre damit auseinandergesetzt und sei zum Schluss gekommen, „dass ich Theologie studieren will“. Ein „wohlüberlegter Entschluss“, wie der Dischinger Pfarrer und heutige Heidenheimer Dekan betont. Noch immer sei er mit seiner Entscheidung glücklich: „Ich würde es genauso wieder machen.“

So absolvierte Dietmar Horst das Theologiestudium, das ihn von 1996 bis 2001 nach Tübingen und München führte. Und seine nächsten wesentlichen Etappen waren dann die Weihe zum Diakon 2002 in Stuttgart, die Priesterweihe im Rottenburger Dom 2003 und Vikarsstellen in Stuttgart und Trossingen. Im Oktober 2007 wurden er und der ihm schon länger bekannte Kollege Hensinger als Pfarrer der Seelsorgeeinheit Härtsfeld eingesetzt. Vorausgegangen war eine Wanderung der beiden auf dem Jakobsweg, um zu sehen, ob eine Zusammenarbeit funktionieren kann: „Das war wichtig für den gemeinsamen Start hier“, so Horst.

Ein lebensbedrohliches Gesundheitsproblem

2014 wurde er stellvertretender Dekan und nach der Wahl Mitte 2022 übernahm er das Amt des Dekans. Und dies trotz eines schweren lebensbedrohlichen Ereignisses in jenem Jahr.

Am Morgen des 4. März 2022 erlitt der Dischinger Pfarrer einen Herzinfarkt. Schnelle medizinische Hilfe im Klinikum Heidenheim rettete sein Leben. So habe er heute keine gesundheitlichen Einschränkungen zu beklagen: „Ich kann alles machen und ich fahre viel Fahrrad. Bewegung ist wichtig.“ Damals habe er gesagt: „Es ist so gut ausgegangen, da kann ich auch das Amt des Dekans antreten.“ Allerdings fügt er aktuell an: „Es ist schon auch deutlich Mehrarbeit.“

Dennoch gebe es noch Gelegenheiten für private Interessen und Hobbys, sagt Horst. Dazu gehören für ihn Wandern und Radfahren, im Winter Lesen und Gesellschaftsspiele. „Diese Zeit muss man sich nehmen.“ Außerdem sammelt der Geistliche das klassische Baukastensystem Fischer-Technik, aus dem er schon große Kugelbahnen erstellt habe.

Und wenn er drei persönliche Wünsche freihätte, stände an erster Stelle, dass die Gesundheit so gut bleibt, wie sie ist. Dann, dass es in der Gemeinde ohne große Streitigkeiten so weitergeht und der Umgang miteinander gut bleibt. Ein dritter Wunsch will ihm gar nicht einfallen: „Diese beiden Wünsche reichen mir.“

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