Am 11. Mai dieses Jahres wird Friedemann Weise eine besondere Ehre zuteil: in Mainz wird ihm der deutsche Kleinkunstpreis in der Sparte Kleinkunst, eine wichtige und prestigeträchtige Auszeichnung, verliehen. Friedemann Weise erblickte 1973 das Licht der Welt und ist als Musiker, Songwriter, Satiriker und Autor unterwegs. Neben Musikalben wie „Das Weise Album“ oder „Friede allein zu Haus“ ist er durch seine Auftritte in der TV-Satiresendung „Heute-Show“ mit Oliver Welke und diversen Radio-Beiträgen bekannt geworden. „Das bisschen Content“ ist nach „Der große Kleinkunstschwindel“, „Die Welt aus der Sicht von schräg hinten“ und „Bingo – drei Akkorde, die Wahrheit und andere Lügen“ sein viertes Bühnenprogramm, welches er den 100 Besuchern in der Arche vorstellte.
Content – was bitteschön ist das denn? Nun, Content wird vom mittellateinischen contentum abgeleitet und wurde, wie könnte es anders sein, final aus dem Englischen übernommen. Es ist insbesondere im Marketing ein inflationär gebrauchtes Wort, welches ein Synonym für Texte, Bilder, Audiodateien oder Grafiken darstellt. Der Einfachheit halber kann man Content auch altmodisch und vollkommen analog Inhalt nennen und genau davon bot der gebürtige Gummersbacher in den knapp zwei Stunden eine ganze Menge.
Friedemann trifft Friedemännchen
Das Wohnungsmarktproblem wurde mit einem Lied bedacht und ganz nebenbei offerierte Weise auch gleich seine ganz individuelle Lösung: Er lebt bei Ikea. Klingt plausibel, denn er zahlt weder Strom noch Gas oder Wasser und hat mehr Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung als jeder Millionär. Weise stellte fest, dass der Fachkräftemangel sich über sämtliche Berufsbilder erstreckt – vom Restaurantbesitzer über den Baumarkt bis hin zu den Ärzten. Selbst der Polit-Talk „Hart aber fair“ leidet darunter. Und der Song „Was isst ein Bäcker zum Frühstück?“ wurde von einem eigenwilligen, fast schon kultverdächtigen „Brotsolo“ begleitet.
Weise als Alleinunterhalter? Mitnichten. Neben seiner Gitarre tauchte in speziellen Situationen das Friedemännchen auf – ein menschlicher Gedankenleser, der seinem Friedemann immer wieder mehr oder minder gewinnbringende Ratschläge gab und ihn in Konversationen verwickelte. Friedemännchen befand sich in einer kleinen Box auf der Bühne und konnte durch seinen Emotion-Reader (gebastelt aus einem Kleiderbügel) die Gedanken der Zuhörer lesen. Wer sich also gerade eine mentale Auszeit gönnte oder sonstige weniger jugendfreie Ideen im Kopf hatte, den entlarvte und schnappte sich das Friedemännchen – ohne Vorwarnung.
Das Lied aus der Sicht von Gott, der die Menschheit erschuf und erst später erkennen musste, dass dies ein irreparabler Fehler war, brachte auch das vorlaute Friedemännchen an seine verbalen Grenzen. Plötzlich klingelte Gott höchstpersönlich bei ihm durch und drohte mit einer Klage über das Gesagte. Da hilft dann nur ein schneller Themenwechsel, etwa der Song von der Oma, die auf Rock’n’Roll steht und Friedemann Weise zu einer Spritztour auf ihrer Harley überredete. Dumm nur als sich herausstellte, dass die Oma Peter Maffay war. Irren ist nun mal männlich.
Der Nostalgie-Track „Chip im Kopf“ zeigt die Gedankenwelt unserer heutigen Jugend, wenn sie in knapp 30 Jahren auf ihre guten alten Zeiten zurückblicken wird. Und Titel wie „Versehentlich gelikt“ und „Die langsamste Pizzeria auf der ganzen Welt“ erinnerten in ihrer locker-flockigen Art an Mike Krüger und seine Hits aus den 80ern.
Nicoles Erfolgstitel „Ein bisschen Frieden“ interpretierte Weise in einer eigenwilligen Version, begleitet vom Friedemännchen an der Trommel. Dabei fasste er den Abend textlich wunderbar zusammen und brachte selbigen zu einem gelungenen Abschluss.
Geistreicher und tiefsinniger Humor
Der Humor von Friedemann Weise ist bissig, sarkastisch, tiefsinnig und bisweilen geistreich. Seine Darbietung ist geprägt von einem hohen Anteil an Musikstücken, die er mit der Gitarre untermalt. Diese verbindet er in teils atemberaubender Art und „Weise“ mit seinen von Gesellschaftskritik geprägten Geschichten. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und lockt sein Publikum aus der Reserve, indem er es zum Mitsingen animiert oder kurzerhand mit deftigen und gleichermaßen charmanten Aussagen abstraft. Das zeigte sich äußerst resistent, wie Weise selbst feststellte – immerhin waren nach der Pause noch alle Zuhörer da. Die fühlten sich spürbar gut unterhalten. Kein Wunder, bei so viel Content; das war definitiv mehr als nur ein bisschen.
Der Startschuss ins Kabarettjahr 2024 ist den Organisatoren der Arche bestens gelungen. Wer einen Blick auf deren Homepage wirft, wird feststellen, dass dies jedoch erst der Anfang war.