Entscheidung des Verwaltungsgerichts

60 Jahre alter Bebauungsplan Lerchenstraße in Gerstetten wurde für nichtig erklärt

Dass sich das Verwaltungsgericht Stuttgart mit einem Gerstetter Bebauungsplan aus den 60ern beschäftigt, kommt nicht alle Tage vor. Was dahinter steckt und was die Entscheidung des Gerichts für die Bewohner des Gebiets Lerchenstraße bedeutet.

60 Jahre alter Bebauungsplan Lerchenstraße in Gerstetten wurde für nichtig erklärt

Ein Bebauungsplan, der nach rund 60 Jahren für unwirksam erklärt wird? So geschehen ist das jetzt mit dem Gebiet Lerchenstraße in Gerstettens Südosten. Nachdem ein Anwohner Klage eingereicht hatte, hat das Verwaltungsgericht Stuttgart am 14. September entschieden: Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz. Anders formuliert: Die Bekanntgabe der Gemeinderatssitzung, in der damals in den 60ern der Bebauungsplan beschlossen wurde, war aus Sicht des Gerichts fehlerhaft. So sei die Öffentlichkeit, sprich die Gerstetter Bevölkerung, nicht rechtzeitig, sondern erst am Tag der Sitzung per Albbote darüber informiert worden, dass die Sitzung stattfindet, erläuterte Bauverwaltungsamtsleiter Hannes Bewersdorff dem Gemeinderat in dessen jüngster Sitzung.

Gerstetter Bebauungsplan Lerchenstraße ungültig – was gilt nun?

Was bedeutet das nun? Statt der im Bebauungsplan Lerchenstraße festgesetzten Regeln für die Bebauung gilt nun Paragraf 34 des Baugesetzbuchs – quasi so, als hätte es nie einen Bebauungsplan gegeben. Das damals beschlossene Pflanzgebot ist damit ebenso Geschichte wie die Ausweisung des Gebiets zum reinen Wohngebiet. Paragraf 34 entsprechend, hängt die Genehmigung eines Bauantrags nun unter anderem davon ab, ob sich das Vorhaben "in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt". Wolle man auf den bisherigen Regeln bestehen, müsse das Gebiet noch einmal überplant werden, erklärte Hannes Bewersdorff. "Das wäre aber unverhältnismäßig."

Ernsthaft über eine Neuauflage des Bebauungsplans nachgedacht hatte im Gemeinderat und in der Verwaltung ohnehin niemand. An sich, so Bürgermeister Roland Polaschek, sei es zwar ein Witz, dass der Plan jetzt für nichtig erklärt werde. Aber: Man beklage sich nicht, immerhin ermögliche die Aufhebung des Plans den Anwohnern nun den zweigeschossigen Ausbau ihrer Häuser. Gemeinderat Werner Häcker (FWV) freute sich über die dadurch mögliche Nachverdichtung im Ortsgebiet.

Tatsächlich hatte der Gemeinderat in derselben Sitzung eine entsprechende Bauvoranfrage auf dem Tisch liegen. Anwohner des Drosselwegs wollen ihr Dachgeschoss erweitern, sodass über eine Änderung der Dachneigung künftig zwei Vollgeschosse bewohnbar sind. Der Gemeinderat erteilte dem Baugesuch das Einvernehmen.

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