Kinderbetreuung

Die Diskussion über flexible Betreuungszeiten in Gerstetten geht weiter

Im November hatte der Gerstetter Gemeinderat beschlossen, das Angebot der flexiblen Betreuungszeiten in einigen Kindergärten im Hauptort und den Teilorten einzustellen. Was folgte, war ein Aufschrei unter den Eltern. Nun steht der Beschluss wieder auf dem Prüfstand.

Dass sich die Gemeinde Gerstetten nochmal mit dem Thema flexible Betreuungszeiten beschäftigen wird müssen, war spätestens nach der Bürgerfragestunde Mitte Januar klar: Damals machten anwesende Eltern ihrem Ärger Luft. Gemeinde wie Gemeinderäte versicherten, sich der Thematik nochmals anzunehmen, nachdem im November beschlossen worden war, das flexible Wahlmodell in der Gemeinde Gerstetten wieder abzuschaffen. Nun zeichnet sich ein möglicher Kompromiss ab, der die Eltern besänftigen soll. Fragen und Antworten dazu:

Wie könnte ein Kompromiss aussehen?

Laut Claudia Matzkovits, die bei der Gemeindeverwaltung für die Kinderbetreuungseinrichtungen zuständig ist, könnte der ursprüngliche Beschluss vom November zurückgenommen werden: Eine flexible Wahl und Kombination der Betreuungszeiten wäre dann wieder in den Einrichtungen vorgesehen, in denen das bislang auch möglich war. Für zwei Einschränkungen würde die Gemeinde dabei plädieren: Es soll nur noch eine Kombination von zwei Betreuungsformen möglich sein, beispielsweise verlängerte Öffnungszeiten und Regelgruppe. Und: Eine neue Wahl der Betreuungszeiten soll nur noch alle sechs Monate und nicht wie bisher alle drei Monate möglich sein.

Gilt ein solcher Beschluss nur für die kommunalen Kindergärten oder auch für die in kirchlicher Trägerschaft?

Das war eine Nachfrage von Gemeinderat Simon Illenberger. Laut Claudia Matzkovits gelten die Beschlüsse des Gemeinderats zunächst nur für diejenigen Einrichtungen, die auch in kommunaler Trägerschaft sind. Allerdings: „Alle Träger haben sich bislang immer untereinander verständigt und wir werden auch in diesem Fall den Weg gemeinsam gehen.“ Dem stimmte auch Sandra Hofmann zu, die für alle Kindertagesstätten im Landkreis zuständig ist, die sich in evangelischer Trägerschaft befinden. Sie war extra zur Gemeinderatssitzung am Dienstag nach Gerstetten gekommen.

Welche Argumente brachten die Gemeinderäte für und gegen die flexiblen Betreuungsformen hervor?

Bei der ursprünglichen Abstimmung im November war eine deutliche Mehrheit für die Abschaffung der flexiblen Betreuungszeiten. Mittlerweile sieht das Meinungsbild im Gemeinderat nicht mehr so eindeutig aus. Paul Großhans (Freie Wählervereinigung) sprach sich schon einmal vorsorglich für die Rücknahme des Beschlusses vom November aus.

Georg Jäger (KWG/SPD) erinnerte daran, dass Roland Polaschek als Bürgermeister – am Dienstag war dieser krankheitsbedingt abwesend – stets betont habe, dass man bei den Kleinsten nicht sparen werde. „Da möchte ich ihm gerne beipflichten.“ Dennoch bemängelte auch er fehlende Informationen und Unterlagen seitens der Verwaltung: „Natürlich habe ich mich auch selbst informiert und schlau gemacht. Das reicht mir aber nicht, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können.“

Franz Kraus (Freie Wählervereinigung) stellte klar, dass Gerstetten bislang ein sehr attraktives und flexibles Betreuungsangebot bieten konnte und dass man dabei auch deutlich über das gegangen sei, was rechtlich vorgesehen ist. „Ich möchte aber auch daran erinnern, dass die Begründung für den Beschluss im November nicht nur eine Entlastung des Personals war, sondern auch das Wohl der Kinder.“

Auf lange Sicht wird das Personal automatisch entlastet, weil die Kinderzahlen ja sinken.

Thomas Häcker, Freie Wählervereinigung

Thomas Häcker (Freie Wählervereinigung) wollte dieses Argument nicht gelten lassen: „Ich bin selbst Vater und glaube einfach nicht, dass das Wohl der Kinder gefährdet ist, wenn die Betreuungszeiten wechseln.“ Aus seiner Sicht müsse das Personal in den Einrichtungen gehalten werden. Fachkräftemangel gebe es überall, man müsse nur möglichst attraktiv für Arbeitnehmer sein. „Auf lange Sicht wird das Personal automatisch entlastet, weil die Kinderzahlen ja sinken“, so seine Rechnung. Häcker plädierte dafür, die flexiblen Wahlmöglichkeiten zu belassen. „Es muss dann nur mehr kosten, wenn es jemand übertreibt.“ Auch die Frage, ob man tatsächlich so viele unterschiedliche Betreuungsformen brauche, warf er auf.

Gibt es Absprachen mit den Eltern und Elternvertretern?

Laut Claudia Matzkovits und Sandra Hofmann hat es in den vergangenen Wochen zumindest Gespräche mit Eltern und Elternvertretern gegeben. Hofmann sagt, man sei dabei „im Guten auseinandergegangen“. Dass nun „Friede, Freude, Eierkuchen“ herrsche, davon könne allerdings keine Rede sein. Zumindest aber habe man in persönlichen Gesprächen die angespannte Personalsituation in den Einrichtungen darstellen und erklären können. Claudia Matzkovits verdeutlichte auch gegenüber dem Gemeinderat noch einmal: „Unser Personal in den Kindergärten arbeitet schon lange nicht mehr im Normalbetrieb, weil ständig Personal fehlt.“

Wie handhaben andere Gemeinden die flexible Wahl der Betreuungsangebote?

Nicht so wie Gerstetten: Eine Nachfrage im benachbarten Steinheim beispielsweise ergibt, dass eine Möglichkeit der freien Wahl der Betreuungszeiten alle drei Monate nahezu undenkbar wäre: Personell sei das nicht umsetzbar, sagt Aileen Stolz, die bei der Gemeinde für die Kinderbetreuungseinrichtungen zuständig ist. Eltern hätten natürlich Wahlmöglichkeiten. Was gewählt wurde, gilt aber für das Kindergartenjahr und kann nicht alle drei oder sechs Monate geändert werden. Auch eine Kombination mehrerer Betreuungsformen sei nicht möglich. Auch Steinheim leistet sich ein sehr vielfältiges Angebot in der Kinderbetreuung und auch hier gab es in der Vergangenheit Diskussionen darüber, wie lange man sich ein solches noch finanziell und vor allem personell leisten könne. Ähnlich eindeutig fällt eine Nachfrage in Königsbronn aus: „Ein Modell wie in Gerstetten wäre bei uns überhaupt nicht umsetzbar“, sagt Hauptamtsleiterin Viviane Seidel.

Und das Mittagessen?

Bei der Sitzung im November beschloss der Gemeinderat auch mehrheitlich die Einstellung des Angebotes der Zubuchung eines Mittagessens für Kinder in der Betreuungsform „verlängerte Öffnungszeiten“ im Haus Pfiffikus in Gerstetten sowie im Kindergarten Heldenfingen.

Auch dieser Beschluss steht derzeit auf dem Prüfstand. Die Gemeinde erbittet sich aber noch etwas mehr Zeit, um mit einem erneuten Vorschlag auf den Gemeinderat zuzukommen.

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