Kabarett

Wie in der Dischinger Arche geschwäbelt und gemerkelt wurde

Durch ihre Imitation der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde Marianne Schätzle bekannt. Sie kann aber mehr, zum Vergnügen auch des Dischinger Publikums:

Marianne Schätzle wurde durch ihre Imitation der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel deutschlandweit bekannt. Dabei half der Kollege Zufall durchaus ein bisschen mit: in einer Tageszeitung entdeckte ihr damals knapp eineinhalb Jahre alter Sohnemann ein Bild von Angela Merkel und quittierte dieses mit dem Ausruf „Mama“. Das sind die Situationen, in denen du als Elternteil erst mal nicht weißt, ob du lachen oder heulen sollst. Die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin machte daraus eine Tugend und wanderte fortan als Parodistin der Kanzlerin durch die Lande, war unter anderem im Bayerischen Fernsehen bei „Schwaben weissblau – hurra und helau“ zu sehen und in den beiden Filmen „Kartoffelsalat – Nicht fragen!“ und „Doppelleben“ vertreten. „Es isch wie’s isch“  nennt sich ihr aktuelles Bühnenprogramm, mit welchem sie Dischingen unsicher machte. Mit ihrem schwäbischen Slang, der bei einem Nachnamen wie Schätzle eigentlich fast schon Programm ist, hatte sie dabei beim Comedy-verwöhnten Dischinger Publikum gleich mal einen ordentlichen Stein im Brett. Und dass sie zudem allerhand zu erzählen hatte, wurde den mehr als 100 Besuchern relativ schnell klar.

Eigene Kindheitserfahrungen im Lied Gummitwist verarbeitet

Die Kindheit von Marianne Schätzle war von Ungezwungenheit geprägt – das Leben spielte sich draußen ab und alles war irgendwie einfacher. Sie verarbeitete ihre Erfahrungen im Lied „Gummitwist“ und stellte fest, dass man auch ohne das neueste Smartphone oder die angesagtesten Turnschuhe en vogue war und beim guten alten Völkerball zum Kreis der hippen Schüler avancieren konnte. Das Älterwerden ist natürlich eine ganz andere Hausnummer und veranlasste die Kabarettistin dazu, detailliert auf etwaige Nebenwirkungen einzugehen. Ein „Ganzkörperinventur“ zeigte, dass Arme, Beine und Po sich über die Jahre hinweg verändert haben, ihr Body aber im Großen und Ganzen noch ziemlich „in shape“ ist. Zeit also, die Karriere nach der Karriere zu planen und in den Vereinigten Staaten ganz groß durchzustarten. Wohlgemerkt nicht als First Lady, sondern als erste US-Präsidentin der Geschichte. An Selbstbewusstsein mangelt es obschon solcher Aussagen definitiv nicht.

Weiter ging es mit den Problemzonen des eigenen Körpers. Schätzle beklagte, dass sie trotz intensivsten Verzehrs von Pfirsichen Orangenhaut bekam und erhielt von ihrem Schönheitschirurgen die überaus charmante Aussage, dass man aus einem alten Gaul kein Rennpferd machen kann. Freunde wurden die beiden dem Vernehmen nach nicht mehr, zumal der plastische Chirurg für das Projekt „Runderneuerung Schätzle“ knapp 10.000 Euro wollte. Da kam der Modedesigner Harald Glööckler ins Spiel, dessen Gesicht sie an einen aufgepumpten Fahrradreifen erinnerte – ein weiterer Grund, den geplanten Körperumbau vollends ad acta zu legen.

Originalgetreu die ehemalige Bundeskanzlerin karikiert

Die ersten zehn Minuten nach der Pause schenkte sie der Figur, die sie berühmt gemacht hat. Ziemlich originalgetreu parodierte sie unter großem Beifall des Publikums die einstige Spitzenpolitikerin. Und man muss schon zugeben: Der Nachwuchs von Marianne Schätzle hatte damals alles andere als unrecht. Natürlich wurde es dann auch politisch und so stellte Angela Merkel fest, dass die Grünen gegenwärtig mehr Kröten schlucken müssen, als sie jemals über die Straße getragen haben. Dass Merkel auch heute noch für zahlreiche Missstände verantwortlich gemacht wird, ist ihr ein großer Dorn im Auge – selbst für die Körpergröße und die Frisur ihres Kanzlernachfolgers Olaf Scholz wurde sie bereits angeprangert.

Zum Schluss debattierte Schätzle über die letzte ganz große Männerdomäne: genau, das Grillen. Sie zeichnete das Bild des Fleisch-Machos und erläuterte den Abstieg männlicher Kochkunst vom Grillmeister zum Praktikant am Grill. Wenig überraschend, dass die Diskussion in veganer Esskunst mündete und letztlich beim Zucchini-Carpaccio enden sollte.

Eine ganz besondere Fähigkeit, die jeden Comedian ausmacht, ist es, den gegenwärtigen Zeitgeist und Entwicklungen in unserer Gesellschaft genauestens zu beobachten, zu reflektieren und mit viel Kreativität in Szene zu setzen. Auch Marianne Schätzle besitzt diese Gabe und schaffte es, dem Publikum zahlreiche gelungene Pointen zu servieren. Zwei Stunden unterhielt sie ihre Gäste in einer erfrischenden Art und ließ mit ihrem Ideenreichtum kaum eine Sekunde der Langeweile aufkommen.

window.cleverpushEmailConfig = { channelId: 'j9tYYWsZJ3TsW2Pk4' };