Kinderbetreuung

Wie die Kneipp-Lehre im Frickinger Kita-Alltag gelebt wird

Die Natur kennen- und schätzen lernen und ein gesundheitsbewusstes Verhalten entwickeln – diese zentralen Ziele verfolgt der Gemeindekindergarten in Frickingen. Die Kita befindet sich seit Mai in einer Pilotphase, um als erste Betreuungseinrichtung im Landkreis Heidenheim die Zertifizierung zum Kneipp-Kindergarten zu erlangen. Wie es dazu kam und wie es läuft.

Nicht allzu viele Kinder sind es, die an diesem Nachmittag den Frickinger Kindergarten besuchen. Fünf Jungen und Mädchen tollen bei prächtigem Sonnenschein im großen Gartengelände der Kita herum, spielen im Sandkasten oder sind mit Fahrzeugen unterwegs. Als die beiden Erzieherinnen Nicole Tuschke und Silke Hurler sie zu Armbad und Knieguss einladen, sind die Kinder aber rasch und mit viel Interesse zur Stelle. Armbad und Knieguss? Das sind zwei der neuen Wasseranwendungen, die im Zuge der Weiterentwicklung des Kindergartens mit Naturprofil zum ersten Kneipp-Kindergarten im Kreis Heidenheim seit Mai in den Tagesablauf aufgenommen wurden.

Aus einer altersgemischten Regelgruppe für Jungen und Mädchen im Alter von zwei bis sechs Jahren besteht die von der Gemeinde Dischingen betriebene Betreuungseinrichtung. Mit 21 Kindern ist sie derzeit voll belegt. Neben Vollzeitkraft Nicole Tuschke, die den Kindergarten Frickingen seit 2021 leitet, sind hier drei weitere Erzieherinnen in Teilzeit tätig. Das hier seit drei Jahren gepflegte Naturprofil zeige sich unter anderem darin, dass die Kinder sich häufig im Freien aufhalten, viel über die Natur lernen und sie zu schätzen wissen, so die Leiterin.

Der Kneipp-Kindergarten soll das Naturprofil in Frickingen weiter stärken

„Sie erkennen die Arten der Blumen und Bäume“, erläutert Nicole Tuschke. Silke Hurler ergänzt: „Und ebenso die Vögel und andere Tiere, die sie hier im Garten sehen.“ Auch die hier wachsenden Kräuter seien den Kindern bekannt, da die Erzieherinnen sie im Kindergarten vorstellen. Eine ganzheitliche Wissensvermittlung, die alle Sinne anspricht, wird dabei praktiziert. Die Kitaleiterin: „Die Idee der jetzigen Weiterentwicklung geht darauf zurück, dass ein Kneipp-Kindergarten das Naturprofil noch mehr hervorhebt.“

Tuschke hatte schon 2010 die Fortbildung „Kneipp-Gesundheit für Kinder“ absolviert. Mit Hurler, die dies im April 2024 machte, war die vom Kneipp-Bund geforderte 50-Prozent-Quote entsprechend ausgebildeter Erzieherinnen für eine mögliche Zertifizierung des Kindergartens Frickingen erfüllt. Der Dischinger Gemeinderat hatte im Februar zugestimmt – auch vor dem Hintergrund, dass nur sehr geringe Kosten entstehen, lediglich 200 Euro für die Erstzertifizierung oder auch der Beitrag für die geforderte Mitgliedschaft der Härtsfeldgemeinde im Kneipp-Verein. So begann im Mai die 18-monatige Projektphase, in der die Gesundheitslehre nach Sebastian Kneipp in den Kita-Alltag integriert ist und an deren Ende das Zertifikat „Vom Kneipp-Bund anerkannte Kindertageseinrichtung“ stehen soll.

Auf einem Tisch im Eingangsbereich der Kita begegnen auch Besucher Kneipp-Produkten. Und die Kinder können sich mittels eines Bilderbuchs oder einer Kneipp-Handpuppe spielerisch mit seiner Gesundheitslehre befassen. Rudi Penk

Betritt man das Kindergartengebäude, so fällt gleich im Eingangsbereich ein Tisch auf, auf dem neben Kneipp-Produkten auch eine Sebastian-Kneipp-Handpuppe und ein Bilderbuch zu seinem Leben stehen. Spielerisch bringen die Erzieherinnen damit den Kindern Wissen über „den Sebastian“ und sein Gesundheitskonzept mit den fünf gesundheitsfördernden Elementen Bewegung, Heilpflanzen, Ernährung, Lebensordnung und Wasser nahe.

Kneipps fünf gesundheitsfördernde Elemente sind in den Tagesablauf der Kita integriert

Vieles, wie gesunde Ernährung etwa mit einem täglichen Obstteller, viel Bewegung auch mit Wanderungen oder einer Sportstunde, eine Lebensordnung zum Beispiel durch das Ritual des Morgenkreises oder Tee aus Heilkräutern, gebe es schon lange im Kindergarten, schildert Nicole Tuschke. Wirklich neu hinzukam in Frickingen im Mai das Element Wasser.

Aus jedem der fünf Kneippschen Elemente muss eines der verschiedenen Angebote im täglichen Ablauf praktiziert werden. Taulaufen, Luftbad, Armbad, Knieguss, Bürsten etwa der Arme, um die Durchblutung zu fördern, sowie Warm- und Kaltfußbad als Wasser-Angebote gehören im Wechsel zum Tagesprogramm. Das klassische Wassertreten ist noch nicht dabei, soll aber mit einem Besuch an der Kneippanlage eingeführt werden.

Mechanische und thermische Reize werden durch die Anwendungen im Körper ausgelöst. Immer sei für jedes Kind bei jedem der Angebote eine Erzieherin dabei, so Hurler: „Eine Kneipp-Anwendung ist auch gleichzeitig eine Zuwendung.“ Gemeinsam erläutern beide Erzieherinnen: „Wir wollen den Kindern mit auf den Weg geben, dass sie hoffentlich ihr ganzes Leben lang wissen, wie sie sich mit einfachen Mitteln gesund halten können.“

Begeisterung bei den Kindern im Frickinger Kindergarten

Das Echo auf die Kneipp-Angebote sei überaus positiv, sagt Tuschke. „Auch, weil die Kinder so toll mitmachen. Sie warten eigentlich schon darauf.“ Prompt stehen die Kinder auch wieder da und tauchen ihre Arme mit großem Eifer in die Wannen mit kaltem Wasser für ein Armbad. Im Anschluss streifen sie das Wasser einfach ab – „Der Kneippianer kennt kein Handtuch“, schildert Hurler – und fangen an, sich zu bewegen, um den Körper wieder zu erwärmen. Die Kindergartenleiterin erklärt: „Die Anwendung stärkt das Immunsystem.“ Derweil kümmert sich Silke Hurler bei den Kindern um den Knieguss, bei dem kaltes Wasser aus einem Schlauch von den Füßen aus den Unterschenkel hinauf bis zum Knie gelenkt wird. „Die Kinder sollen selbst spüren, was ihr Körper braucht“, so Tuschke.

Und was ist, wenn ein Kind mal nicht mitmachen will bei den Kneipp-Anwendungen im Frickinger Kindergarten? „Es wird kein Kind gezwungen, mitzumachen. Aber wir haben das Glück, dass alle davon begeistert sind“, freuen sich die beiden Erzieherinnen.

Nicole Tuschke und das „Kneipp-Gen“

Bei der Leiterin des Frickinger Kindergartens, Nicole Tuschke, ist eine Affinität zur Gesundheitslehre von Sebastian Kneipp nicht zu übersehen. Sie ist Kassiererin im Vorstand des Dischinger Kneipp-Vereins und ihr Großvater Max Rieger war Gründungsmitglied des Dischinger Kneipp-Vereins. Er habe einst auch die Idee für den Bau der Kneippanlage gehabt. Tuschke: „Da habe ich das Kneipp-Gen wohl geerbt.“

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