Leserbrief

Verantwortungslose Entscheidung des Dischinger Gemeinderats

Leserbrief zum geplanten Neubau des Rathauses in Dischingen.

Unglaublich, aber wahr: Eine Gemeinde, in der die Mäuse mit verheulten Augen die Bühnentreppe herunterkommen, plant einen Rathausneubau für 7,5 Millionen. Darin sind aber die Kosten für Außenanlagen, Inneneinrichtung und Pflichtsanierung des denkmalgeschützten alten Rathauses genauso wenig eingepreist wie die laufenden Betriebs-, Energie- und Instandhaltungskosten.

Die Überdimensionierung wird deutlich, wenn man sich vor Augen hält: 30 Büros für 19 Beschäftigte und ein Sitzungssaal für einen Sitzungstermin im Monat. Dabei ist die aktuelle Lösung, Gemeinderatssitzungen in der Egauhalle abzuhalten, zu Zeiten, wenn diese sowieso nicht anderweitig genutzt wird, absolut nachhaltig. Zwangsläufig entsteht bei diesem Bauvorhaben nebenbei ein denkmalgeschütztes, saniertes, altes Rathaus ohne Nutzung. Es fehlt an Demut, Bescheidenheit und Maßhalten. Abgesehen von dem finanziellen Fiasko passt ein sechseckiger Betonbau einfach nicht in ein dörfliches Umfeld. Die Ortsmitte wird baulich dann also in Zukunft aus einem Sammelsurium aus Betonbollwerk, historischem Rathaus, Kirche, Banken, leerstehenden Ladengeschäften, Bauruine und Industriegebäude bestehen.

Die Egau bleibt nicht erlebbar, es gibt weiterhin keine Freiflächen und keine Aufenthaltsqualität. Wie soll da das Dorfleben beflügelt werden? Die Befürworter argumentieren zum einen mit der Gesundheit der Mitarbeiter. Das wurde aber erstaunlicherweise in den seit Jahren laufenden Planungen noch nie ins Felde geführt. Zum anderen befürchtet man den Verlust von Zuschüssen. Der Sinn und Zweck von Landeszuschüssen ist aber nicht, eine möglichst große Summe abzugreifen und schneller zu sein als die Nachbarn, sondern notwendige, wohlbedachte, dem Bürger nützende Projekte zu ermöglichen. Ich finde, da sollte man das große Ganze im Blick haben.

Die Entscheidung des Gemeinderates für einen Rathausneubau in dieser Form halte ich für verantwortungslos. Jedem muss klar sein, was das bedeutet: Gebühren und Hebesätze werden kontinuierlich steigen, und trotzdem wird für etwas anderes nie Geld da sein. Für einen Bürgerentscheid wäre es jetzt noch nicht zu spät.
Bernd Alexander Lorenz, Dischingen