Die Initiatoren des Bürgerbegehrens „Stoppt den beschlossenen Rathausneubau“ in Dischingen können einen ersten großen Erfolg verbuchen: Mit Stand 7. Januar haben sie auf ihren Listen bereits 728 Unterschriften gesammelt – und das, obwohl die Sammlung noch bis 11. Januar weitergeht. Für den angestrebten Bürgerentscheid mit der Fragestellung „Sind Sie gegen den Rathausneubau und damit gegen den gefassten Gemeinderatsbeschluss vom 2. Dezember 2024?“ mussten nur sieben Prozent der Wahlberechtigten das Begehren unterzeichnen. In Dischingen sind das geschätzt rund 250 Bürger und Bürgerinnen. Somit ist das notwendige Quorum für einen Entscheid schon jetzt mehrfach überschritten. Die Initiative übergab die bisherigen Listen am Dienstagnachmittag im Rathaus an Bürgermeister Dirk Schabel.
Dischingens Verwaltung prüft jetzt die Unterschriftenlisten
Für die Gemeindeverwaltung gilt es nun, die Listen des Bürgerbegehrens daraufhin zu überprüfen, ob die Unterschriften korrekt und die Unterzeichner allesamt Dischinger Bürger über 16 Jahre sind. Wesentliche Bestandteile dieses Antrags auf einen Bürgerentscheid seien eine Begründung und ein Kostendeckungsvorschlag, so Bürgermeister Schabel auf Anfrage. Binnen zwei Monaten ab Datum der Übergabe müsse das Thema dann im Gemeinderat aufgegriffen werden. Schabel zufolge soll dies in der Sitzung am 27. Januar geschehen.
Was die nötige Begründung ihres Antrags angeht, so hat die Initiative auf den Listen unter anderem die als zu hoch empfundenen Kosten von 7,5 Millionen Euro für den Rathausneubau, die als „überdimensioniert“ empfundene Größe des Baus sowie ein fehlendes Gesamtkonzept für die Dischinger Ortsmitte genannt. Der Kostendeckungsvorschlag zeige auf, dass das Bürgerbegehren auf Einsparungen durch Unterlassen einer „außerordentlich kostenträchtigen Maßnahme“ abzielt und nicht etwa zu Kosten führt, ferner reduzierte Kosten durch eine „optimierte Neuplanung“ ermöglicht.
Zur elfköpfigen Gruppe der Initiatoren gehören drei Vertrauenspersonen: der 45-jährige Andreas Mas Casellas, der in Dischingen wohnt und als Geschäftsführer in Frankfurt tätig ist, der 50 Jahre alte Verkaufsleiter Martin Kölle und der 78-jährige Rentner Hans Rau. Die übrigen Beteiligten würden nicht in die Öffentlichkeit treten wollen, so Mas Casellas. Sie alle hätten mit vielen Menschen gesprochen, wie sie zu dem geplanten Neubau stehen, berichtete Mas Casellas auf Nachfrage. „Die Bevölkerung möchte dieses teure Rathaus nicht. Die Gemeinde sollte jetzt die Notbremse ziehen und ein stimmiges Gesamtkonzept erarbeiten.“
Die Unterzeichner stammen aus allen Ortsteilen
Die bisherigen 728 Unterschreiber gegen den geplanten Neubau stammen den Vertrauenspersonen zufolge aus allen Dischinger Ortsteilen und seien im Alter von 16 bis über 90 Jahre. Mas Casellas: „Das Votum der Bürger ist klar. Wir gehen davon aus, dass der Gemeinderat dieses deutliche Zeichen erkennt.“ Die Initiative wolle ein neues Rathaus und vernünftige Arbeitsplätze, nur eben nicht wie in der aktuellen Planung, betonen die Vertrauenspersonen. „Wir sind gesprächsbereit und offen für konstruktive Pläne.“ Es gehe jetzt darum, nicht noch mehr Zeit zu verlieren und Kosten zu verursachen. Seitens der Bürger gebe es eine hohe Bereitschaft, sich in die Planung einzubringen. „Wir können gemeinsam ein Konzept entwickeln, das für alle passt“, so Mas Casellas.
Zwei Möglichkeiten: Entscheidung im Gemeinderat
Zwei Varianten des Vorgehens sind für den Bürgermeister jetzt im Gemeinderat denkbar. Vorausgesetzt, dass die Prüfung der Unterschriftenlisten keine formalen Fehler ergibt, müsse im einen Fall eine Vertrauensperson der Initiative im Gremium angehört und die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt werden. Die Räte dürften dann keine Beschlüsse mehr zum Thema Rathausneubau treffen oder vollziehen. Der Bürgerentscheid müsse dann innerhalb von vier Monaten nach der Gemeinderatsentscheidung erfolgen. Schabel: „Wenn es zum Bürgerentscheid kommt und die dort gestellte Frage mit einer Mehrheit von mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten mit Ja beziehungsweise Nein beantwortet wird, ist der Bürgerentscheid getroffen.“
Das Ergebnis eines Bürgerentscheids, der unter Aufsicht des Landratsamts stehen würde, ohne 20-prozentige Mehrheit sei für die Gemeinde nicht bindend, so der Bürgermeister. Sollte die Quote erreicht werden, wäre der Entscheid dagegen zwingend und würde den bestehenden Gemeinderatsbeschluss ersetzen. Die Anzahl der Stimmberechtigten liegt in Dischingen bei etwa 3600 Personen. 20 Prozent entsprächen somit etwa 720 Menschen – eine Zahl, die mit den jetzigen 728 Unterschriften gegen den Neubau schon überschritten wäre.
Bei der zweiten vorstellbaren Variante würde der Bürgerentscheid entfallen, weil der Gemeinderat sich in der Sitzung den Vorstellungen des Bürgerbegehrens anschließt und für das Aufheben seines Beschlusses vom 2. Dezember votiert, schilderte Schabel. „Die Verwaltung wird eine der beiden Möglichkeiten als Beschlussempfehlung aussprechen.“ Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Zahl an Neubaugegnern sagte Schabel in einer persönlichen Einschätzung: „Ob ich dem Gemeinderat empfehle, seinen Beschluss aufzuheben, muss ich einer engeren Prüfung unterziehen.“