Ohne einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan und in dem Zusammenhang auch eine Änderung des Flächennutzungsplans geht es nicht. Beides sind grundlegende Voraussetzungen für die Möglichkeit, eine Freiflächen-Photovoltaikanlage im Gebiet der Gemeinde Dischingen errichten zu können. Und um über die Eignung eines Standorts für eine solche PV-Anlage entscheiden zu können, hat der Gemeinderat im vergangenen November einen Kriterienkatalog beschlossen. Bei der jüngsten Sitzung im Demminger Dorfhaus fand dieser Katalog nun Anwendung für die Bauabsicht des Zweckverbands Landeswasserversorgung (LW): Der Zweckverband möchte auf seinen Grundstücken eine solche Anlage nahe des Egauwasserwerks zwischen Dischingen und Ballmertshofen bauen, um damit Strom für den Eigenbedarf des Werks zu erzeugen.
Zwei Hektar Wiesenfläche beim Egauwasserwerk
Die beiden seitens der LW vorgesehenen Flächen sind teils mit Wald umgebene Wiesen südlich des Werks und westlich der Egau. Der eine Bereich umfasst rund 8000 Quadratmeter, der östlich von diesem gelegene rund 12.000 Quadratmeter - zusammen somit etwa zwei Hektar. Tobias Wagner von der LW erläuterte, dass vorerst nur die östliche Fläche für eine Belegung mit PV-Modulen angedacht sei, es aber noch darauf ankomme, ob sie sich als groß genug erweist. Hintergrund ist hier auch die vom Ballmertshofener Ortschaftsrat im März 2022 geforderte Flächenreduzierung um ein Drittel. Wie Ingenieur Bernhard Täubert vom Steinheimer Planungsbüro Kolb schilderte, müsse noch geprüft werden, ob diese Verringerung durch die eingeplanten Wald- und Leitungsabstände bereits erreicht oder eine weitere leichte Reduzierung notwendig werde. Im ersten Schritt werde eine Leistung von maximal 800 Kilowatt Peak angestrebt, so Wagner. Diese Leistung entspricht dem 2022 im Gemeinderat genannten Strombezug für das Egauwasserwerk aus dem öffentlichen Netz.
Auf die einzelnen Beurteilungen gemäß des Dischinger Kriterienkatalogs ging in der jetzigen Sitzung Ingenieur Täubert ein. Er schilderte zunächst, dass die beiden Flächen als PV-Standorte nicht grundsätzlich auszuschließen seien. Es handele sich nicht um besonders gute Böden für die Landwirtschaft (Vorrangflur), die Flächen lägen nicht in Naturschutz- oder Überschwemmungsgebieten, nicht in Wasserschutzzone I oder II und seien auch keine Biotopbereiche. Da es sich laut Flurbilanz 2022 um Böden mittlerer Qualität (Vorbehaltsflur I) handelt, werde ein „weiches“ Kriterium zwar nicht erfüllt, doch sei die Zustimmung des Ortschaftsrats vor der Flurbilanz erfolgt. Eine Nähe zu Wohnbebauung bestehe nicht, eine Sichtbarkeitsanalyse im Hinblick auch auf Blendwirkung müsse noch erfolgen. Erfüllt seien die Kriterien, dass Grünflächen gegenüber Ackerflächen zu bevorzugen sind und eine Netzanbindung per Erdkabel erfolgen muss. Weitere Untersuchungen seien beim Bauleitverfahren zu berücksichtigen.
Diskussion um Stromeinspeisung und Vergütung
Eine kurze Diskussion gab es in der Sitzung in Bezug auf die Themen Einspeisung des Stroms und Vergütung für die Gemeinde. Wagner und Täubert legten dar, dass es keine Einspeisung ins öffentliche Stromnetz geben werde, da die LW den gesamten erzeugten Strom selbst verbrauchen werde. Gemeinderat Anton Scherer stellte einmal mehr klar, dass es auch um die „kommunale Wertschöpfung“ gehe: „Wir sollten uns nicht nur die vorgesehenen 0,2 Cent je Kilowattstunde zusichern lassen.“ Wenn erst alles beschlossen sei, wäre es zu spät. „Wir sollten nicht den gleichen Fehler machen wie beim Wasser. Die Belastungen haben wir im ländlichen Raum.“ Tobias Wagner erklärte für die LW, dass es sich um einen Zweckverband handele und keine Gewinne erwirtschaftet würden. Man könne sicher über die 0,2 Cent reden, aber große Centbeträge seien nicht möglich. Die LW sei genauso gewinnorientiert wie andere Unternehmen, entgegnete Scherer.
"Wenn wir da nicht zustimmen, können wir überhaupt keinen Freiflächen-PV-Anlagen mehr zustimmen", sagte Gemeinderat Silvio Mundinger. Er erkundigte sich auch, wie es bei der LW mit Windkraft weitergeht. "Wir sind weiter auf der Suche nach Standorten", antwortete ihm Wagner.
Bürgermeister Dirk Schabel betonte, dass die Gemeinde ja am fortschreitenden Verfahren beteiligt werde. In der anschließenden Abstimmung votierte das Gremium einstimmig für die Änderung des Flächennutzungsplans sowie die Aufstellung des Bebauungsplans "Freiflächen-PV-Anlage am Egauwasserwerk" mit dem Planungsziel, ein Sondergebiet mit Nutzungsbeschränkung auszuweisen.
Welche Kriterien noch untersucht werden sollen
Für den jetzt zu erstellenden Bebauungsplan "Freiflächen-PV-Anlage am Egauwasserwerk" sind im Rahmen des Bauleitverfahrens noch eine Reihe anderer Kriterien aus dem Katalog der Gemeinde zu berücksichtigen. Dazu gehören: die Pflege der Flächen zum Beispiel durch Schafbeweidung, keine Benachteiligung benachbarter landwirtschaftlicher Flächen, ein Gesamtversiegelungsgrad von unter fünf Prozent, Berücksichtigung von ausreichender Niederschlagsversickerung bei Installation der Module, ausreichend Platz der Aufständerung vom Boden bis zur Unterkante der Module (Richtwert 80 Zentimeter Abstand), natur- und artenschutzfördernde Umzäunung der Anlage, Grünstreifen mit naturnah gestaltetem Heckenbewuchs außerhalb der Einzäunung. Bei dem Dischingen besonders wichtigen Kriterium für derartige Anlagen, dass der Betriebssitz im Gemeindegebiet liegen muss, um etwaige Gewerbesteuereinnahmen sicherzustellen, steht noch eine Klärung aus, da derzeit keine Gründung einer Gesellschaft geplant ist.