Souverän wollte Kabarettist Mathias Tretter mit seinem gleichnamigen Programm am vergangenen Freitagabend in der Arche Dischingen auftreten. Doch auch einen Meister des politischen Kabaretts können Themen wie „Infrastruktur“ einholen. Bis kurz vor Beginn der Veranstaltung konnten sich die knapp 130 Besucher gar nicht so sicher sein, ob diese überhaupt stattfindet. Denn die Deutsche Bahn meinte es nicht gut mit Tretter, und erst durch das beherzte Eingreifen der Arche-Mitarbeiter wurde der Comedian kurzerhand mit dem Auto in Crailsheim abgeholt und auf dem letzten Teilstück seiner turbulenten Anreise nach Dischingen chauffiert.
Nach dem vermeintlich kürzesten Soundcheck aller Zeiten legte der studierte Anglist und Germanist, geboren in Würzburg und lebend in Leipzig, mit den Worten „Sind Sie auch da, um für zwei Stunden die Realität zu vergessen?“ mit einem mächtigen Tempo los. Da kann sich die Bahn gerne eine Scheibe abschneiden.
Deutsche und internationale Themen
Die schnelllebige Zeit war ein zentrales Thema von Tretter. Können wir uns sicher sein, ob Markus Söder nach dieser Veranstaltung zwischenzeitlich nicht etwa seine eigene Partei PMS (Partei Markus Söder) gegründet hat? Eine Frage, die man kontrovers diskutieren kann. Ging es um Politiker aus dem eigenen Land, bekam vor allen Dingen Robert Habeck ein paar ordentliche Seitenhiebe ab. Globaler wurde es, als Tretter über Steuerflüchtlinge und Steueroasen berichtete, zum Beispiel über ein Gebäude, welches 1200 Unternehmen ein Zuhause gibt und in dem sich 19 Angestellte einen Briefkasten teilen – willkommen im Steuerparadies der Gegenwart.
Auch die US-Präsidentschaftswahlen haben Tretter beschäftigt. Er erläuterte, warum Donald Trump die Wahlen am 5. November dieses Jahres gewonnen hat beziehungsweise warum Kamala Harris diese verlor – eine köstliche, mitunter eigenwillige Interpretation. Als der Kabrettist schließlich die Krösusse Elon Musk und Jeff Bezos zum Kaffeekränzchen in die ultimative Freihandelszone auf den Mars beamte, war’s längst vorbei mit der Reduzierung auf irdische Themen. Wie schon James Bond anno 1999 wusste: Die Welt ist nicht genug.
Unterstützung von Ansgar
Falls Mathias Tretter dann doch mal nicht weiterwusste, sprang sein Alter Ego Ansgar ein, der aus Leidenschaft dauerbekiffte Kumpel, der mit seinen 51 Jahren frisch von der Uni kam und – egal wie schwerwiegend die Herausforderung auch war – am Ende immer eine Lösung parat hatte. Da darf man auch gerne mal als Aufguss in der Sauna den guten alten Knoblauchschnaps verwenden – wohl bekomm’s. Dass es für die „männliche Version von Taylor Swift“ sogar noch zu seiner persönlichen Weltraummission reichen sollte, kam hingegen überraschend – schließlich war Ansgar davon überzeugt, niemals in den Himmel zu kommen.
Tretter konnte sein Tempo mühelos bis zur finalen Anekdote halten. Zahlreiche Geschichten, intelligente Wortspiele, eine hohe Anzahl an Gags und politisch natürlich reichlich unkorrekte Interpretationen, die auch mal unter die Gürtellinie gingen – Tretter traf den Nerv des Publikums an diesem kurzweiligen, ungemein souverän geführten Abend.
Mehr Kabarett im Dezember
In der Arche geht es bereits am 01.12.2024 um 18.00 Uhr weiter. Dann werden Josef Brustmann und Peter Gaymann mit ihrem Programm „Hühner & Musik: Lieder – Livezeichnungen – Werkstattgespräch“ mit einer Mischung aus Musik-Kabarett und Cartoons für eine heitere und lockere Stimmung sorgen.