Das Interesse der Bürger und Bürgerinnen am Thema Neubau des Rathauses war groß: Voll besetzt waren die Zuhörerreihen Anfang Dezember 2024, als der Dischinger Gemeinderat über die Umsetzung des Vorhabens beriet.
Applaus gab es bei Pro ebenso wie bei Contra. Mit 13 Ja- und sieben Nein-Stimmen fiel auch das Abstimmungsergebnis der Räte alles andere als einheitlich aus. Und dass die Angelegenheit die Gemüter weiter bewegt, zeigt sich unter anderem daran, dass jetzt eine Initiative im Ort Unterschriften für ein Bürgerbegehren mit dem Titel „Stoppt den beschlossenen Rathausneubau“ sammelt. Als Ziel der Aktion wird ein Bürgerentscheid genannt, in dem es um die Frage „Sind Sie gegen den Rathausneubau und damit gegen den gefassten Gemeinderatsbeschluss vom 2. Dezember 2024?“ gehen soll.
Auf den Unterschriftenlisten, die von den Initiatoren im Bekanntenkreis verteilt und nicht etwa öffentlich in Läden ausgelegt wurden, werden als Begründung für die Ablehnung des beschlossenen Rathausneubaus fünf Punkte aufgezählt. So werden die für den Bau veranschlagten Kosten mit 7,5 Millionen Euro als zu hoch und die vorgesehenen Büro- und Nutzflächen als zu groß bewertet.
Weiter heißt es, dass ein Gesamtkonzept für die Ortsmitte mit Marktplatz und altem Rathaus fehle. Vorgeschlagen wird, „ein zweckmäßiges, in der Größe angepasstes und kostengünstigeres Rathaus“ zu erstellen. Es gebe Möglichkeiten, „die sowohl wirtschaftlich wie zeitlich im Rahmen eines Gesamtkonzepts für die Dischinger Ortsmitte realisierbar sind“.
Drei „Vertrauenspersonen“ beim Bürgerbegehren
In einem zugehörigen „Kostendeckungsvorschlag“ schreiben die Initiatoren: „Das Bürgerbegehren zielt auf Unterlassung einer außerordentlich kostenträchtigen Maßnahme und führt zu Einsparungen, nicht etwa zu Kosten. Durch eine optimierte Neuplanung sollen sowohl die Baukosten, wie auch die künftigen Unterhalts- und Instandhaltungskosten reduziert werden.“ Darüber hinaus ist auf den Listen festgehalten, dass die drei dort erwähnten „Vertrauenspersonen“ für das Bürgerbegehren berechtigt werden, den Antrag auf Bürgerentscheid im Fall eines erzielten Kompromisses zurückzunehmen oder im Rahmen rechtlicher Möglichkeiten abzuändern.
Uns fehlt ein Gesamtkonzept, was überhaupt in Dischingen passiert
Andreas Mas Casellas, Vertrauensperson
Der 45-jährige Andreas Mas Casellas aus Dischingen ist eine der genannten Vertrauenspersonen. Im Gespräch schildert er, dass die Initiative aus insgesamt elf Leuten besteht. „Die Gruppe hat sich entschlossen, den Beschluss im Gemeinderat so nicht zu akzeptieren“, sagt er. Mit dem Bürgerbegehren wolle man herausfinden, ob die Ablehnung in der Bürgerschaft ebenfalls groß ist. Es gehe darum, ein Meinungsbild einzuholen. Bürgermeister und Gemeinderat solle dann Gelegenheit gegeben werden, sich nochmals damit zu befassen.
Initiative vermisst ein Gesamtkonzept für Dischingens Ortsmitte
„Uns sind die Kosten von 7,5 Millionen Euro, von denen wir wissen, dass es noch mehr wird, zu hoch“, so Mas Casellas. Diese Summe an Steuergeldern sei viel für ein neues Rathaus, ohne irgendwas drumherum und mit einem alten Rathaus, das saniert werden müsse. „Wir wissen, dass es bessere Möglichkeiten gibt. Uns fehlt ein Gesamtkonzept, was überhaupt in Dischingen passiert.“
Sieben Prozent der wahlberechtigten Dischinger müssten die Listen unterschreiben, damit es zum Bürgerentscheid kommen könnte, erläutert der 45-Jährige. Nach seiner Schätzung seien das etwa 250 Unterschriften. Dass diese zusammenkommen, halte die Initiative für sicher. Bei einem eventuell folgenden Entscheid müsse ein Quorum von 20 Prozent der Wahlberechtigten erreicht werden. Wenn dies dann gelingen sollte, zähle die Mehrheit der gültigen Stimmen.
„Wir sind nicht generell gegen einen Rathausneubau“, ist es Mas Casellas wichtig festzustellen. „Wir brauchen natürlich ein neues Rathaus“, fügt er im Hinblick auf den schlechten Zustand des alten Verwaltungsgebäudes an. „Nur nicht so groß und so teuer.“ Angesichts der vielen Aufgaben in Dischingen „darf sich die Gemeinde finanziell nicht so verausgaben für ein Rathaus“. Sein Eindruck in der Gemeinderatssitzung sei gewesen, dass die Bürger eine klare Meinung dazu hatten und insofern sei er vom Abstimmungsergebnis überrascht gewesen.
Ein Kompromiss als eigentliches Ziel
„Wir haben keinerlei Vor- oder Nachteil in der Sache. Es ist für uns aber ein wichtiges Thema für Dischingen“, betont der 45-Jährige. Die Initiative hoffe auf einen Kompromiss, sodass das Verfahren nicht weiterverfolgt werden müsse, und erwarte eine Reaktion seitens der Gemeindeverwaltung. Mas Casellas: „Wir hatten ein sehr gutes Gespräch mit dem Bürgermeister. Es sollen keine Fronten aufgebaut werden. Wir wollen miteinander sprechen.“
Dischingens Bürgermeister Dirk Schabel bestätigte, dass das Bürgerbegehren in Dischingen im Gang ist. Wenn die Unterschriftenlisten vorliegen, werde die Angelegenheit durch die Gemeinde geprüft. „Das Thema wird sicherlich Priorität eins haben, wenn der Betrieb im Rathaus am 7. Januar wieder beginnt.“
Einstweilen werden in Dischingen noch bis 11. Januar Unterschriften gegen den Neubaubeschluss gesammelt.
Die aktuellen Kosten für den Neubau
Auf rund 7,5 Millionen Euro werden die Gesamtkosten für den Rathausneubau in Dischingen derzeit kalkuliert. Die Gemeinde kann mit Zuschüssen von 845.000 Euro aus dem Ausgleichsstock, 1,8 Millionen Euro aus der Städtebauförderung und einer KfW-Finanzhilfe von 290.000 Euro rechnen. Für Dischingen verbleibt ein Eigenanteil von rund 4,6 Millionen Euro.