Biodiversität

46 Wildkräuterarten: Feld bei Dischingen hat die größte Biodiversität im ganzen Landkreis Heidenheim

Mit einer „Ackerkräutermeisterschaft“ möchte die Bio-Musterregion Heidenheim auf ein wichtiges Anliegen aufmerksam machen: Die Biodiversität auf den Ackerflächen im Landkreis Heidenheim.

Ein Feld in der Nähe von Hausen ob Lontal Ende Juni: Julika Stoll vom Fachbereich Landwirtschaft beim Landratsamt und Markus Ludwig, zuständig für Biodiversität bei der Unteren Naturschutzbehörde, packen ein Maßband und ein Klemmbrett aus und messen einen 100 Meter langen und einen Meter breiten Streifen ab. Danach wird begutachtet: Ludwig zählt, wie viele verschiedene Ackerwildkräuter hier wachsen.

Der Acker wird von Christoph Bosch vom „Biotal“ im Eselsburger Tal bewirtschaftet und er ist einer der teilnehmenden Landwirte an der „Ackerkräutermeisterschaft“, bei dem der artenreichste Acker im Landkreis Heidenheim gesucht wird. Bosch findet es bedauerlich, dass solche Pflanzen häufig nur als Unkräuter betrachtet und behandelt würden, diese Artenvielfalt führe schließlich zu einem gesunden Ökosystem. „Viele Tiere leben von Blühpflanzen. Und für die braucht man Ackerwildkräuter“.

Zahl der Wildkräuter geht zurück

Aufgerufen zu diesem Wettbewerb, organisiert durch die Bio-Musterregion Heidenheim und das Landratsamt Heidenheim, waren Landwirtinnen und Landwirte des Landkreises Heidenheim. Teilnehmen konnte man mit seinen Getreideäckern. Eines der Ziele der Bio-Musterregion ist es, „Biodiversität in der Landwirtschaft voranzubringen“, sagt Antonia Kotschi. Sie hat das Projekt „Ackerkräutermeisterschaft“ zusammen mit ihren Kolleginnen im letzten Jahr entwickelt.

Ganz bewusst wolle man mit diesem Wettbewerb nicht nur biologisch wirtschaftende Landwirte ansprechen, sondern auch konventionell arbeitende, erläutert Kotschi. „Das Anliegen des Projektes ist vielschichtig“, es gehe einerseits darum, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, wie es um die Artenvielfalt auf den Äckern des Landkreises bestellt ist, aber auch um Information. Denn diese Wildkräuter haben eine wichtige Funktion für die Biosphäre und ihr Wuchs steht häufig nicht in Konkurrenz zur angebauten Nutzpflanze.

Engagement für mehr Artenvielfalt auf dem Acker: Der Sieger, Richard Faußner (2.v.r.) sowie Monika Ruoff vom Biohof Schwäble und Armin Hochstatter (ganz rechts) bekamen aus den Händen von Landrat Peter Polta Präsentkörbe überreicht. René Rosin

Dass es diese Form der Information braucht, beweist die Tatsache, dass die Zahl der Ackerwildkräuter kontinuierlich zurückgeht. „Das liegt vor allem an der Ausbringung von Herbiziden und der starken Düngung“, erläutert Markus Ludwig. Die Landwirte hätten Angst, dass diese Wildkräuter den Ertrag verringern. „Und das sie später Probleme bei der Verwertung haben“, ergänzt Julika Stoll. Zwar wäre das bei einigen wenigen Arten durchaus der Fall, aber viele Ackerwildkräuter seien „konkurrenzschwach“, wie der Fachbegriff lautet.

Die Biodiversität würde aber auch dadurch verringert, dass ertragsschwache Äcker nicht mehr als Standort infrage kämen, weil sie in Grünland umgewandelt oder bebaut worden seien, sagt Markus Ludwig. Auf dem Acker von Christoph Bosch ist die Vielfalt jedenfalls nicht zu übersehen: Ludwig entdeckt beispielsweise bereits nach wenigen Minuten eine kleine unscheinbare blaue Blume, den Ackerfrauenspiegel, eine geschützte Art.

„Wir wollen mit dieser Ehrung auch zeigen, dass Artenschutz und Landwirtschaft Hand in Hand gehen können.“

Peter Polta, Landrat

Landrat Peter Polta konnte nun die Siegerinnen und Sieger der Ackerkräutermeisterschaft küren. Und zwar dort, wo der wildkräuterreichste Acker auch liegt: Am Fuße des Fliegenberges zwischen Dischingen und Katzenstein. „Wir wollen mit dieser Ehrung auch zeigen, dass Artenschutz und Landwirtschaft Hand in Hand gehen können“, so der Landrat. Zu den Ackerwildkräutern zähle man etwa 350 Arten, die bereits seit Tausenden von Jahren in den Anbaukulturen mitwüchsen. „Es ist schade, dass so etwas oft bekämpft wird“.

Der siegreiche Acker wird von Richard Faußner bewirtschaftet, einem Landwirt aus Frickingen. 46 Wildkräuter wurden auf seiner 1,2 Hektar großen Fläche gezählt. „Da habe ich in diesem Jahr Hafer angebaut, letztes Jahr war es Roggen, davor Wintergerste, wir wechseln durch“, sagt Faußner, der sich über die Ehrung sehr freut. Die Bewirtschaftung sei ein entscheidender Faktor für den Wuchs der Ackerkräuter, „nicht so intensiv, nur das Nötigste. Und kein Pflanzenschutz und keine Düngung! Und das machen wir jetzt schon seit 35 Jahren so auf diesem Acker.“

Leckereien als Sachpreis

Den zweiten Platz in der Ackerkräutermeisterschaft belegte Rainer Bihlmaier von BioBihlmaier aus Herbrechtingen, den dritten Rang teilten sich Monika Ruoff vom Biohof Schwäble aus Gerstetten und Armin Hochstatter aus Schweindorf Neresheim. Als Preis überreichte Landrat Peter Polta Geschenkkörbe mit Lebensmitteln aus der Region Heidenheim. Teilgenommen an der Meisterschaft hatten insgesamt acht Betriebe, die über die ganze Bio-Musterregion Heidenheim verstreut liegen.

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