Neues Album „Seagull“

Wie die Gitarristin Jule Malischke die Möwe fliegen lässt

Mit ihrem Album „Seagull“ präsentiert die Gitarristin und Singer/Songwriterin erstmals auch ihr eigenes Label

„Seagull“ heißt die neueste CD von Jule Malischke, die kürzlich erschienen ist. Die Möwe also, wie der Titel übersetzt heißt, sie und das Thema Flug haben gleich mehrfach Bedeutung in diesem neuesten Werk der Gitarristin und Singer-Songwriterin.

Zum einen beschreibt das Thema Flug den Genuss beim Hören des Albums ganz gut. Denn Jule Malischke nimmt ihre Hörer mit ihren gesungenen Geschichten mit auf Reise, die tatsächlich beflügelnd wirkt. Lieder, die Raum und Weite geben, und die dazu einladen, sich ganz von ihnen davontragen zu lassen. Und wenn sich das Album auch unter dieser Beschreibung zusammenfassen lässt, so steht es doch für die Vielfalt, für die Jule Malischke bekannt ist. Ihr brillantes Gitarrenspiel, ihre unverwechselbare Stimme zeigen sich hier von den unterschiedlichsten Seiten. Der luftig-leichte Titelsong „Seagull“ beispielsweise umgibt mit dem sanften Gitarrenspiel und den Vokalisen den Hörer wie eine Sommerbrise, während es bei „Free your mind“ rhythmisch zur Sache geht und „Noah“ mit seinem markanten Schlagzeug faszinierende Spannung erzeugt. „Goodbye Illusion“ legt ordentlich Tempo vor, während in „Soulmate“ und „He waited“ zauberhafte Liebeserklärungen stecken, die so fein gewebt sind, dass sie gar nicht anders können als das Herz berühren.

„Bleib Dir treu“

Und alle Songs verbindet vor allem eines: Sie bieten allesamt hundert Prozent Jule Malischke pur. Komposition, Text, Gitarrenspiel, ihre Stimme beim Gesang und als zweites Instrument in den Vokalisen, in allem und hinter allem steckt Jule Malischke selbst. Und es hat auch etwas länger gedauert, bis sie selbst hundertprozentig mit jedem Takt und jeder Silbe zufrieden war. Sie könnte es sich einfacher machen: „Natürlich könnte ich auch Coversongs spielen“, so Jule Malischke, „es ist ja der härtere Weg, eigene Musik herauszubringen“. Sie aber wollte kein Catwalk-Gewitter, nicht den Versuch, jemand anderer zu sein, sondern sich treu zu bleiben. „Wenn die Leute sagen, die Musik nehme ich Dir ab, dann ist das das Größte für mich“, so beschreibt es Jule Malischke. Und sie fühlte sich darin bestärkt, als Don Ross, einer der bekanntesten Gitarristen der Szene und ihr Partner beispielsweise beim Giengener Gitarrenfestival, zu ihr sagte: „Bleib Dir treu. Es gibt schon genug schlechte Musik da draußen“.

So ist die Entstehungsgeschichte der Musik für das Album geprägt von ihrem „Vertrauen auf das Jule-Sein“. Das gilt im Übrigen auch für das Album selbst: Dafür hat sie nun ihr eigenes Label gegründet, auch das der kompliziertere Weg als sich einem fremden Label anzuvertrauen. Denn so hatte sie sich um alle Einzelheiten der Produktion selbst zu kümmern. Von der Aufmachung über Layout bis zu Fotos und Videos, in allen diesen Details steckt nun zwar jede Menge Arbeit, aber auch voll und ganz Jule-Spirit. Und das merkt man dem Album auch an: Es ist eine runde Sache, stimmig und seine Künstlerin in jedem Aspekt repräsentierend.

Ehrlich, authentisch und fernab vom Mainstream

Der Flug der Möwe steht damit auch für eine gewisse Art Abflug der Künstlerin selbst: der Abflug in die völlige Selbstbestimmtheit in Sachen Musik, ein herausfordernder Prozess, aber eben am Ende auch ein beglückender: „Am Ende sehnen wir uns doch alle nach Ehrlichkeit“, ist Jule Malischkes Überzeugung, und „Ich bin ja kein Dienstleister auf der Showbühne“. Die Entscheidung, ehrlich und authentisch zu sein statt dem Mainstream zu folgen, und dafür alle Konsequenzen auf sich zu nehmen, hat sie also trotz allem persönlichen Einsatz, den das von ihr forderte, nicht bereut. Und das Ergebnis zeigt: Der Abflug ist gelungen.

Ein weiterer Abflug steht ihr noch bevor: In diesem Fall ist das ganz wörtlich zu nehmen, denn im August geht nach Kanada. In Edmonton wird sie beim größten Folkfestival zu Gast sein, ihr erster Auftritt für rund 10.000 Menschen. Wer steckt dahinter? Don Ross natürlich, der seinerzeit Kontakt mit ihr aufgenommen hatte, weil ihn die Künste Jule Malischkes via Video so begeistert hatten. Deshalb kam er auch zum Gitarrenfestival nach Giengen, und nun steht der Gegenbesuch an. Weitere Konzerte stehen auf dem Programm, in Kanada, in Großbritannien, in Österreich und der Schweiz und natürlich wird sie auch in Deutschland unterwegs sein. Und dafür war ein weiterer Schritt notwendig: An der Carl-Maria-von-Weber-Hochschule in Dresden, wo sie seit neun Jahren als Dozentin tätig ist, wird sie ein Sabbatical einlegen, um das nächste Jahr ganz als Musikerin zu verbringen. Die Möwe ist losgeflogen.

Noch etwas verbirgt sich hinter dem Titel des Albums: Gitarren der Marke „Seagull“ hatte einst Jule Malischkes erster Gitarrenlehrer gespielt. Der Titel ist also auch eine Reminiszenz an Willy Geyer – eine schöne Geste, die zeigt, dass nicht vergessen wurde, was alles zum Abflug geführt hat.

Mit Don Ross in Steinheim

Bevor es nach Kanada geht, wird Jule Malischke noch an ihrem Heimatort Steinheim auftreten. Am Sonntag, 14. Juli, wird sie ein Konzert in der Peterskirche in Steinheim geben. Das Besondere dabei: Auch Don Ross wird bei diesem Konzert dabei sein – eine Tatsache, die Jule Malischke besonders freut: „Das muss man sich mal vorstellen: Don Ross ist auf internationalen Bühnen zu Hause, und hat spontan zugesagt, mich an meinen Heimatort zu begleiten und dort mit mir aufzutreten.“ Die Steinheimer wird es freuen – und auch all diejenigen, die das Zusammenspiel der beiden bereits beim Gitarrenfestival Giengen begeistert hat.

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