„Destruktive Politik“

Vertrauensverlust: CDU-Mitglieder fordern den Rücktritt des Ortsverbandsvorsitzenden Andreas Plaznik in Dischingen

Im CDU-Ortsverband Dischingen gibt es offenbar große Spannungen: Mehrere Mitglieder kritisieren den Vorsitzenden Andreas Plaznik scharf, unter anderem wegen umstrittener Politik und seiner Klage gegen die Gemeinderatswahl. Er selbst berichtet hingegen von großem Zuspruch für den Ortsverband.

Im Dischinger Ortsverband der CDU knirscht es. Mehrere aktive und frühere Vorstandsmitglieder legen dem Vorsitzenden Andreas Plaznik offen den Rücktritt nahe. Plaznik solle seine „destruktive Politik“, die zu Austritten und Wechseln in andere Ortsverbände geführt habe, „sofort beenden“. Es geht um Sitzungen, zu denen Teile des Vorstands womöglich nicht eingeladen wurden, es geht aber auch um die Klage gegen die Gemeinderatswahl vom Juni 2024. Der Kläger Andreas Plaznik wendet sich damit gegen die in seinen Augen „exorbitant restriktiven Voraussetzungen“ bezüglich der Plakatierung im Vorfeld der Wahl.

Mehrere Personen sind bereits aus dem Verband ausgetreten, einige davon sind jetzt Mitglied in anderen Ortsverbänden der Christdemokraten. Andere sind offenbar unzufrieden, wollen aber im Verband bleiben.

Vier CDU-Mitglieder aus der Gemeinde Dischingen haben ein Schreiben verfasst, das der HZ vorliegt. Darin formulieren sie ihre Kritik am Vorsitzenden Plaznik in einer Schärfe, die auch auf der sturmerprobten Ebene der Lokalpolitik ungewöhnlich ist. Die Autoren legen ausdrücklich Wert darauf, namentlich genannt zu werden: Neben dem früheren Dischinger Bürgermeister und Landtagsabgeordneten Bernd Hitzler, der zum Zeitpunkt seines Austritts stellvertretender Ortsverbandsvorsitzender war, handelt es sich um Franz Göttle, ebenfalls Verbandsvize und Altgemeinderat, Beisitzer und Altgemeinderat Franz Wörrle sowie das frühere Ratsmitglied Georg Bayer aus Frickingen.

Bernd Hitzler wechselte nach Nattheim

„Ich werde erst auf dem Sterbebett aus der CDU austreten“, sagt Bernd Hitzler am Telefon. Aber der Ortsvorsitzende Plaznik sei „in der Dauerattacke gegen den Bürgermeister, die Gemeinde und Teile des Gemeinderats“. Davon distanziert sich Hitzler: „Das mache ich nicht weiter mit.“ Anfang September sei er daher aus dem Ortsverband Dischingen aus- und in den Ortsverband Nattheim eingetreten. Hauptgrund sei die Klage Plazniks „gegen die Gültigkeit der Gemeinderatswahl“ 2024, die derzeit vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart anhängig ist. Dort heißt es auf Anfrage, dass eine Verhandlung der Klage derzeit noch nicht terminiert sei. Bis Sommer sei damit auch nicht zu rechnen, so die Pressestelle des Gerichts.

Andreas Plaznik sagt auf HZ-Anfrage, er sei bislang nicht mit persönlicher Kritik konfrontiert gewesen. Im Gegenteil: „Der CDU-Ortsverband erhielt für seine Arbeit der vergangenen Wochen und Monate sehr viel Zuspruch, auch von Nicht-Parteimitgliedern. Zahlreiche Vertreter aus der Gemeinde, auch Vereinsvertreter, sagen, der CDU-Ortsverband gibt vielen Bürgern eine Stimme, die sonst nicht gehört werden.“

„Konstruktiv zum Wohle der Gemeinde“

Als Beleg dafür, dass die CDU Dischingen „konstruktiv zum Wohle der Gemeinde“ arbeite, führt Plaznik ein Gespräch mit dem Bundestagsabgeordneten Roderich Kiesewetter in Demmingen an. Besonders hebt er aber eine Veranstaltung mit dem „renommierten Journalisten Ralf Schuler vom Medienportal Nius“ auf Burg Katzenstein hervor. Der frühere „Bild“-Journalist, der nun für das als rechtspopulistisch geltende Online-Magazin des Ex-„Bild“-Chefs Julian Reichelt arbeitet, habe dabei die Frage erörtert, „ob es eine Berliner Medienblase“ gebe.

Zur Anfechtung der Gemeinderatswahl und den Austritten aus seinem Ortsverband äußert sich Plaznik nicht. Nur einen Satz schreibt er dafür als Begründung: „Über einzelne Mitglieder und interne Vorstandssitzungen äußert sich der CDU-Ortsverband Dischingen grundsätzlich nicht.“ Auch die Frage, wer überhaupt zum Vorstand der CDU Dischingen gehört, lässt er offen.

Schweigen kennt auch Bernd Hitzler: Eine offizielle Reaktion auf seinen Austritt hat er nicht erhalten. Er habe aber einige andere Parteimitglieder informiert, die, so stellt es Hitzler dar, großes Verständnis gezeigt hätten. Nach Hitzlers Kenntnisstand ist mittlerweile etwa ein halbes Dutzend Personen aus dem Ortsverband ausgetreten – angesichts einer Mitgliederzahl von gut zwei Dutzend eine signifikante Summe.

Das konservative Kernland der Region Heidenheim

Der Austritt, beziehungsweise Übertritt Hitzlers kommt durchaus einem Paukenschlag gleich. Das Härtsfeld gilt bis heute als das konservative Kernland der Region, das schwarze Herz des Landkreises. „Das war einmal ein stolzer Ortsverband“, sagt Hitzler. Der Mitgliederschwund ist freilich kein singuläres Ereignis der letzten paar Jahre, sondern hält offenbar seit langem an. Wie weit dies geht, zeigt sich beim Blick auf den Dischinger Gemeinderat: Acht Ratsmitglieder sitzen für die CDU-Gruppierung im kommunalen Gremium – und keiner von ihnen ist Mitglied des Ortsverbandes. Nur einer der acht ist überhaupt CDU-Mitglied.

Bernd Hitzler (li.), früherer Bürgermeister und Landtagsabgeordneter der CDU, applaudiert seinem Nach-Nachfolger Dirk Schabel (re.) nach dessen Wahl. Markus Brandhuber

Solche Umstände will Hitzler nicht überbewerten. „Das ist auch in anderen Gemeinden so“, sagt er. Man sei vor jeder Wahl froh, überhaupt interessierte Kandidaten zu bekommen. Ihn ärgert viel mehr, dass das aktuell gewählte Personal in Rat und Rathaus attackiert wird. Explizit nennt Hitzler den 2022 gewählten Bürgermeister Dirk Schabel, den er als „untadeligen Mann“ bezeichnet. Der Ortsverbandsvorsitzende, vor zweieinhalb Jahren selbst Bürgermeisterkandidat, karte die damals verlorene Wahl nach, befürchtet Hitzler. Plaznik hat im Januar in einer Stellungnahme im Namen des CDU-Ortsverbandes zum Bürgerbegehren gegen den geplanten Rathausneubau, die in dieser Zeitung erschien, davon gesprochen, die Gemeinde befinde sich „nicht im Sinkflug, sondern im freien Fall“.

Gab es eine Sitzung oder nicht?

Hitzler, Göttle, Wörrle und Bayer widersprechen Plazniks Darstellung, dass seine Stellungnahme den Inhalt einer Vorstandssitzung widerspiegle. „Zur Wahrheit gehört, dass eine solche Sitzung nie stattgefunden hat“, schreiben sie. Auf Rückfrage der HZ heißt es, zumindest seien mehrere amtierende Mitglieder des Vorstands nicht eingeladen worden. Außerdem heißt es in dem Schreiben, die Mehrheit der Dischinger CDU-Mitglieder distanziere sich „von den Äußerungen des Verfassers“, also von Plazniks Stellungnahme. Und weiter: „Die Vorwürfe, die gegen Bürgermeister Schabel und die Mehrheit des Gemeinderates erhoben werden, sind völlig unangebracht und respektlos“.

Plaznik indes blickt nach vorne: „Für den CDU-Ortsverband geht es jetzt darum, den Blick auf die Bundestagswahl zu richten, wie auch auf den anstehenden sehr wichtigen Bürgerentscheid in Dischingen zum Rathausneubau am 18. Mai.“

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