Nach langen Jahren des Wartens sind die Erschließungsarbeiten im Heldenfinger Baugebiet „Vordere Gasse“ abgeschlossen. Weiter geht es mit dem Verkauf der Bauplätze auf der Fläche zwischen Max-Eyth-Straße, Vordere Gasse und Baumstraße. Wie genau das Prozedere ablaufen soll, hat der Gemeinderat jetzt beschlossen: In einer ersten Vergaberunde sollen noch diesen Winter Besitzer für drei der insgesamt acht Grundstücke gefunden werden. Welche drei Grundstücke das sind, ist dabei nicht festgelegt. Wer zum Zug kommt, kann unter allen Bauplätzen auswählen.
Bewerbungen sind vom 18. Januar bis zum Faschingsdienstag über die Plattform Baupilot möglich. Die Vergabe der Bauplätze soll dann in einer Gemeinderatssitzung im März folgen. Für die nach der ersten Runde noch zur Verfügung stehenden Bauplätze ist eine weitere Vergaberunde geplant. Einen Termin gibt es hier noch nicht. Wie Hauptamtsleiter Markus Röhrer in der letzten Sitzung des Gemeinderats vor Weihnachten mitgeteilt hat, könnte die zweite Runde – das Interesse von Bewerbern vorausgesetzt – aber unmittelbar nach Abschluss der ersten Runde folgen.
Wer kommt zum Zug? Bewerber werden bepunktet
Zur Anwendung kommen sollen beim Verkauf der Grundstücke die in der Gemeinde üblichen Vergaberichtlinien. Dabei wird mithilfe eines Punktesystems eine Rangfolge der Bewerber festgelegt und letztlich entschieden, wer zuerst zum Kauf eines der Grundstücke berechtigt sein soll. Positiv bewertet wird beispielsweise die ehrenamtliche Tätigkeit in örtlichen Vereinen, im Haushalt lebende Kinder, eine Arbeitsstelle vor Ort oder ob man in der Gemeinde Gerstetten lebt bzw. früher dort gelebt hat.
Als negativ gilt, wenn der Bewerber bereits eine Wohnung, ein Haus oder einen Bauplatz besitzt. Lediglich die Verpflichtung zum Verkauf der Immobilie oder des Baulands innerhalb der nächsten vier Jahre verhindert diesen Punktabzug. Im Vergleich zu früheren Vergaben in anderen Gerstetter Baugebieten droht ein Abzug von Punkten aber nur dann, wenn die Immobilie im Gemeindegebiet liegt. Häuser, Wohnungen oder Bauland außerhalb von Gerstetten fallen nicht ins Gewicht. Grund für diese Änderung sind veränderte rechtliche Rahmenbedingungen.
Kritik an Vergabe: Kommt in Gerstetten die Rolle rückwärts?
Gemeinderat Werner Häcker (FWV) kritisierte die Vergaberichtlinien auch vor dem Hintergrund dieser Änderung als ungerecht. Bürgermeister Roland Polaschek brachte den Gedanken ins Spiel, aus Gründen der Praktikabilität in Zukunft wieder einfachere Regeln für den Verkauf von Bauplätzen einzuführen. Zunächst soll darüber im Ältestenrat, später auch im Gemeinderat diskutiert werden. Diese Rolle rückwärts wiederum kritisierte Gemeinderat Sebastian Jäger (Grüne/Unabhängige). Man habe sich sehr lange mit der Ausgestaltung der Vergaberichtlinien beschäftigt. „Es ist so gerecht, wie’s nur geht. Ich halte es für ein ziemlich faires System.“ Hans Mailänder (KWG) pflichtete ihm bei: „Ich finde die Matrix voll in Ordnung.“
Die Frage, warum in der ersten Vergaberunde nur drei Bauplätze zum Verkauf angeboten werden, brachte Simon Illenberger (Grüne/Unabhängige) an. Wie Hauptamtsleiter Röhrer erläuterte, geht dieser Umstand unter anderem auf eine Entscheidung des Heldenfinger Ortschaftsrats zurück. Hintergrund ist der Wunsch, dass Bewerber mit einer hohen Punktezahl, sprich Familien und Personen mit Ortsbezug, zum Zug kommen sollen und nicht gleich alle Grundstücke aus Mangel an Bewerbern an „irgendjemanden“ verkauft werden.
Sorge vor mangelndem Interesse an den Bauplätzen
Bereits in seiner Haushaltsrede im November hatte Gerstettens Bürgermeister Roland Polaschek wegen der derzeitigen Zins- und Kostenlage Bedenken angesichts des Kaufinteresses an den Grundstücken in Heldenfingen durchblicken lassen. In der jetzigen Sitzung bedauerte er erneut: „Wir werden gerade nicht von Nachfragen erschlagen.“
Wäre alles nach Plan der Gemeinde verlaufen, hätte das ganz anders aussehen können. Denn eigentlich hätten die innerörtlichen Bauplätze schon viel früher verkaufsfertig sein sollen. „Bauwillige sollen bald in Heldenfingen auf ihre Kosten kommen“, hieß es etwa im Juni 2020 in einem Bericht der Heidenheimer Zeitung. Dass das Wörtchen „bald“ einen Zeitraum von mehreren Jahren bedeuten könnte, hatte der Autor des Textes damals sicher nicht im Sinn. Schließlich war zu diesem Zeitpunkt der Bebauungsplan für die „Vordere Gasse“ gerade fertig geworden.
Archäologische Grabungen sorgten für Verzögerungen
Seither haben vor allem archäologische Grabungen die Weiterentwicklung des Baugebiets verzögert. Nachdem bei Sondagegrabungen Pfostenlöcher, Keramik und Schlackenreste – früh- und hochmittelalterliche Siedlungsreste – gefunden worden waren, bestand das Landesdenkmalamt auf weiteren Untersuchungen. Verantwortlich für die Auftragsvergabe und die Finanzierung: die Gemeinde Gerstetten.
Einen Protest des Gemeinderats in Anbetracht der Bedeutung der zu erwartenden Funde in Relation zu den Kosten ließ das Denkmalamt allerdings nicht gelten. Auch der zwischenzeitliche Stopp der damaligen Ausschreibung zeigte keine Wirkung. Letztlich wurde also erneut ausgeschrieben und schließlich auch gegraben.
So viel sollen die Bauplätze kosten
Die Grundstücke in der „Vorderen Gasse“ sind zwischen 527 und 883 Quadratmeter groß. Der Quadratmeterpreis liegt bei 165 Euro, insgesamt kosten die Grundstücke demnach zwischen 86.955 und 145.695 Euro.